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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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Nebenprodukt«, sagte Miro.
    »Was haben sie mit der Seele zu tun?« fragte Valentine.
    Miro wollte schon antworten, doch dann ärgerte er sich über etwas, anscheinend über den Gedanken, mit seinem langsam arbeitenden, sich ihm widersetzenden Mund eine lange Rede zu halten. Sein Kiefer arbeitete, die Lippen bewegten sich leicht. »Ich kann es nicht«, sagte er dann.
    »Wir hören zu«, sagte Valentine. Sie verstand sein Zögern, mit den Begrenzungen seiner Sprachfähigkeit einen ausführlichen Exkurs abzuhalten, doch sie wußte auch, daß er es trotzdem tun mußte.
    »Nein«, sagte Miro.
    Valentine hätte versucht, ihn zu überreden, doch sie sah, daß sich seine Lippen noch bewegten, obwohl nur leise Geräusche über sie kamen. Murmelte er vor sich hin? Fluchte er?
    Nein – sie wußte, daß es das ganz und gar nicht war.
    Sie brauchte einen Augenblick, bis sie begriff, wieso sie sich so sicher war. Sie hatte gesehen, wie Ender genau dasselbe tat, die Lippen und den Kiefer bewegte, als er in das Juwel, das er in seinem Ohr trug, eingebauten Computerterminal subvokale Befehle erteilte. Natürlich: Miro hatte dieselbe Computerverbindung wie Ender, und so sprach er mit ihm auf dieselbe Art.
    Nach einem Augenblick wurde klar, welchen Befehl Miro seinem Juwel gegeben hatte. Es mußte mit dem Schiffscomputer verbunden sein, denn unmittelbar darauf erhellte sich einer der Bildschirme, und Miros Gesicht erschien darauf. Nur, daß von der Unbeweglichkeit, die Miros Gesicht in Wirklichkeit entstellte, nichts zu sehen war. Valentine begriff: Es war Miros Gesicht, wie es früher einmal gewesen war. Und als das Computerabbild sprach, war die Stimme, die aus den Lautsprechern drang, ebenfalls Miros Stimme, wie sie früher einmal gewesen war – klar. Stark. Intelligent. Schnell.
    »Ihr wißt, wenn sich Philoten zusammenfügen, um eine dauerhafte Struktur zu bilden – ein Meson, ein Neutron, ein Atom, ein Molekül, einen Organismus, einen Planeten – verknüpfen sie sich.«
    »Was ist das?« fragte Jakt. Er hatte noch nicht herausbekommen, warum der Computer das Reden übernommen hatte.
    Miros Computerabbild erstarrte auf dem Bildschirm und verstummte. Miro selbst antwortete. »Ich habe damit darumgespielt«, sagte er. »Ich sage ihm etwas, und er erinnert sich daran und spricht für mich.«
    Valentine versuchte sich vorzustellen, wie Miro experimentiert hatte, bis das Computerprogramm sein Gesicht und die Stimme richtig hinbekommen hatte. Wie anregend mußte es gewesen sein, sich selbst neu zu schaffen, wie er seiner Meinung nach sein sollte! Und auch wie quälend, zu sehen, was er hätte sein können, und zu wissen, daß es niemals Wirklichkeit werden konnte. »Was für eine kluge Idee«, sagte Valentine. »Eine Art Prothese für die Persönlichkeit.«
    Miro lachte – ein einziges »Ha!«
    »Mach weiter«, sagte Valentine. »Ob du nun selbst sprichst oder der Computer für dich spricht, wir werden zuhören.«
    Das Computerbild erwachte wieder zum Leben und sprach erneut mit Miros starker eingebildeter Stimme. »Philoten sind die kleinsten Bausteine aus Materie und Energie. Sie haben keine Masse oder Dimension. Jedes Philot verbindet sich mit dem Rest des Universums an einem einzigen Strang, einer eindimensionalen Linie, die es mit allen anderen Philoten in in ihrer kleinsten augenblicklichen Struktur verbindet – einem Meson. All diese Stränge der Philoten in diesem Gebilde sind zu einem einzigen Philotenfaden verschlungen, der das Meson mit dem nächstgrößeren Gebilde verbindet – einem Neutron zum Beispiel. Die Fäden im Neutron verschlingen sich zu einem Band, das sie mit all den anderen Partikeln des Atoms verbindet, und die Bänder des Atoms verschlingen sich zu dem Seil des Moleküls. Das hat nichts mit Kernkräften oder Schwerkraft zu tun, nichts mit chemischen Verbindungen. Soweit wir wissen, tun die philotischen Verbindungen gar nichts. Sie sind einfach da.«
    »Aber die einzelnen Stränge sind immer da, immer in den Verschlingungen präsent«, sagte Valentine.
    »Ja, jeder Strang setzt sich ewig fort«, antwortete der Bildschirm.
    Es überraschte sie und auch Jakt, daß der Computer imstande war, augenblicklich auf Valentines Worte zu reagieren. Es handelte sich nicht nur um einen vorbereiteten Vortrag. Es mußte sowieso ein ausgeklügeltes Programm sein, wenn es Miros Gesicht und Stimme so gut nachahmen konnte; aber daß es nun antwortete, als ahme es Miros Persönlichkeit nach…
    Oder hatte Miro dem

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