Xenozid
Ursachen für diese Kriege, daß sie Kämpfe zwischen Gut und Böse sind. Und jetzt waren sie die ganze Zeit über nichts als planetare Regulation.«
»Nein«, sagte Valentine. »Das Bedürfnis zu kämpfen, der Zorn, das könnte von der Descolada kommen, aber es heißt nicht, daß die Gründe, weshalb ihr kämpft…«
»Der Grund, weshalb wir kämpfen, ist die planetare Regulation«, sagte Pflanzer. »Alles paßt zusammen. Was glaubt ihr, wie wir helfen, den Planeten zu erwärmen?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Ela. »Selbst Bäume sterben schließlich an Altersschwäche.«
»Du weißt es nicht, weil ihr während einer Warmzeit gekommen seid, nicht während einer Kaltzeit. Doch wenn der Winter schlimm wird, bauen wir Häuser. Die Bruderbäume geben sich uns, damit wir Häuser bauen können. Wir alle, nicht nur die, die an kalten Orten leben. Wir alle bauen Häuser, und die Wälder werden um die Hälfte, um drei Viertel reduziert. Wir dachten, das sei ein großes Opfer, das die Bruderbäume dem Stamm zuliebe machen, doch jetzt begreife ich, daß es die Descolada ist, die mehr Kohlendioxyd in der Atmosphäre haben will, um den Planeten zu erwärmen.«
»Es ist trotzdem ein großes Opfer«, sagte Ender.
»All unsere großen Heldenlieder«, sagte Pflanzer. »All unsere Helden. Nur Brüder, die nach dem Willen der Descolada handeln.«
»Na und?« fragte Valentine.
»Wie kannst du das sagen? Ich erfahre, daß unser Leben nichts ist, daß wir nur Werkzeuge sind, die ein Virus benutzt, um das globale Ökosystem zu regulieren, und du sagst ›Na und‹?«
»Ja«, erwiderte Valentine. »Wir Menschen sind nicht anders. Bei uns mag es kein Virus sein, aber wir verbringen die meiste Zeit damit, unserer genetischen Programmierung zu folgen. Nimm die Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Männer neigen von Natur aus zu einer breit gefächerten Reproduktionsstrategie. Da Männer einen fast unbegrenzten Vorrat an Spermien haben und es sie nichts kostet, ihren Samen zu verteilen…«
»Nicht nichts«, sagte Ender.
»… zu verteilen«, fuhr Valentine fort, »besteht ihre vernünftigste Reproduktionsstrategie darin, ihn in jeder verfügbaren Frau zu deponieren – und besondere Anstrengungen zu unternehmen, ihn in den gesundesten Frauen zu deponieren, bei denen es am wahrscheinlichsten ist, daß ihr Nachwuchs ein reproduktionsfähiges Alter erreicht. Rein von der Fortpflanzung her gesehen, täte ein Mann am besten daran, so weit wie möglich herumzuziehen und zu kopulieren.«
»Herumgezogen bin ich«, sagte Ender. »Irgendwie muß ich das Kopulieren verpaßt haben.«
»Ich spreche von allgemein gültigen Trends«, sagte Valentine. »Es gibt immer seltsame Individuen, die die Normen nicht befolgen. Die weibliche Strategie ist genau umgekehrt, Pflanzer. Anstelle von Abermillionen Spermien haben sie nur ein Ei im Monat, und jedes Kind stellt eine gewaltige Investition dar. Also brauchen Frauen Stabilität. Sie müssen sicher sein, immer genug Nahrung zu bekommen. Einen Großteil der Zeit über sind wir relativ hilflos und unfähig, Nahrung zu sammeln oder zu suchen. Wir Frauen ziehen also nicht herum, sondern bleiben an Ort und Stelle und gründen eine Familie. Wenn wir das nicht können, besteht unsere nächstbeste Strategie daraus, uns mit dem stärksten und gesundesten zur Verfügung stehenden Mann zu paaren. Aber am besten ist es, einen starken, gesunden Mann zu haben, der bei uns bleibt und für uns sorgt, anstatt herumzuziehen und frei zu kopulieren.
Männer werden also zweierlei Druck ausgesetzt. Der eine besteht darin, ihren Samen zu verbreiten, der andere, anziehend auf Frauen zu wirken, indem sie stabile Versorger sind – indem sie also das Bedürfnis unterdrücken, herumzuziehen und sich gewaltsam fortzupflanzen. Genauso sind die Frauen zweierlei Druck ausgesetzt. Der eine besteht darin, den Samen des stärksten, lebenstüchtigsten Mannes zu bekommen, damit ihre Kinder gute Gene bekommen; daher wirken die starken, gewalttätigen Männer attraktiv auf sie. Der andere besteht darin, den Schutz des ausgeglichensten, gewaltlosesten Mannes zu bekommen, damit er ihre Kinder beschützt und für sie sorgt und so viele wie möglich von ihnen ein fortpflanzungsfähiges Alter erreichen.
Unsere gesamte Geschichte, alles, was ich auf meinen Wanderungen als reisende Historikerin gefunden habe, bevor ich mich von meinem Bruder löste und eine Familie gründete – all das kann man dahingehend interpretieren, daß die
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