Abitreff (German Edition)
Es war kurz vor sechs, als Matthias erschöpft die Haustür aufschloss
und sich erst einmal den Schweiß von der Stirn wischte. Fahrradfahren ist zwar
gut für die Kondition und man kann damit auch seine Figur einigermaßen in Form
halten, aber bei Temperaturen um die 30°-Marke ist dieses körperliche
Unterfangen dann doch eine eher transpirationsfördernde Angelegenheit.
Ordentlich stellte er seine Slipper zu den anderen Schuhen, die in dem
kleinen Windfang schon in Reih und Glied versammelt waren. Dem 44-jährigen
Oberamtsrat schlug im Flur die übliche bunte Mischung orientalischer Gerüche
entgegen; die Quelle dieser durchaus positiven Geruchsbelästigung konnte – wie
immer – nur die Küche sein. Der Brillenträger lehnte sich lässig an den Türrahmen
und betrachtete genüsslich den nackten Rücken der Person, die da, nur mit einer
Boxershorts bekleidet, an der Arbeitsplatte stand und Zwiebeln hackte, auf dem
Herd standen zwei Töpfe und eine Pfanne.
„Hast du an den Spinat gedacht?“ Cihad warf einen kurzen Blick über die
Schulter.
Erschrocken fuhr der Leiter des Rechnungsprüfungsamtes zusammen, dachte
er doch, er wäre bisher unentdeckt geblieben. „Habe ich, mein Engel, habe ich!
Allerdings hättest du mir auch sagen können, dass der Penny heute dichtmacht,
die bauen um und sind jetzt schon am Ausräumen. Ich habe nur noch Rahmspinat
bekommen, was anderes gab es nicht mehr. Ich hoffe, das geht in Ordnung.“
„Der ohne Blubb wäre zwar besser gewesen, aber …“ Lachend kam der Sohn
eines Berbers auf seinen Mann zu. „… in der Not … gib schon her!“
Matthias hielt ihm die Packung von Popeyes Lieblingsgemüse hin. „Was
gibt es denn eigentlich?“
„Kichererbsen-Spinat-Suppe.“ Der 22 Jahre junge Marokkaner grinste.
Der Leiter des städtischen Controllings verzog leicht das Gesicht. „Bei
diesem Wetter Spinat?“
„Ist was Leichtes!“ Cihad griff erneut zum Messer.
Matthias ging auf den jungen Mann zu, legte seine Hände auf dessen
Hüften und zog ihn an sich ran. „Wenn ich es mir recht überlege, können wir
auch auf das Essen verzichten und direkt zum Nachtisch übergehen: Ich nehme den
Koch!“
„Du kannst auch wohl nur an das Eine denken!“ Ein gespielter Vorwurf
lag in seiner Stimme.
„Sorry, aber ich bin nur ein Mann und kann nicht anders! Wenn ich dich
sehe, dann …“ Der städtische Beamte ließ seine Finger langsam unter das
Bündchen der Boxer gleiten, zog sie halb nach unten, um die darunterliegenden
Apfelbäckchen zu kneten. „… muss ich einfach daran denken … und wenn ich nicht
daran denke, dann träume ich davon!“
Der hochgewachsene Jüngling entzog sich den Liebkosungen des Älteren
nicht; nein, im Gegenteil, er drückte sich noch stärker an seinen Liebsten,
wollte ihn und seine Wärme doch spüren. Als Matthias dann auch noch seine Zunge
einsetzte, sie auf Cihads Wirbelsäule tanzen ließ, um dann die feuchten Stellen
mit seinem Atem gekonnt zu kühlen, fuhr ein Schauer nach dem anderen durch den
Körper des dunkelhaarigen Sohns der Wüste. Cihad wand sich wie eine Schlange,
denn zur Stimulation auf seinem Rücken kam in dem Moment noch ein zärtliches
Streicheln auf der Vorderseite.
„Schatz! Wenn du so weitermachst, dann … dann …“ Er konnte keinen
klaren Gedanken mehr fassen, denn der Deutsch-Marokkaner nahm jetzt deutlicher
und intensiver den Geruch des Beamten wahr und frischer Schweiß ließ ihn
einfach verrückt werden vor Geilheit. Er brauchte kein Poppers, keine
chemischen Stimulanzien, keine Aphrodisiaka, ihm reichte allein dieser
natürliche Duft, um in Fahrt zu kommen, und er war auf dem besten Wege, den
Zeitplan für den heutigen Abend über den Haufen zu werfen.
„Dann was?“ Matthias hauchte diese Worte mehr als er sie sprach. „Dann
was, Habibi?“
„Dann … dann hätten wir Ulrich und Stefan nicht zum Essen mit
anschließender Urlaubsplanung, sondern gleich zu einer Orgie einladen sollen.“
Auch wenn es ihm mehr als schwerfiel, er ließ von seinem Mann ab und wandte
sich wieder den Töpfen zu.
Die vier Freunde wollten Mitte September in die US of A, aber das
genaue Ziel stand noch nicht fest: der tiefe Süden, der Indian Summer, die
legendäre Route 66 oder Nationalpark-Hopping standen auf der Auswahlliste. Der
Brillenträger verzog belustigt sein Gesicht. „Wie ich Ulrich kenne, würde der
sofort mitmachen, aber Stefan? Der trauert doch noch immer
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