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Wyler, Leana

Wyler, Leana

Titel: Wyler, Leana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: letzte Tür links (German Edition) Nottingham Castle
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stand nun vor ihrer letzten Ruhestätte.
    „Cecelya”, war in schnörkellosen Buchstaben in ein halb verwittertes Holzkreuz geritzt worden.
    Er wusste noch genau, wie er nach ihrem Ableben getobt hatte, dass sie einen Grabstein bekommen sollte, das kindliche Gesicht nass vor Tränen. Eine Ohrfeige hatte er dafür geerntet von Lady Nottingham, weniger für den unpassenden Wunsch als für sein unangemessenes Weinen. Beides stand einer gewöhnlichen Amme natürlich nicht zu, ihrer Meinung nach. Und ihm als künftigen Herrn des Castles würde sie die Heulerei schon noch austreiben, hatte sie verkündet.
    Heimlich hatte er sich manchmal hierher geschlichen, unter dem Vorwand, mit seinem neuen Schwert unbeobachtet üben zu wollen. Hatte in den Wiesen des weitläufigen Innenhofs und am Rand des Bachlaufs bunte Blumen gepflückt und sie auf Cecelyas schmuckloses Grab gelegt. Unbeholfen ein Kreuzzeichen geschlagen, denn er hatte gewusst, dass sie gläubig gewesen war. Im Gegensatz zur Burgherrin, die ihm stets zu verstehen gegeben hatte, dass dieses Kirchengetue nur etwas für die dummen, einfachen Leute war.
    Nun stand er also wieder hier, am Grab seiner wahren Mutter. Nur undeutlich konnte er sich noch an ihr Gesicht erinnern. Ihre Augen, die sah er noch vor sich. Dunkel und warm waren sie gewesen, so ähnlich wie die von Susannah. Verdammt, schon wieder war die in seinem Kopf!
    Ärgerlich fuhr er sich durchs Haar, beugte sich dann hinunter und riss mit den blanken Händen ein paar Unkräuter, die sich unter dem Kreuz breitgemacht hatten, aus dem Boden.
    Cecelyas Stimme fiel ihm ein, wenn sie ihm leise ein kleines Liedchen ins Ohr gesummt hatte. Er auf ihrem Schoß, ganz unscharf war die Erinnerung, aber sie kam langsam zurück. Ihr fülliger Körper, alles weich und sanft, gepolsterte Arme um ihn herum, in denen er sich geborgen fühlte. Dazu diese wehmütigen Melodien…
    Oder die Geschichten, die sie ihm erzählt hatte. Alte Legenden.
    Wenn ihre Herrin in der Nähe gewesen war, hatten diese stets von starken und unerschrockenen Helden gehandelt.
    Allein mit ihm jedoch hatte sie Nebenfiguren eingeflochten, junge Knappen, die für liebliche Edelfrauen entbrannten, oder einsame Ritter, die für die Ehre ihrer Angebeteten mutige Kämpfe auf sich nahmen und dann mit einem heimlichen Kuss hinter schützenden Vorhängen belohnt wurden. Als kleiner Knabe hatte er ihr andächtig gelauscht. Zumindest bis die gestrenge Herrin, die er damals für seine Mutter gehalten hatte, dazwischen gegangen war, fluchend, voll Hass auf verweichlichende Erzählungen.
    Erst später war ihm klar geworden, dass viele dieser Figuren in den alten Sagen eigentlich gar nicht auftauchten. Cecelya hatte sie dazugedichtet oder auch manches Ende weniger schrecklich erscheinen lassen. Als er das damals herausgefunden hatte, war ihm ein Schmunzeln ausgekommen über die sentimentale Amme und ihre Sehnsucht nach schnulzigen Märchen.
    „Dabei warst du meine wahre Mutter”, murmelte er halblaut vor sich hin, „und wolltest vielleicht nur die Grausamkeiten deiner Herrin ein wenig ausgleichen.”
    Cecelyas Mann, seinen „Vater”, wie ihm nun erst bewusst wurde, hatte er nie kennengelernt. Der hatte irgendwo im Dorf gearbeitet und war der Ruhr zum Opfer gefallen, als er selbst noch ein kleines Kind gewesen war, das hatte sie ihm einmal berichtet.
    Er erhob sich und klopfte die Erde von seinen Händen. Unsicher stand er vor dem Kreuz und dachte angestrengt nach, was er an dieser Stelle sagen sollte. In solchen Dingen hatte er keine Erfahrung.
    „Ruhe in Frieden, Mutter”, fiel ihm schließlich ein.
    Dann zog er die Schultern gerade, schlüpfte durch den Weidenvorhang und ging mit energischen Schritten zurück ins Castle, in dem es viel zu tun gab. Für ihn. Den Sohn einer niederen Amme. Der sich bald aufmachen würde zum Hofe des Königs, eine Dame von noblem Stand ehelichen und über Macht und Ansehen verfügen. Er nickte den Wachen huldvoll zu, die am hinteren Tor postiert waren.
    Seine Hand zögerte nur einen winzigen Augenblick. Dann holte er tief Luft, drückte er die Tür auf und brüllte einen Diener an, der es gewagt hatte, ihn nicht untertänigst zu grüßen.

8 Robin von Locksley

    „Nehmt den Halunken fest!”
    Aufgeregte Rufe schallten über den Burghof. Eadric, der gerade in den Stallungen nach dem Rechten gesehen hatte, horchte auf.
    Da lief auch schon einer der dickbäuchigen Diener heran, sein Gesicht hatte rote Flecken und er gestikulierte

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