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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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grausam wäre, ihn zum Schweigen zu bringen.
    Ender war nicht angetan, daran erinnert zu werden, daß Novinha ihn verlassen hatte. Er versuchte, diesen Gedanken zu verdrängen, während er sich anderen Problemen widmete – hauptsächlich der Frage, wie Jane überleben konnte. Doch bei Miros Worten kehrte dieses schmerzhafte, der Panik verwandte Gefühl zurück. Sie ist nicht hier. Ich kann nicht einfach etwas sagen, und sie antwortet. Ich kann nicht einfach eine Frage stellen, und sie erinnert sich. Ich kann nicht einfach nach ihrer Hand greifen. Und am schrecklichsten war der Gedanke: Vielleicht werde ich das nie wieder können.
    »Ich glaube schon«, sagte Ender.
    »Du wirst sie wahrscheinlich nicht vergleichen wollen«, sagte Miro. »Schließlich war sie dreißig Jahre lang deine Ehefrau, und Ouanda war vielleicht fünf Jahre lang meine Freundin. Aber das ist nur von der Pubertät an gerechnet. Sie war meine Freundin, meine engste Freundin, von Ela vielleicht einmal abgesehen, seit ich klein war. Wenn du also darüber nachdenkst, war ich die größte Zeit meines Lebens mit Ouanda zusammen, während du nur dein halbes Leben mit Mutter zusammenwarst.«
    »Jetzt fühle ich mich besser«, sagte Ender.
    »Sei nicht sauer auf mich«, sagte Miro.
    »Mach mich nicht sauer«, sagte Ender.
    Miro lachte. »Warum so verdrossen, Andrew?« krächzte er. »Bist du etwas daneben?«
    Das war zuviel. Ender fuhr mit seinem Stuhl herum, wandte sich von dem Terminal ab, auf dem er ein vereinfachtes Modell des Verkürzer-Netzwerks betrachtet und herauszufinden versucht hatte, wo sich in diesem zufälligen Durcheinander vielleicht Janes Seele befinden mochte. Er sah Miro ununterbrochen an, bis der Krüppel zu lachen aufhörte.
    »Tue ich das dir an?« fragte Ender.
    Miro wirkte eher wütend als bestürzt. »Vielleicht solltest du das«, sagte er. »Hast du je darüber nachgedacht? Ihr seid so respektvoll, ihr alle. Laß Miro ja seine Würde. Laßt ihn seinen Gedanken nachhängen, bis er verrückt wird. Sprecht einfach nicht mit ihm darüber, was ihm passiert ist. Bist du nie darauf gekommen, daß ich vielleicht jemanden brauche, der mich aus dieser Ecke holt?«
    »Bist du nicht darauf gekommen, daß ich vielleicht so jemanden nicht brauche?«
    Miro lachte erneut. »Touché«, sagte er. »Du behandelst mich, wie du behandelt werden willst, wenn du trauerst, und nun behandele ich dich, wie ich behandelt werden wir. Wir verschreiben einander unsere eigene Medizin.«
    »Deine Mutter und ich sind noch immer verheiratet«, sagte Ender.
    »Ich will dir was sagen«, entgegnete Miro, »aus der Weisheit meiner vielleicht zwanzig Lebensjahre. Es ist leichter, wenn du dir endlich eingestehst, daß du sie nicht mehr zurückbekommst.«
    »Ouanda ist unerreichbar. Novinha nicht.«
    »Sie ist bei den Kindern des Geistes Christi. Das ist ein Nonnenkloster, Andrew.«
    »Keineswegs«, sagte Ender. »Es ist ein Klosterorden, dem nur Ehepaare beitreten können. Ohne mich kann sie ihm nicht angehören.«
    »Ha«, sagte Miro. »Du kannst sie zurückbekommen, wenn du den Filhos beitrittst. Ich sehe dich schon als Dom Cristao.«
    Ender konnte nicht umhin, über diese Vorstellung zu kichern. »In getrennten Betten schlafen. Die ganze Zeit über beten. Sich nie berühren.«
    »Wenn das eine Ehe ist, Andrew, dann sind Ouanda und ich verheiratet.«
    »Es ist eine Ehe, Miro. Weil die Ehepaare der Filhos da Mente de Cristo zusammenarbeiten, etwas gemeinsam tun.«
    »Dann sind wir verheiratet«, sagte Miro. »Du und ich. Weil wir versuchen, Jane gemeinsam zu retten.«
    »Nur Freunde«, sagte Ender. »Wir sind nur Freunde.«
    »Rivalen ist wohl der bessere Ausdruck. Jane hält uns wie Liebhaber in den Startlöchern.«
    Miro klang zu sehr wie Novinha, als sie Ender Vorwürfe über Jane gemacht hatte. »Wir sind wohl kaum Liebhaber«, sagte er. »Jane ist kein Mensch. Sie hat nicht einmal einen Körper.«
    »Überaus logisch von dir«, entgegnete Miro. »Hast du nicht gerade gesagt, du und Mutter, ihr könntet verheiratet sein, ohne euch jemals zu berühren?«
    Diese Analogie gefiel Ender nicht, denn es schien eine gewisse Wahrheit in ihr zu sein. Hatte Novinha recht gehabt, auf Jane eifersüchtig zu sein, wie sie es so viele Jahre lang gewesen war?
    »Sie lebt praktisch in unseren Köpfen«, sagte Miro. »Das ist ein Ort, an den keine Ehefrau jemals gelangen kann.«
    »Ich hatte immer angenommen«, sagte Ender, »daß deine Mutter auf Jane eifersüchtig war, weil sie

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