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Wunder wie diese

Wunder wie diese

Titel: Wunder wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Buzo
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außerdem hab ich nur einmal geweint.«
    »Wie bitte?«
    »Als du mir die Blumen zu Weihnachten geschickt hast, hast du irgendwas davon geschrieben, wie ich immer geweint habe, wenn wir uns geliebt haben.«
    Verdammter »Romeo-and-Juliet«-Song!
    »Und nun sag ich dir«, fuhr sie fort, »dass ich nur ein einziges Mal geweint habe, also übertreib nicht!«
    Und Tschüss, das war’s, wie man so schön sagt.
    Lasst uns also das Glas erheben – ich werde es jedenfalls tun – auf Michaela und Brad anstoßen und ihnen lebenslanges Glück wünschen. Und vielleicht noch ein oder zwei Krankheiten mit fiesen Pusteln.
    Mir steigt die Galle hoch. Mit einem großen Schluck Rotwein spüle ich sie wieder hinunter. Die Flasche ist leer.
    24. September, 23 Uhr 30?
    Seit Freitagnacht führe ich mich auf wie ein Elefant im Porzellanladen. Ich bin völlig neben mir. Komplett durch den Wind. Ich habe null Bock zu gar nichts. Mein Fass läuft über vor zersetzender Säure. Das letzte Fünkchen Hoffnung, das ich für Michaela und mich noch hegte, ist erloschen. Bis jetzt bin ich mir noch nicht mal im Klaren darüber gewesen, dass ich mich noch daran geklammert hatte.
    Wäre ich weniger mit der Ungerechtigkeit des Universums beschäftigt, das mich ständig übers Ohr haut, würde ich vielleicht der Kleinen gegenüber eine Spur von Schuld empfinden. Gestern war Eds Geburtstagsparty. Obwohl meine Erinnerung allenfalls als schwammig zu bezeichnen ist, erinnere ich mich dennoch daran, dass ich die meiste Zeit am Hals einer billigen Wodkaflasche gehangen habe. Und so schwer es fällt, mir das einzugestehen, an Amelias ebenfalls. Genau. Ich habe ein neues persönliches Tief von besoffener Schäbigkeit an einer Fünfzehnjährigen demonstriert.
    Heute ging’s mir absolut dreckig. Um vier Uhr nachmittags hab ich das letzte Mal gekotzt. Zum Glück waren meine Eltern nicht da.
    Amelia rief an, als ich mich gerade wieder halbwegs menschlich fühlte. Es war echt too much. Ich war so direkt wie irgendwie möglich in Anbetracht meines schwierigen Zustands. Ich glaube, sie dachte, dass wir jetzt zusammen sind. Ich kann das nicht. Ich kann das einfach nicht.
    Ja, wäre ich kein Mistkerl mit einer schwarze Seele und Schlamm in den Adern, hätte ich ein mächtig schlechtes Gewissen.
    Ich muss jetzt schlafen.
    5. Oktober
    Ich gehe nach Japan. Seltsam. Unwirklich. Es ist ein Zweijahresvertrag. Ich hab schon unterschrieben. Es kommt mir wie eine Riesenverpflichtung vor. Ich hatte eigentlich eher an sechs Monate gedacht – falls es schrecklich wird –, aber sie sagten, ein Jahr sei das Minimum. Und jetzt sind es zwei. Ich habe es Mum und Dad schon erzählt und werd jetzt gleich mal Zoe anrufen, danach Mick-Suze und Rohan. Am Ende meiner Schicht heute habe ich im Land der (zerplatzten) Träume gekündigt.
    Sie haben mir den Job gestern Nachmittag angeboten und ich habe den gesamten Abend darüber nachgedacht. Zu vorgerückter Stunde habe ich mich mit Mum an den Küchentisch gesetzt. Wir haben zusammen den Rotwein vom Abendessen geleert.
    »Mum«, sagte ich, »ich muss hier wirklich raus. Wenigstens eine Zeit lang. Ich bin schon viel zu lange hier. Ich passe hier einfach nicht mehr hin.«
    »Hier?«, fragte sie und machte eine ausladende Handbewegung. »Oder Sydney?«
    »Beides.«
    Wir schwiegen einen Moment lang.
    »Nun«, sagte sie dann nachdenklich, »ich schätze, du hast dich entschieden. Du gehst nach Japan.«
    »Ja.«
    »Also gut.«
    »Nur…«
    »Nur was?«
    Und ich wusste gar nicht genau, was ich da sagte, aber ich sagte es.
    »Dieses Mädchen.«
    »Welches Mädchen?«
    »Eine Freundin, Amelia. Ich kenne sie von der Arbeit. Sie ist was Besonderes.« Ich räusperte mich vernehmlich. »Für mich. Und im Allgemeinen auch. Was Besonderes.«
    »Oh«, sagte Mum. »Bist du…?«
    »Sie ist fünfzehn.«
    »Oh!«
    »Fast sechzehn.«
    »Trotzdem.«
    »Ich weiß. Es würde nicht funktionieren.«
    »Noch nicht.«
    »Es ist nur so…«
    »Es ist schwer.«
    »Ja.«
    Wir tranken unseren Wein und ich wusste, dass ich gehen würde.
    Und ich erinnerte mich daran, wie ich Amelia geküsst habe, auch wenn ich mir eingeredet hatte, dass ich’s vergessen habe.
    In zwei Wochen geht’s los.
    Ich mach mich vom Acker. Ich fliege nach Japan. Wir sehen uns dann demnächst dort.

Amelia: Ungetrübtes Wasser
    Es ist Freitagnachmittag, eine Woche vor Weihnachten. Penny und ich fahren mit dem Bus zum Bondi Beach. Es ist heiß und das Meer liegt spiegelglatt vor uns wie ein See:

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