You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
Zimmer. Er hatte sich ein wenig beruhigt, doch ich spürte noch, wie es in ihm brodelte. Er versuchte die Aufregung zu überspielen und sich mit einem Animationsprojekt abzulenken, an dem er schon seit einiger Zeit arbeitete.
„Bist du okay?“
Sein Kopf war vornübergebeugt. Er antwortete nicht. „Wir müssen das jetzt durchstehen“, versuchte ich ihn zu ermutigen.
Er schaute auf, ich blickte in seine Augen und sah den kleinen Michael, der sich im Hotelzimmer versteckt und nicht mit dem Flugzeug durch den nächsten Sturm fliegen will. Verängstigt. Verloren. Rebbie erzählte mir später, dass sie ihn als „geistesgestört“ empfunden habe, eingeengt vom Wahnsinn der ganzen Situation, gegen die er sich nicht zur Wehr setzen konnte. Michael sah mir direkt in die Augen. „Ich habe nichts getan – ich habe doch gar nichts getan!“
„Das wissen wir“, versuchte ich ihn zu beruhigen. „Das wissen wir.“
„Warum? Werden sie mich verhaften? Weswegen denn? Das können sie mir doch nicht antun! Ich habe doch gar nichts gemacht …“ Er hastete nervös durch das Zimmer. Mittlerweile waren Rebbie und Randy angekommen. Mutter befand sich auch auf dem Weg. Rebbie bückte sich und begann das ganze Durcheinander aufzuräumen. Eine unangenehme Stille hatte sich ausgebreitet. Aus dem Telefonhörer hörte ich das Piepen des Besetztzeichens. Draußen versammelte sich schon die Meute der Paparazzi. In der Luft schwebten „die Augen des Himmels“. Dann erhielten wir vom Hotelmanagement die Benachrichtigung, dass sich die anderen Gäste durch den Medienandrang belästigt fühlten. Wir wurden gefragt, ob „wir es in Erwägung ziehen könnten, das Hotel zu verlassen“. Wir machten uns sofort zur Green Valley Ranch auf. Alles hatte sich so schnell abgespielt, und wir spürten nur noch diesen überwältigenden Druck.
Michael erstaunte mich dann erneut, denn nach seinem Ausraster fing er sich sehr rasch wieder und riss sich – zum Wohle der Kinder, die er schnell wieder traf – zusammen. Kinder haben ein intuitives Gespür, und sie stellten ihm unaufhörlich Fragen. Michael versicherte ihnen, dass alles wieder okay sein werde, obwohl er das selbst gar nicht wissen konnte. Er hielt Paris ganz fest in den Armen, und sie drückte ihn. Mein Bruder schloss die Augen und unterdrückte die Tränen.
Du musst jetzt ganz tapfer sein, kleiner Bruder. Du musst jetzt kämpfen!
An dem Tag nach der Razzia hielt Bezirksstaatsanwalt Tom Sneddon eine Pressekonferenz ab, auf der er erklärte, dass ein Haftbefehl ausgestellt worden sei. Der Grund hierfür liege in „zahlreichen Fällen von Kindesmissbrauch“, der Michael zur Last gelegt werde. Er appellierte an meinen Bruder, sich zu stellen und seine Ausweise abzugeben.. Dadurch versuchte er ihm einen möglichen Fluchtversuch zu unterstellen, was wirklich nicht nötig gewesen wäre.
Sneddon offenbarte den Namen des Anklägers nicht, doch jeder wusste, dass es sich um Gavin Arvizo handelte. Den Behauptungen des Jungen nach war er missbraucht und gegen seinen Willen festgehalten worden. Er sollte angeblich im Rahmen der schadensbegrenzenden Aktivitäten nach Ausstrahlung der Bashir-Dokumentation kooperieren. Sneddon wollte eine Jury davon überzeugen, dass Michael und seine „Verbündeten“ dafür verantwortlich waren, und zwar zu einem Zeitpunkt, als sich die Augen der Öffentlichkeit auf die Freundschaft der beiden richteten – und nicht davor, als niemand Gavin kannte. Sneddon stand vor unzähligen Mikrofonen und erklärte, dass die Kaution auf drei Millionen Dollar festgesetzt worden sei und die maximale Gefängnisstrafe für die mutmaßlichen Straftaten sich auf acht Jahre belaufen könne. Seine Rede, die so lang war wie die des Präsidenten zur Lage der Nation, schien gar nicht mehr enden zu wollen. Nachdem er Rechtfertigungsversuche angestellt hatte, dass sich dieser Fall von den Anschuldigungen 1993 unterscheide, stellte er sich den Fragen der Journalisten.
„Muss Michael befürchten, dass ihm die Kinder weggenommen werden?“, brüllte ein Reporter.
„Die Entscheidung steht nur einem Jugendgericht zu“, antwortete Sneddon.
Du verdammtes A********. Na los, quäl Michael doch noch mehr. Bring ihn zum Grübeln. Soll er sich ruhig ausmalen, vielleicht seine Kinder zu verlieren – die ihm doch wichtiger sind als alles andere auf der Welt.
„Gibt es noch weitere Opfer?“
„Wir möchten die Öffentlichkeit dazu ermutigen, sich zu melden, falls sie Informationen
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