Wunder wie diese
nicht nachvollziehen, wie furchtbar es war.
Amelia sieht in diesen Geschichten grundlegende Bedeutung. Du brauchst gar nicht weiterzusuchen, sagt sie, die Antworten findest du zu Hause. Wenn ich an »die Unterdrückung der Frau« denke, habe ich Mary Wollstonecraft vor Augen. Ich denke an Sachen aus der Vergangenheit oder von sonst wo. So etwas wie, dass Frauen das Wahlrecht vorenthalten wurde; Frauen zu Abtreibungen in dunklen Hinterhöfen gezwungen werden; Frauen der Zugang zu Universitäten verweigert wird; dass Frauen, um das Land zu verlassen, schriftliche Genehmigungen ihrer Männer brauchen; Frauen als Hexen verbrannt wurden und als Sexsklavinnen verkauft werden oder unter sexistischen unterdrückerischen Regimen leben müssen. Ich muss gar nicht lange suchen. Wie ich herausgefunden habe, taut meine Mum tatsächlich den Kühlschrank ab und macht ihn sauber.
Ich habe Amelia mal einen Brief geschrieben, in dem ich sagte, sie müsse gar nicht weit über den eigenen Tellerrand sehen, um gravierende Unterschiede festzustellen – trotz der Geschichte, die der Premierminister & Co. gerne in die Welt setzen, darüber, wie wunderbar alles läuft. Ich hatte ihr empfohlen, sich ganz in ihrer Nähe umzusehen.
Jetzt hat sie bei mir das Gleiche geschafft.
Sämtliche Werbespots für Reinigungsmittel – wirklich alle – zeigen Frauen bei der Hausarbeit. Ich habe heute Abend einen gesehen über ein neues Putzmittel, »das für JEDE Oberfläche benutzt werden kann, auch für Glas und Holz!«. Die Kinder schrien im Hintergrund und die Darstellerin drehte sich zur Kamera und sagte so etwas wie: »Ich arbeite Vollzeit und habe drei Kinder zu versorgen. Ich habe keine Zeit, verschiedene Reiniger beim Putzen zu benutzen.«
Eine andere Werbung für Butterbrottüten zeigt eine Dame, die in Bürokleidung in der Küche steht und erklärt, ihr bliebe morgens keine Zeit, lange mit Folie herumzuhantieren, wenn sie für ihre Familie die Pausenbrote schmierte.
Wo sind die Ehemänner? Warum gibt es nicht einen einzigen Werbespot, in dem ein Typ im Anzug oder Overall mit den konkurrierenden Anforderungen von Arbeit, Hausarbeit und Kinderbetreuung kämpft und erklärt, er bräuchte bloß ein zuverlässiges Putzmittel für alles und praktische Butterbrotbeutel?
Kein Wunder, dass die Kleine so sauer ist.
12. September
Reingelegt! Hintergangen!
Mick und Suze. Mick und Suze sind ein Paar. Sie sind schon bald ein Jahr zusammen und haben es vor ihren besten Freunden geheim gehalten. Ich weiß nicht, was mich mehr ankotzt – ihre Geheimnistuerei oder die Tatsache, dass sie die Liebe gefunden haben, nach der ich immer noch suche. Die ganze Zeit – ach, was soll’s.
Ich hab heute Abend versucht, Rohan zu erreichen, um seine Meinung darüber zu hören, aber er war nicht da. Wahrscheinlich ist Stella bei ihm. Mick und Suze, Rohan und Stella. Wie wunderschön. Ach ja, und dann ist da noch Chris.
Das war nicht Teil der Abmachung. Es waren immer Mick, Suze, Rohan und ich – vier Einzelkämpfer, die mit vereinten Kräften dem harten Leben da draußen trotzten. Eine sichere Basis, um loszulegen und wieder zurückzukommen, falls es kritisch wurde. Und jetzt sind alle im verdammten Reich der Zweierbeziehung angekommen. Wahrscheinlich werden wir nie mehr zusammen losziehen – sie wollen nur noch zu Hause bleiben, kuscheln und fernsehen. Und falls wir tatsächlich noch mal zusammen ausgehen sollten, könnte ich mich bestimmt nicht darauf konzentrieren, weil ich wahrscheinlich die ganze Zeit denke: Oh Gott, Mick und Suze!
Ich habe gestern meine Abschlussarbeit abgegeben, ein Meilenstein, der von der obigen Offenbarung allerdings etwas überschattet wurde. Wir waren zusammen feiern und sie haben es einfach so nebenbei erwähnt.
Alles ist permanent in Bewegung. Alle wichtigen Standbeine meines Lebens der letzten vier Jahren sind ins Wanken geraten oder haben sich verändert. Aber ich bin immer noch hier. Verdammter Mist!
Morgen rufe ich bei dieser japanischen Schule an.
Jetzt ist alles scheißegal: Ich muss hier raus. Ich brauche etwas, das mir gehört.
Hier gibt es kaum noch etwas, was mich hält.
18. September
Ich bin so verdammt einsam.
20. September
Ich sitze hier fest und versuche, meine letzte Hausarbeit fertig zu kriegen, noch drei Tage bis zur Abgabe.
Außerdem schreibe ich an einer Bewerbung für die Englischschule in Japan.
Mick und Suze ziehen zusammen. Sie haben die Jobs bekommen, auf die sie sich beworben haben. Rohan ist
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