Wuesten - Tierparadiese unserer Erde
grundlegend verändert.
Notdienst bei Hitzeschock
Pflanzen wie Tiere reagieren bei Überhitzung zunächst damit, sog. Hitzeschockproteine (HSP) zu bilden und gleichzeitig den normalen Stoffwechsel zu drosseln. Die HSP übernehmen bei beginnender Denaturierung von Enzymen drei Aufgaben: Sie »biegen« Enzymmoleküle, die sich hitzebedingt verändert haben, wieder in ihre richtige Form zurück, sie schirmen bereits hergestellte Enzyme für den späteren »Normalbetrieb« ab und sie räumen zerstörte Enzyme aus dem Weg und führen noch brauchbare Bauteile der Wiederverwertung zu, also dem Aufbau neuer Enzyme. Als »Feuerwehr« der Zelle bleiben die HSP auch bei Hitze länger funktionsfähig als normale Enzyme. Ihr Einsatz ist allerdings mit einem hohen Energieaufwand verbunden. Pflanzen und Tiere fahren also besser, wenn sie eine effektive Vorbeugung, z. B. Transpirationskühlung, betreiben, anstatt auf die »teuren« Notfallmechanismen zu vertrauen.
Trockenlegen als Alternative
Besonders hohe Temperaturen, kurzfristig bis über 70 °C, ertragen nur Organismen in entwässertem Zustand. Viele Moose, Flechten und Farne, aber nur ganz wenige Blütenpflanzen können dann teilweise über Jahre im Zustand »latenten Lebens« überdauern. Auch im Tierreich gibt es solche Trockenkünstler, etwa bei den Bärtierchen (
Tardigrada
) und Rädertierchen (
Rotatoria
). Da ihre Proteine in Abwesenheit von Wasser nicht gelöst, sondern erstarrt sind, bewirkt die Erhitzung auch keine Denaturierung. Im feuchten Zustand sind sie dagegen hitzeempfindlich. Umstritten ist, ob es eine »Abhärtung« gegen Hitze gibt. Immerhin reagieren Pflanzen effektiver auf Hitzestress, wenn sie Tage vorher schon einmal hohen Temperaturen ausgesetzt waren. Vermutlich sind die Hitzeschockproteine, die für den ersten Einsatz produziert worden waren, dann noch nicht vollständig abgebaut und können bei einem erneuten Hitzeimpuls schneller wieder aktiviert werden.
Kostbarer Schatten
Der Sonne für längere Zeit schutzlos ausgeliefert zu sein, ist in den heißen Wüsten ein Todesurteil. Dabei ist es nicht das Licht, das den Tieren gefährlich werden kann, sondern die von der Sonne ausgehende Wärmestrahlung. Sie heizt die Körper auf und ihre Wirkung ist nur durch Verdunstungskälte, durch Schwitzen, Hecheln oder andere Formen verstärkter Transpiration zu mildern. Der Strahlung auszuweichen ist deshalb die oberste Devise. Pflanzen mussten, da sie ihren Standort nicht beliebig wechseln können, andere Strategien entwickeln. Viele besitzen ihren eigenen Sonnenschirm, z. B. aus Haaren oder Dornen. Andere drehen ihre Blätter bei Bedarf so, dass die Sonne nur deren Schmalseiten trifft und entziehen sich so der Einstrahlung.
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Mamillaria-Kakteen schaffen sich Schatten durch ihre langen Dornen.
Entlastung für die Klimaanlage
Lichtscheue Wüstenorganismen haben gewöhnlich kein Problem mit der Helligkeit. Wenn Tiere den Schatten aufsuchen, tun sie das meist, um in einen Bereich niedrigerer Temperatur zu gelangen. Dabei sind die für heiße Wüsten angegebenen Lufttemperaturen nur die halbe Wahrheit, denn sie werden standardisiert im Schatten einer weißen, luftdurchlässigen Wetterstation 2 m über dem Boden gemessen. Auf dem Boden lebende Säugetiere, Reptilien oder Insekten sind jedoch häufig von noch heißerer Luft umgeben. Die Temperatur kann dort durchaus 20 oder 30 °C über der meteorologischen Lufttemperatur liegen, besonders wenn die Sonneneinstrahlung bei gleichzeitiger Windstille annähernd rechtwinklig auftrifft. Dann sind über dunklem Grund Temperaturen von 70 °C keine Seltenheit. Es leuchtet ein, dass Tiere, die zusätzlich unter Trockenstress stehen, den Aufenthalt an solchen Stellen nicht lange überleben, weder wechselwarme wie kleine Eidechsen und Insekten noch gleichwarme wie Säugetiere und Vögel. Ihre »interne Klimaanlage« benötigt ausreichend Wasser, um zu funktionieren. Aufenthalt im Schatten heißt also, Wasser zu sparen.
Ein kühles Plätzchen unterm Kaktus
Bei Wüstentieren lassen sich zwei Verhaltensstrategien unterscheiden, den kostbaren Schatten zu nutzen. Wer kann, buddelt sich tagsüber ein und ist nur nachts aktiv. Die anderen leben zwar permanent über der Erde, suchen sich aber tagsüber ein möglichst schattiges Plätzchen. Viele Vögel und größere Säugetiere, besonders Huftiere, sind schlicht nicht in der Lage, Höhlen zu graben. Für sie ist der spärliche Schatten von
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