Xperten - Kampf dem grossen Bruder
muss dann mit Küssen (oder anderen Aktionen) abgegolten werden. So wird es ihnen möglich, fast jeden Winkel des Clubs zu erkunden, ohne dass jemand etwas dabei findet. Auch wenn sie in »Tabuzonen« eindringen, ernten sie nur ein Lächeln oder fallweise ein freundliches »Hier bitte nicht«. Sie sind jetzt schon vier Tage im Club und haben nur noch 6 Tage bis zu ihrer Abreise.
Am Pier 3, Anlegeplatz 19, wo sie noch nie eine Jacht gesehen haben (der Platz liegt auch nicht günstig), findet Harry ein Stück Elektronik, von dem er sicher ist, dass es Teil einer Minidrohne ist. Er meldet dies sofort nach Auckland. Kurz darauf hat er eine Antwort vom Chef seiner Abteilung, Klaus Baumgartner: »Gratuliere, aber ab jetzt besonders vorsichtig sein.«
Helen erkundigt sich beiläufig, wem die Anlegestelle 19 am Pier 3 gehört. Die Frage löst etwas Verwunderung aus, da auch die anliegenden bisher nie belegt waren. Helen windet sich mit Mühe heraus, indem sie sagt, 19 sei ihre Glückszahl, und dort habe sie daher auch das Maskottchen besonders rasch gefunden.
»Der Besitzer dieser Anlegestelle ist ein komischer Kauz, ein Europäer mit etwas chinesischem Blut, der die größte Jacht im Hafen hat, damit immer wieder unterwegs ist und uns ziemlich ignoriert. Es tut uns leid, dass wir ihn aufgenommen haben. Er hat uns aber soviel Geld angeboten, dass wir zustimmten, und Pier 3, vor allem die Nummern höher als 6, sind ohnehin unbeliebt, weil man einen schlechten Zugang hat. Warum er mit all seinem Geld gerade die zweitschlechteste Nummer 19 wählte, ist uns allen ein Rätsel. Aber wir kennen den Kerl kaum, er ist uns insgesamt ein Rätsel. Nein, wenn ich ehrlich bin, kein Rätsel. Er ist uns einfach gleichgültig und wir profitieren von seinen hohen Zahlungen.«
Harry und Helen merken, dass sie besser keine weiteren Fragen stellen sollten. Ihr Versuch, den Namen des Mieters von 03/19 zu erfahren, wird unwillig ignoriert. Niemand scheint ihn zu wissen.
Nun interessieren sie sich für den Kauf einer Jacht, fragen nach den Bedingungen einer Mitgliedschaft im Jachtclub und der Anmietung eines Anlegeplatzes. Sie sind inzwischen so bekannt und beliebt, dass sie sich vor Ratschlägen kaum retten können, aber gerade deshalb größte Probleme haben, in das Clubverzeichnis mit Namen und Anlegeplätzen Einsicht zu erhalten! »Wir machen das schon für euch,« heißt es immer wieder. Harry gelingt es schließlich, mit genügend Bestechungsgeld versteht sich, das Club-Hauptverzeichnis einzusehen. Der Name des gesuchten Besitzers ist Francis Tschau und er wohnt in Singapur in der Orchard Road.
Harry gibt alle Informationen an sein Einsatzzentrum in Auckland weiter. Es ist ein Zufall, dass Klaus Baumgartner diese Meldung nie abruft. Zwar ist auch ihm der Name Francis Tschau nicht bekannt, doch vielleicht hätte ihn die Tatsache, dass der Mann unbedingt einen isolierten Liegeplatz für seine Jacht haben wollte, neugierig gemacht. Ihm wäre der Mann über das übermittelte Bild durch seine eigentümlichen, hellbraunen stechenden Augen irgendwie bekannt vorgekommen.
Francis Tschaus Identität ist erst vor zwei Jahren, in der berühmten Machas Klinik in Mexiko City, geboren worden. Er musste untertauchen und die auf Verschönerung und Gesichtsoperationen spezialisierte Klinik war insofern ideal, als man dort nicht nur ein neues Aussehen sondern auch gleich einen neuen Namen und den dazugehörigen Pass kaufen konnte. So war aus dem Europäer durch Straffung der Haut, durch Implantate zur Ausprägung der Backenknochen, durch den Einsatz pigmenterzeugender Drogen und durch das Liften seiner äußeren Augenpartien eine neue Person mit chinesischen Zügen entstanden. Schwarz gefärbte Haare mit Stoppelfrisur, eine Brille und die Auswahl der Kleidung sorgten dafür, dass sich Tschau sicher sein kann, von niemanden aus seinem ‚früheren Leben’ erkannt zu werden. Es sei denn, über eine nur wenigen Menschen bekannte Narbe am Oberschenkel oder über seine Stimme. Dass seine ursprüngliche Identität bei einem Unfall in Mexiko ums Leben kam, war sicher auch nützlich. Niemand wird Nachforschungen anstellen, denkt er. Aber wenn doch, hat er auch für diesen Fall Vorkehrungen getroffen!
3
Helen und Harry fahren so rasch wie möglich zur angegebenen Adresse in die Orchard Road. Dort gibt es nur ein Einkaufszentrum. Die Adresse ist falsch!
»Die Adresse ist falsch«, berichten sie kurz nachher dem vorher bestochenen Angestellten des
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