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Wyler, Leana

Wyler, Leana

Titel: Wyler, Leana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: letzte Tür links (German Edition) Nottingham Castle
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sie auf ihn zu. „Ich werde dafür sorgen, dass alles hier den richtigen Weg geht! Ich werden an den Hof kommen, da kannst du nichts dagegen ausrichten”, brüllte sie ihn an und reckte ihm eine Faust entgegen. „Und zwar mit Robins Kopf im Gepäck!”
    Sie war völlig übergeschnappt!
    Dass er so unbeeindruckt dastand, brachte sie endgültig in Rage. Sie fuchtelte mit den Armen in der Luft herum und schrie aus Leibeskräften. „Er wird hingerichtet! Hingerichtet! Und deine dreckige Hure mit dazu, darum kümmere ich mich. Ich habe treue Diener!”
    Eadric fuhr herum, eilte zur Tür und rief nach den Wachen.
    „Treue Diener”, wiederholte sie lautstark, inzwischen völlig von Sinnen. Das Haar stand ihr wirr vom Kopf ab, sie wackelte in ihrem Gefährt hin und her. „Die tun, was ich sage! Das wirst du noch sehen!”
    Als sie die Soldaten herankommen sah, zeigte sie mit ausgestrecktem Arm auf Eadric. „Er ist gar kein echter Nottingham, ein Sohn der Amme ist er. Der Amme! Ich sag es euch! Ein nichtswürdiger Bastard!” Sie brach in hysterisches Lachen aus.
    „Sie ist verrückt”, erklärte Eadric mit mühsam ruhig gehaltener Stimme den Wachleuten. „Sperrt sie in den Kerker.”
    Die Männer nickten pflichtbewusst, ergriffen den Rollstuhl und trugen die zeternde Frau davon. Er hörte sie noch im Gang laut schreien.
    Eadric war schweißnass. Als sie zur Tür draußen waren, musste er sich erst einmal hinsetzen. Er hatte seine eigene Mutter – nein, Lady Nottingham, verbesserte er sich – einsperren lassen. In den Kerker. Wie eine Verbrecherin.
    Mit bebender Hand fuhr er sich übers Gesicht. Sie hatte offenbar völlig den Verstand verloren. Sympathisierte plötzlich mit Eleonor, die alles dransetzte, ihren Sohn Richard aus der Gefangenschaft zu holen. Was John fraglos vom Hof vertreiben würde. Und ihn selbst als dessen Günstling mit dazu. Gut, dass das Unterfangen von Anfang an zum Scheitern verurteilt war, nie im Leben würde Eleonor so viel Silber aufbringen können!
    Er strich sich eine widerspenstige Strähne aus der Stirn. Das Zittern seiner Hände legte sich allmählich. Sie hatte tatsächlich ihr Geheimnis verraten! Nie hätte er dies für möglich gehalten. Welch glücklicher Zufall, dass sie so außer Rand und Band war in diesem Moment. Keiner der Soldaten würde ihre Worte ernst nehmen.
    Wer glaubte schon einer verwirrten alten Frau in einem rollenden Stuhl.

*
    Im Dorf herrschte seit Tagen so viel Aufruhr, dass Susannah kaum Zeit hatte, einen klaren Gedanken zu fassen. Die immer noch in Gefangenschaft gehaltenen Frauen fehlten an allen Ecken und Enden. Gemeinsam mit ihrem Vater versuchte sie zu unterstützen, wo sie nur konnte. Kochte Hafergrütze für die verbliebenen Kinder, dort, wo die Mutter nicht da war. Versorgte Säuglinge, die jämmerlich weinten, weil sie aus der vertrauten Umgebung gerissen und plötzlich bei einer benachbarten Familie untergebracht wurden. Kümmerte sich bis tief in die Nacht hinein um ganze Scharen von Rabauken, weil die Väter zusammensaßen und gemeinsam mit den anderen Männern des Dorfes beratschlagten, was zu tun war.
    Wenn sie endlich heimkam, war sie so müde, dass sie wie ein Stein ins Bett fiel, manchmal sogar noch in ihrer Kleidung, und einschlief, sobald ihr Kopf das Kissen berührte.
    Doch ewig kam Susannah ihren Gedanken nicht aus, mochte sie sich noch so anstrengen. Sie hatte eine Schale voll Rüben vor sich stehen und fing an, diese zu schälen. Da begann es auch in ihrem Kopf zu arbeiten. Sie hatte gehofft, dieses wilde Gemenge aus Gefühlen, Ängsten und Hoffnungen würde sich auf wundersame Weise von alleine auflösen, aber natürlich war das nicht geschehen. Stattdessen sah sie ihn wieder vor sich, Nottingham, mit all den unterschiedlichen Persönlichkeiten, die offenbar in ihm wohnten.
    Sie hatte versucht, ihn zu hassen. Gerade in den letzten Tagen war ihr das in der Tat nicht schwer gefallen, sah sie doch in fast jedem Haus, welches Leid er anrichten konnte. An die armen Wachleute hatte sie gedacht, deren Köpfe er am Tor zum Castle hatte aufspießen lassen, nach einem Überfall durch Robins Truppe. Und an die Ohrfeige, die er ihr gegeben hatte. Noch nie in ihrem Leben hatte es irgendjemand gewagt, die Hand gegen sie zu erheben! Sie wollte entsetzt sein, verletzt, empört, ihn zum Teufel wünschen und nie mehr wiedersehen wollen.
    Doch es gelang ihr nicht vollständig. Weil diese verdammten anderen Bilder auch in ihrem Kopf herumflatterten wie

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