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Xeelee 1: Das Floss

Xeelee 1: Das Floss

Titel: Xeelee 1: Das Floss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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einer verlorenen Vergangenheit, einer Vergangenheit, die wir abstreifen müssen. Wir haben uns schon viel zu lange an solche Relikte geklammert. Jetzt sind wir ein Bestandteil dieses Universums.«
    Mit plötzlicher Kraft packte der alte Mann Rees’ Ärmel und schien sich daran aufrichten zu wollen. Rees runzelte die Stirn, legte ihm eine Hand auf die Schulter und bugsierte ihn vorsichtig wieder in die Waagrechte. »Versuche, dich auszuruhen…«
    »Das kannst du vergessen«, lehnte Hollerbach mit kratzender Stimme ab. »Ich kann keine Zeit mit Ausruhen verschwenden… Du mußt ihnen sagen…«
    »Was?«
    »Daß sie sich ausbreiten sollen. In diesem Nebel ausschwärmen. Wir müssen jede Nische ausfüllen, die wir hier finden können; wir können uns nicht länger auf die Überbleibsel einer fernen Vergangenheit stützen. Wenn wir überleben wollen, müssen wir an diesem Ort heimisch werden, unseren Einfallsreichtum und unsere neuen Ressourcen nutzen…« Ein weiterer Hustenanfall unterbrach seine Rede. »Ich will diese Bevölkerungsexplosion, von der wir gesprochen haben. Wir dürfen die Zukunft der Menschheit nie wieder von einem einzigen Sternennebel oder gar einem einzigen Schiff abhängig machen. Wir müssen diese verdammte Wolke erobern und uns dann auf weitere Nebel ausdehnen. Ich will an diesem verdammten Ort nicht nur Tausende, sondern Millionen von Menschen mit all ihren sozialen Aktivitäten.
    Und Schiffe… wir werden neue Schiffe brauchen. Ich stelle mir Handelsbeziehungen zwischen den bevölkerten Nebeln vor, wie zwischen den legendären Städten der alten Erde. Und ich sehe uns Mittel und Wege finden, sogar die Lebensräume der Gravitationswesen zu besuchen…
    Und ich sehe, daß wir eines Tages ein Schiff bauen werden, das uns zurück durch Bolder’s Ring bringt, dem Tor zum Universum der Menschheit. Wir werden zurückkehren und unseren Brüdern von unserem Schicksal berichten…« Dann war Hollerbachs Lebensenergie erschöpft; der ergraute Kopf war auf das schäbige Kissen gesunken, und die Augen hatten sich allmählich geschlossen.

    Als es vorbei war, brachte Rees ihn zur Schleuse; Hollerbachs steife Finger hielten noch immer das Orbitalmodell umklammert. Still übergab er den Leichnam der würzigen Luft und sah ihn davontreiben, bis er vor dem Hintergrund der fallenden Sterne verschwunden war; dann erfüllte er Hollerbachs Wunsch und schleuderte das Orbitalmodell hinaus. Innerhalb weniger Sekunden war es verschwunden.
    Er spürte einen warmen Körper an seiner Seite - Jaen stand schweigend neben ihm. Er nahm ihre Hand, drückte sie sanft, und seine Gedanken beschritten neue, unerforschte Pfade. Nun, da das Abenteuer vorüber war, konnten er und Jaen vielleicht an ein neues Leben denken, an ein eigenes Heim…
    Jaen blieb die Luft weg: Sie zeigte nach oben. »Mein Gott… schau nur!«
    Etwas stürzte vom Himmel. Es war ein kompaktes, blaßgrünes Rad aus Holz, wie ein Baum mit einer zwei Meter durchmessenden Krone. Wenige Meter vor Rees’ Gesicht kam es zum Stillstand und verhielt dort, wobei es schnell rotierend seine Position stabilisierte. Kurze, dicke Extremitäten schlängelten sich aus dem Baum, und irgend etwas, das wie Werkzeuge aus Holz und Eisen aussah, war an verschiedenen Stellen des Randes befestigt. Vergeblich hielt Rees nach den winzigen Piloten des Baumes Ausschau.
    »Bei den Boneys, Rees«, schrie Jaen, »was, zum Teufel, ist das?«
    Vier Augen, blau und erschreckend menschlich, klappten in dem Stamm auf und musterten sie mit einem festen Blick.
    Rees grinste. Das Abenteuer, wurde ihm klar, war alles andere als vorbei.
    Es hatte vielmehr gerade erst begonnen.

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