X-Wing 05 - Die Gespensterstaffel
sie zu dem wackeligen und keineswegs verläßlich wirkenden Extrusionsrohr zurückgingen, an dem die Night Caller angedockt hatte, sagte Wedge: »Neue Befehle.«
Janson zog sein Datapad heraus.
»Sämtlichen hier lagernden Reservetreibstoff prüfen. Alles, was unseren Standards entspricht, in die Korvette umladen. Aber Kell soll sich vorher alles gründlich ansehen, für den Fall, daß da irgendwelche Minen oder sonstige Fallen angebracht sind.«
»Kell ist auf der Krankenstation.«
»Ist er verletzt?« Wedge wußte, daß die herunterhängenden Energiekabel von Jesmins X-Flügler einige der Systeme von Kells Maschine kurzgeschlossen hatten. Vielleicht hatte er selbst auch zuviel Elektrizität abbekommen.
»Heftige Übelkeit mit Brechreiz.«
Wedge sah ihn überrascht an. »Was sagt unser Arzt dazu?«
»Daß Kell ziemlich übel dran ist und im Augenblick nicht einmal dafür geeignet wäre, Küchendienst zu schieben, geschweige denn X-Flügler zu fliegen.«
»Das klingt nach Phanan. Steht das so in den Akten?«
»Nein. Er hofft darauf, daß Kell ihm eine Überraschung bereitet und sich wieder erholt.«
»Also, das hoffe ich doch auch. Ich werde mit Kell reden. Sonstige Verletzte?«
»Myn Donos. Eine Gehirnerschütterung von der Explosion von Jesmins Maschine. So hat Phanan mir das wenigstens erklärt. Ich selbst konnte nicht mit Myn sprechen; Phanan hatte ihn bereits zur Erholung in sein Quartier geschickt.«
»Gut. Oh, Phanans R2-Einheit sollten wir versetzen – Gadget?«
»Gadget.«
»– gib sie Myn.«
Sie betraten die Luftschleuse, an die das Extrusionsrohr angeschlossen war. Wedge schloß die innere Schleusentür, öffnete die äußere und blickte dann zweifelnd auf die in ständiger Bewegung begriffene mannshohe Röhre. Irgendwo hinter der nächsten Krümmung war eine der Luftschleusen der Night Caller. »Da würde ich ja lieber einen Schutzanzug tragen.«
»Ach, jetzt hör schon auf, Wedge. Wenn das für all diese aufrechten Bürger gut genug ist, ist es auch für uns gut genug.«
Wedge rang sich ein kleines Lächeln ab. »Dann geh aber du voran.«
»Ton, läßt du uns ein paar Augenblicke allein?«
Wedge stand an der Tür zur Krankenstation. Phanan nickte ein wenig steif und ging wortlos hinaus.
Auf einem der Betten der Station lag Kell Tainer, blaß und mit gefaßter Miene. Er schluckte und war sich offenbar darüber im klaren, daß ihm eine Standpauke bevorstand.
»Ich weiß nicht, wie du das anstellst«, sagte Wedge. »Du machst so gute Arbeit. Und dann versaust du alles.«
Kell nickte. »Es ist meine Schuld, daß Jesmin tot ist. Das weiß ich.«
»Nicht das, du Idiot. Daß sie tot ist, daran ist dieser Tankfahrer schuld. Und ein ausgefallener Trägheitskompensator. Und ihr Körper, weil er sie ihm Stich gelassen hat und sie bewußtlos geworden ist, wo sie die zusätzlichen Sekunden, die du ihr verschafft hast, dazu hätte nutzen müssen, um den Schleudersitz zu betätigen. Das Manöver, mit dem du versucht hast, sie zu retten, war verrückt und brillant zugleich. Die meisten Piloten im Sternenjägerkommando hätten dabei selbst Bruch gebaut.«
Kell zuckte vor dem Zorn in Wedges Stimme zurück. Sein Gesichtsausdruck wirkte verwirrt. »Was ist dann – was habe ich versaut – «
»Das hier.« Wedge deutete auf ihn und die Krankenstation. »Du denkst, du hättest versagt. Du drehst durch. Jeder von uns hat heute einen Freund verloren, und wer ist in der Krankenstation? Du. Myn Donos hat eine Gehirnerschütterung und hat sich einfach schlafen gelegt. Und du brauchst ärztliche Versorgung.«
Kell setzte dazu an, etwas zu sagen, ließ es dann aber bleiben.
»So, und jetzt steh auf und sieh zu, daß du in deine Uniform kommst. Ich möchte, daß du den Piratenstützpunkt nach Explosivstoffen absuchst. Ich möchte nicht, daß einem von uns eine Hand abgerissen wird – oder der Kopf –, während wir uns hier umsehen. Wir brauchen dich.«
Kell versuchte, sich aufzusetzen, aber dann verzerrte sich sein Gesicht vor Schmerz. Für Wedge sah es wie ein gewaltiger Krampf aus.
»Das hat auch damit zu tun, nicht wahr?« Wedges Stimme klang jetzt wieder fast normal, nur noch so zornig, daß Kell spüren konnte, daß der andere immer noch wütend war. »Jemand braucht dich, und du drehst durch. Also, wir brauchen dich. Wir verlassen uns auf dich. Unser Leben hängt von dir ab. Jetzt, in diesem Augenblick. Also, wie steht es?«
Kell stand auf. Wut und Schmerz mischten sich in seinem Gesicht.
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