Wuensch dich ins Wunder-Weihnachtsland
Nikolaus schon den Weg zu ihm weisen.
Martin kroch zurück in die warmen Federn und schloss beruhigt die Augen. In dem Moment, als er wieder in seine Träume versank, schlich eine dunkle Gestalt durch die stillen Gassen. Sie huschte verborgen unter einem schwarzen Umhang und mit rußgeschwärztem Gesicht von Fenster zu Fenster. Es war Ruprecht, ein Landstreicher, der im Schatten der Dunkelheit alle Plätzchen, die die Kinder für den Nikolaus auf die Fensterbank gelegt hatten, wegnahm, und sie gierig in den Mund stopfte. Anschließend eilte er mit einem hinterhältigen Grinsen in die nächste Gasse. Heute wollte er sich mal so richtig satt essen und diese Nacht war eine günstige Gelegenheit. Da er wusste, dass der Weihnachtsmann nur Kindern etwas brachte und er nichts bekommen würde, plante er, dem Nikolaus den Sack mit den Geschenken zu stehlen.
Ruprecht hatte sich den Reiseweg, den der Weihnachtsmann mit den Rentieren im vorigen Jahr genommen hatte, gut gemerkt. Er schaute auf die Turmuhr. Die Uhr sagte ihm, dass er nicht länger warten brauchte, und so machte er sich auf den Weg. Er schlich leise wie eine Katze aus dem Ort und lief durch den verschneiten Wald zu den drei Eichen. Hier wollte er dem Nikolaus mit seinem Gespann auflauern. Bei den drei Eichen spähte er im Schutz der Bäume nach rechts und links, zog einen Draht aus dem Umhang und spannte ihn über den Weg. Danach verwischte er mit etwas Gestrüpp alle Spuren und versteckte sich hinter den Büschen.
Es dauerte nicht lange, da hörte er herannahendes Glöckchengeläut. Der Nikolaus war ihm Anmarsch! Die Kommandorufe „ho, ho, hoo“ waren weithin zu hören. Ruprecht grinste, sog tief die Luft ein und machte sich startklar. Eine Minute später preschten die Rentiere heran. Ihre Beine verfingen sich im Draht. Sie strauchelten, verloren den Halt unter ihren Füssen und stürzten. Der Schlitten kippte um und schleuderte den Nikolaus aus den Wagen. Der Weihnachtsmann drehte einen Salto, verfehlte knapp die Eiche und landete kopfüber in einer Schneewehe. Sein Körper bohrte sich tief in den Schnee, sodass nur noch seine schwarzen Stiefel zu sehen waren.
Ruprecht sprang aus der Deckung, zerrte den Sack vom Schlitten, verschwand mit ihm im Schatten der Nacht und eilte zurück ins Dorf.
Als er an Martins Fenster vorbeikam, legte der Junge gerade neue Plätzchen auf die Fensterbank. Martin wusste nicht, was er denken sollte: Die Plätzchen waren weg und vom Nikolaus war immer noch nichts zu sehen. Alle Straßen waren verlassen und leer; wäre der Nikolaus im Ort, müsste man auf den schneebedeckten Wegen, eine Fußoder Schlittenspur sehen. Während Martin noch überlegte, wo der Nikolaus blieb, schlich Ruprecht im Lichtkegel der Laterne mit dem Sack vorbei. Der Junge stutzte. Wer war das? Er kannte jeden, der in diesem Ort wohnte, aber so einen schwarzen Kerl, hatte er hier noch nie gesehen. Eine innere Stimme verriet Martin, dass mit dem Schwarzen etwas nicht in Ordnung war. Ohne zu überlegen, rief er schneidend: „Halt! Stehen bleiben!“
Ruprecht erschrak. Er duckte sich, drehte um, hastete durch dunkle Seitengassen aus dem Ort und flitzte über eine Wiese davon. In der Eile übersah er den verschneiten Stacheldraht am Wiesenrand und rannte hinein. Die Stacheln bohrten sich sofort in seine Unterarme. Es schmerzte höllisch. Vorsichtig versuchte er, den Draht aus seiner Haut zu ziehen. Ohne Erfolg. Sobald er seine Hände bewegte, bohrten sich die Stacheln tiefer in sein Fleisch. Er wagte sich nicht mehr zu bewegen und rief um Hilfe. Niemand hörte ihn.
Die Zeit verstrich. Mittlerweile waren seine Arme und Beine steif gefroren. Ihm wurde angst und bange. Wenn ihn niemand befreite, war er seinem Schicksal hilflos ausgeliefert. Plötzlich wurde ihm bewusst, dass es dem Nikolaus genau so erging und er ebenfalls hilflos im Schnee steckte. Er bekam ein schlechtes Gewissen und Angst, dass dem Weihnachtsmann etwas zustoßen könnte. Was wäre … wenn er im Schnee ersticken oder erfrieren würde? Dann gab es vielleicht nie mehr Weihnachten, und keiner würde mehr Geschenke bekommen. Das hatte er nicht gewollt. In seiner Not wollte er alles rückgängig machen und gelobte: „Wenn ich gerettet werde, befreie ich den Nikolaus und bitte ihn um Verzeihung.“ Er jammerte und schrie. Seine lauten Schreie schallten durch die stille Nacht.
Martin, der schon wieder nach dem Nikolaus Ausschau hielt, hörte seine Schreie. Dem Jungen schlotterten die Knie. Die
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