Wumbabas Vermaechtnis
mit dem Schüttelfrosch, den mir Frau H. aus Bügenstegen bei Gerabronn zur Kenntnis brachte. Deren Mann konnte sich in seiner Kindheit nicht recht vorstellen, wie dieses Tier den kranken Onkel plagte, der vom Schüttelfrosch gequält wurde, dem Schüttelfrost, schwäbisch »Schüttelfroscht«.
Übrigens haben ja die Beatles ein schönes Lied über Strawberry Fields gespielt. Dies lief eines Tages im Hause von Leserin S., als ihr Mann
zur Tür hereinkam und sofort begann, auf unlogische englische Liedtexte zu schimpfen, in denen es, wie man gerade wieder hören könne, um die Gefühle
von Erdbeeren gehe. Frau S. bat ihn, sich näher zu erklären, worauf ihr Mann sagte, es heiße doch bei den Beatles »Strawberry feels forever«, also
»Erdbeere fühlt für immer«. (Wobei in diesem psychedelischen John-Lennon-Stück mit Strawberry Fields auch nicht unbedingt Erdbeerfelder
gemeint sind, sondern ein der Heilsarmee gehörendes Waisenhaus namens»Strawberry Field«, in dessen Nähe Lennon in Liverpool aufwuchs.)
Herr W. aus München schickte mir die Geschichte seines Bruders, der fürs Leben gern Erdbeeren mit Sahne aß und am Ende eines bestandenen Schuljahres anlässlich eines Ausflugs mit den Eltern auch eine Portion nach der anderen genehmigt bekam. Nach dem Essen verließ der Bruder mit der Familie das Restaurant. Man besuchte eine Kirche in der Nähe – und was stand da auf der großen Spendenbüchse zwischen den Kirchenbänken?
»Für die Erdbeeren-Opfer in Rumänien.«
So las es der Bruder, der durch übermäßigen Erdbeerverzehr offenbar in jene psychedelische Strawberry-Fields-Stimmung gekommen war, der auch wir uns nähern, wenn wir diese Bilder vor uns sehen: Erdbeerschorsch und Erdbeerfrosch in Erdbeerfeldern, gemeinsam um die riesige Wunder-Erdbeere tanzend.
Leserin B. schrieb über das Erlebnis einer Bekannten im Supermarkt: »Hier ein weiteres Verhörbeispiel, welches ich von einer Bekannten gehört habe: Wir standen heute in der Schlange an der Kasse und unterhielten uns über die zur Zeit ungewöhnlich hohen Temperaturen und die damit verbundenen Frühlingsanzeichen wie das Blühen der japanischen Kirschblüte oder die ersten allergischen Reaktionen bei einigen Menschen. Die Ursache des Ganzen müssen wir wohl auch benannt haben, denn kurze Zeit darauf fragte das Kind vor uns seine Mutter ganz leise: ›Mami, was ist die globale Erdbeerwerbung?‹«
Agathe Bauer, Elvira España, Ladislav Bonita: Von Menschen, die in Liedern leben
In so gut wie jedem deutschen Radiosender rufen seit ein paar Jahren gut gelaunte Hörer noch besser gelaunte Moderatoren an, erzählen kichernd, wie sie dieses und jenes in einem Lied gehört haben, man vergleicht das dann mit dem Originalsong und scheidet in Superlaune voneinander. »Agathe-Bauer-Songs« nennt ein Berliner Sender diesen Programmteil, »Anneliese-Braun-Songs« ein Radio in Zürich. Warum?
Weil, wenn man den großen Hit The Power der Gruppe SNAP! mit der Zeile »I’ve got the power« nur richtig hört, eben gut und gerne so verstehen kann: Agathe Bauer. Nicht anders ist es mit California Dreamin’ von The Mamas & the Papas. »All the leaves are brown« heißt es da in der ersten Zeile, und wenn man will (und viele Leute wollen) kann man das gut und gerne als »Anneliese Braun« verstehen. Das kann äußerst lustig sein, bloß richtig verhört ist es nicht – eher so hineingehört, absichtlich. Kein Mensch, der bei Trost ist, wird glauben, das SNAP! wirklich »Agathe Bauer« singen. Hier kommen deshalb jetzt ein paar Leute, an deren Lied-Existenz Menschen tatsächlich geglaubt haben , mehr oder weniger jedenfalls.
E LVIRA E SPAÑA . Frau S. aus Gießen berichtet, sie habe als Mädchen den berühmten Schlager Eviva España gern dergestalt missverstanden, dass sie hörte:
»Die Sonne scheint bei Tag und Nacht.
Elvira España
Der Himmel weiß,
wie sie das macht.
Elvira España
Die Gläser,
die sind voller Wein.
Elvira España
Und bist du selber einmal dort,
willst du nie wieder fort.«
»Was ich mir dabei dachte? Keine Ahnung«, schreibt Frau S. Man muss auch gar nichts dabei denken, man muss nur fühlen: Lebenslust! Geselligkeit! Mallorca! Elvira!
B ARNABAS . Ich gehöre zu denen, die bei Liedtexten nie richtig zuhören. Wie hätte ich sonst dieses Buch schreiben können, und wie sonst hätte ich jahrzehntelang den Refrain des berühmten Songs One of us von ABBA so verstehen können:
»Barnabas is crying
Barnabas is
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