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Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung

Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung

Titel: Xperten - e-Smog: Elektromagnetische Umweltverschmutzung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Maurer
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Eindruck von Geld, Vermögen, Macht. Große Gemälde an den Wänden, schwarze Lederstühle, die neu riechen. Was wird sie zu einem Mann – ihrem Vater – sagen, den sie seit mehr als fünfzehn Jahren nicht gesehen hat?
    Sie hat einige Einführungsfloskeln eingeübt, aber als sie dann in seinem Büro vor ihm steht, bringt sie nur drei einfache Worte hervor: »Wo warst du?«
    »Bitte, setz dich, Evette«, sagt der Fremde, ihr Vater. Unsicher setzen sie sich, beide wissen nicht so recht, was sie sagen sollen. »Paul ist tot«, flüstert sie.
    »Ich weiß.«
    Ihr Vater sieht aus dem Fenster. Sein Gesicht hebt sich blass vom Dunkelblau seines Armani-Anzugs ab. Seine Hand zittert, als er ein Glas Wasser nimmt und ein paar Schluck trinkt.
    »Warum bist du gegangen?«, fragt sie.
    Er antwortet mit einer Reihe von Ausreden. Schließlich wiederholt sie ihre Frage: »Warum bist du gegangen?«
    Ihr Vater holt tief Luft und beginnt dann langsam: »Paul war krank. Er war immer krank. Nach dem Ausschließungsverfahren kam deine Mutter zu dem Schluss, sie hätte die Ursache auf Computer, Elektrogeräte, Elektronik usw. eingegrenzt … und ich konnte sie nicht vom Gegenteil überzeugen. Sie war besessen von der Idee der elektromagnetischen Strahlung. Wir haben unsere Waschmaschine weggegeben, den Trockner, Mixer, Toaster, Haarföhn, die Fernseher, Stereoanlagen, einfach alles, was elektrisch war. Wir übersiedelten nach Nimbin und änderten unseren Lebensstil komplett. Es war nicht der Stil, den ich bevorzuge, aber ich war gewillt, es zu versuchen.«
    Nach einer kurzen Pause fährt er fort: »Es begann, endgültig bergab zu gehen, als sie mir verbot, meinen Laptop und meinen e-Helper ins Haus mitzunehmen. Ich arbeitete immer noch im Büro in Gold Coast, die Fahrt zur Arbeit war also recht lang. Ich hatte vor, drei Tage die Woche von zu Hause aus Telearbeit zu machen, aber wie sollte das gehen ohne Computer und ohne Telefon? Also wohnte ich während der Woche in einem Hotel in Gold Coast und kam nur mehr am Wochenende nach Hause. Aber bald sah sie mich an, als wäre ich infiziert – als ob ich den e-Smog mit nach Hause bringen würde. Also blieb ich immer länger weg …«
    Seine Stimme erstirbt.
    Evette hat das Bedürfnis zu gehen. Sie kann kaum atmen. Sie steht auf und geht zur Tür, aber ihr Vater hält sie zurück. Sie sehen sich schweigend in die Augen, dann gehen sie gemeinsam zur Tür hinaus. Ziellos streifen sie stundenlang durch Sydney und reden.
    Beim Abendessen ist Evette so weit, ihn zu fragen, ob er mit ihr nach Hause gehen wird. Es ist ihm sichtlich unangenehm, als er erklärt, dass er glücklich wiederverheiratet ist mit einer wunderbaren Frau und zwei kleine Kinder hat.
    Diese Information bringt Evette erneut ins Wanken. In wenigen Stunden hat sie ihren Vater gefunden, von dem sie angenommen hatte, er wäre tot, und nun hat sie ihn wieder verloren. Er lebt ein neues Leben mit einer neuen Familie und sie gehört nicht dazu. Sie kämpft damit, diese neue Realität anzuerkennen. Während der ganzen Zeit, als sie mit ihrem Vater beisammen ist, scheinen die Worte ihrer Mutter sie zu verhöhnen. Vielleicht hätte Evette die Dinge einfach ruhen lassen sollen?
    Sie fragt ihn, ob sein Unternehmen jemals Forschung im Bereich der elektromagnetischen Umweltverschmutzung betrieben habe. Er antwortet, sie hätten Untersuchungen gemäß der staatlichen Sicherheitsanforderungen durchgeführt. Alle ihre Produkte beachten die empfohlenen Standards.

    Als Evette das Thema e-Smog verstärkt weiterdiskutieren will, beginnt sich das zarte Band des Verstehens, das sich zwischen ihnen aufgebaut hat, wieder aufzulösen. Sie spricht von der Untersuchung des kombinierten Effektes von elektrischen Geräten, über ihre Forschungsarbeit und die Interviews, die sie durchgeführt hat. Wenn die Ergebnisse Hinweise auf gesundheitliche Schädigung durch e-Smog ergeben würden, dann würden die Produkte seiner Firma vielleicht nicht mehr den »empfohlenen Standard« erfüllen. Die Auswirkungen auf die Gesundheit der Bevölkerung wären gewaltig und kostspielig. Das Gesicht ihres Vaters rötet sich vor Zorn, aber nur kurz. Genauso schnell setzt er seine öffentliche, geschäftsmäßige Maske auf. Alle Emotion weicht aus seinem Gesicht.
    Sobald sie über e-Smog reden, ist es für Evette klar ersichtlich, dass sie nicht mehr seine Tochter ist. Sie wird zur Bedrohung seines Geschäfts – seines Einkommens, seines Lebensstils. Sie sieht seinen teuren

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