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Xenozid

Xenozid

Titel: Xenozid Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Card Orson Scott
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fast augenblicklich den Lebenslauf der betreffenden Person geben – Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft, die Eltern, Größe und Gewicht bei der letzten medizinischen Untersuchung, Schulnoten.
    Aber das alles sind unverlangte Informationen und für sie nur Hintergrundgeräusche. Jane weiß, daß es sie gibt, doch sie bedeuten ihr nichts. Sie nach Han Qing-jao zu fragen, hätte in etwa dieselbe Bedeutung, als fragte man Jane nach einem bestimmten Wasserdampfmolekül in einer fernen Wolke. Das Molekül ist mit Sicherheit vorhanden, doch es unterscheidet sich nicht von den Millionen anderer in seiner unmittelbaren Umgebung.
    Das traf bis auf den Augenblick zu, da Han Qing-jao ihren Computer benutzte, um sich Zugang zu allen Berichten über das Verschwinden der Lusitania-Flotte zu verschaffen. Danach stieg Qing-jaos Name auf Janes Aufmerksamkeitsebenen mehrere Stufen nach oben. Jane erstellte ein Verzeichnis von allem, was Qing-jao ihren Computer abfragte. Und ihr wurde schnell klar, daß Qing-jao, obwohl sie erst sechzehn Jahre alt war, ihr ernsthafte Schwierigkeiten machen konnte. Denn Qing-jao war keiner Bürokratie verpflichtet, ging ihr Projekt mit keinerlei ideologischem Ansatz an und warf einen breiteren und daher gefährlicheren Blick auf alle Informationen, die die menschlichen Nachrichtendienste bislang gesammelt hatten.
    Warum war dies so gefährlich? Hatte Jane Spuren hinterlassen, die Qing-jao finden würde?
    Nein, natürlich nicht. Jane hinterließ keine Spuren. Sie hatte in Erwägung gezogen, einige zu hinterlassen, um das Verschwinden der Lusitania-Flotte wie Sabotage, mechanisches Versagen oder eine Naturkatastrophe aussehen zu lassen. Doch sie mußte diese Idee wieder aufgeben, da sie keinerlei physischen Hinweise fabrizieren konnte. Sie konnte lediglich irreführende Daten in Computerbanken hinterlassen, die jedoch keinerlei physikalische Entsprechungen in der wirklichen Welt gehabt hätten. Daher hätte jeder halbwegs intelligente Wissenschaftler schnell gemerkt, daß es sich bei diesen Hinweisen um gefälschte Daten handeln mußte. Daraufhin hätte er die Schlußfolgerung gezogen, daß das Verschwinden der Lusitania-Flotte von irgendeiner Organisation herbeigeführt worden sein mußte, die einen unvorstellbar detaillierten Zugang zu den Computersystemen besaß, in denen die falschen Daten enthalten waren. Dies würde mit Sicherheit dazu führen, daß die Menschen sie viel schneller entdeckten, als hätte sie überhaupt keine Spuren hinterlassen.
    Es war eindeutig am vorteilhaftesten, keine Spuren zu hinterlassen; und bis Han Qing-jao mit ihren Nachforschungen begann, hatte auch alles geklappt. Eine jede ermittelnde Behörde suchte nur dort, wo sie immer suchte. Die Polizei zahlreicher Planeten überprüfte alle bekannten Dissidenten-Gruppen (und folterte mitunter verschiedene Dissidenten, bis sie sinnlose Geständnisse machten, woraufhin die Behörden Abschlußberichte verfaßten und den Fall als gelöst bezeichneten). Das Militär suchte nach Anzeichen militärischer Opposition – besonders nach außerirdischen Sternenschiffen, da das Militär die Invasion der Krabbler vor dreitausend Jahren genau in Erinnerung behalten hatte. Wissenschaftler suchten nach Anzeichen unerwarteter, unsichtbarer astronomischer Phänomene, die entweder die Zerstörung der Flotte oder den teilweisen Zusammenbruch der Verkürzer-Kommunikation erklären konnten. Die Politiker suchten nach jemandem, dem sie die Schuld in die Schuhe schieben konnten. Niemand stellte sich vor, daß es Jane geben konnte, und daher fand sie auch niemand.
    Doch Han Qing-jao nahm eine genaue Durchsicht der Daten vor und setzte sorgfältig und präzise alles zusammen. Früher oder später mußte sie einfach auf Indizien stoßen, die Janes Existenz bewiesen – und damit vernichteten. Dieser Beweis bestand, einfach ausgedrückt, aus Mangel an Beweisen. Niemand sonst konnte es sehen, weil niemand sonst seine Nachforschungen vorurteilsfrei und methodisch genug durchführte.
    Jane konnte jedoch nicht wissen, daß Qing-jaos anscheinend unmenschliche Geduld, die peinliche Genauigkeit, mit der sie Detail für Detail untersuchte, die ständigen Umprogrammierungen und Abänderungen der Computersuche, daß all dies das Ergebnis endloser Stunden war, die sie auf einem Holzboden kniend verbracht hatte, um sorgfältig eine Linie im Holz vom einen Ende des Brettes zum anderen zu verfolgen. Jane konnte nicht einmal ahnen, daß die große Lektion, die die Götter

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