Wyler, Leana
gewesen. Ein paar Kinder aus dem Dorf einsammeln und schon lieferte sich der lange Monate gejagte Verbrecher selbst aus? Das kam ihm seltsam vor.
Nachdenklich nestelte Eadric an den Edelsteinen seines Gürtel herum, den er immer für formelle Anlässe trug. Oder war er einfach nur eifersüchtig, weil er so lange erfolglos mit seinen Soldaten im Wald herumgestochert hatte, während Lady Nottinghams Vorschlag auf Anhieb von Erfolg gekrönt war?
Sein Aufstieg an den Hof rückte mit einem Mal in greifbare Nähe. Doch die Freude darauf mochte sich nicht wirklich bei ihm einstellen, seltsam eigentlich. Nun ja, vielleicht lag es nur daran, dass er sich erst in Ruhe an den Gedanken gewöhnen musste, dies Castle und damit seine ganze bisherige Welt, zu verlassen.
Als alle draußen waren, drehte er sich um, weil er hörte, wie ein Vorhang zur Seite geschoben wurde.
„Jaja”, sagte er, um seiner Mutter zuvorzukommen, „du hattest recht mit deinem Plan. Nun ist haben wir ihn endlich.”
Sie kam herangerollt, das Gesicht glühend vor Aufregung. „Ich werde gleich morgen früh einen Boten zu Marians Vater schicken. Damit alles vorbereitet werden kann für die Vermählung. Eadric, wir kommen an den Hof!” Sie zupfte ihn am Ärmel, ihre Augen strahlten. Richtig überschwänglich war sie! Er konnte sich nicht erinnern, seine Mutter jemals schon so erlebt zu haben.
Ein paar Augenblicke später hatte sie sich wieder unter Kontrolle und nahm in gewohnter Manier die Zügel in die Hand. „Wir machen aus der Hinrichtung natürlich ein großes Spektakel”, sagte sie. „Das ist immer noch das Beste, um das einfache Volk zu unterhalten.”
„Wovon sprichst du?” Er sah sie fragend an.
„Von diesem Locksley natürlich! Es wird ein paar Tage dauern, bis alles für deine Abreise zu Sir Johns Hof vorbereitet ist, so lange kann er im Kerker schmoren. Und dann bauen wir den Galgen auf.”
„Den Galgen?” Eadric sprang vom Stuhl auf.
„Natürlich! Knieende Enthauptung ist Edelleuten vorbehalten, und auch wenn er nobler Abstammung ist, so wirst du ihm doch dieses Anrecht nicht gewähren. Er soll aufgeknüpft werden wie ein einfacher Viehdieb. Die Leute werden johlen, die lieben derlei Verlustigungen.”
Er schüttelte wild den Kopf. „Auf keinen Fall! Sie würden mich hassen! Ich werde ihn lebendig mit zum Königshof nehmen und Sir John übergeben.”
Robin Hood war der Held des Volkes und eine öffentliche Hinrichtung würde für gewaltige Aufstände sorgen, da war er sich sicher.
„Du hast wie immer keine Ahnung, wovon du sprichst. Sie verehren den, der Stärke beweist, das ist ein Gesetz der Natur. Ein Spektakulum ist immer beliebt, da haben die Leute etwas zu schauen und interessieren sich bald nicht mehr dafür, um wen es geht. Glaub mir das, ich habe schon mein Leben lang dabei zugesehen. Sie werden seinen blutigen Schädel bejubeln, wenn der ihm anschließend vom Rumpf getrennt wird.” Energisch zog sie ihren Rock glatt.
Eadric ballte die Hände zu Fäusten. Verflucht nochmal, wieso glaubte sie immer, sie könnte über alles bestimmen!
„Noch ein letztes Mal, Mutter”, zischte er und betonte die Anrede besonders sarkastisch. „Ich bin als Nottingham aufgewachsen und dies hier ist mein Castle. Ich allein treffe die Entscheidungen.”
Sie straffte sich und richtete sich in ihrem Stuhl auf. „Da hab ich immer noch ein Wort mitzureden!”
„Als Weib hast du hier gar nichts zu sagen”, fuhr er sie an. Wann begriff sie endlich, dass er der Herr hier war?
Sie funkelte ihn feindselig an. „Das würde dir so passen. Aber daraus wird nichts. Jetzt bricht die Zeit für uns Frauen an, schau dir nur Eleonor an, sie ist mein großes Vorbild. Wir sind nicht nur Zierde, wir haben auch Macht!”
Ihre Augen flackerten wirr. Eadric hatte den Eindruck, dass seine Mutter langsam den Verstand verlor.
„Sprichst du von der Mutter des Königs?”, fragte er.
„Von wem sonst, du Narr. Sie tut alles, um das Lösegeld für Richard zusammen zu bekommen. Verkauft Ländereien und Wertgegenstände. Welch tapfere Frau!”
Er lachte. „Für die geforderte Summe wird sie viele goldene Becherchen verhökern müssen, das ist völlig ausgeschlossen.”
Sie verengte die Augen. „Darum geht es doch gar nicht. Natürlich wird es ihr nicht gelingen. Aber sie nimmt ihr Schicksal in die Hand. Als Frau! Und sie hat recht damit!”
„Und du willst ihr nacheifern? Das ist doch lächerlich, du bist viel zu alt.”
Wutschnaubend rollte
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