You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
über andere Opfer in dem Bezirk haben.“
Du hast nichts! Darum lädst du auch andere dazu ein, auf den Zug aufzuspringen.
„Falls Michael Jackson oder seine Angehörigen die Übertragung sehen – was möchten Sie ihnen mitteilen?“
„Komm rüber und check ein!“, spottete Sneddon. Die Journalisten brachen in schallendes Gelächter aus. Doch ein Vertreter ihrer Zunft setzte noch einen drauf und sprach den Ermittlungsbeamten an. „Entschuldigen Sie bitte, diese Frage ist noch nicht gestellt worden. Sheriff, servieren Sie den Medienvertretern nach der Pressekonferenz ein ordentliches Mittagessen?“
„Sie wissen offensichtlich nicht, dass das unser Budget übersteigen würde“, antwortete der. Noch mehr Gelächter.
„Was würden Sie Eltern raten, die ihre Kinder Neverland besuchen lassen?“
„Lassen Sie das bloß sein“, antwortete Sheriff Jim Anderson. Noch viel mehr Gelächter. Mittlerweile hatte sich die Pressekonferenz in eine scherzhafte Frage- und Antwortrunde verwandelt.
Man sagt, dass der Ruhm eine Person entmenschlicht, doch ich glaube, dass das bei Behördenvertretern noch im größeren Ausmaß zutrifft.
Während alle lachten, musste ich an Michael denken – wie er zusammengesunken in seinem Stuhl kauerte oder rastlos durch die Zimmer ging und dabei kaum einen klaren Gedanken fassen konnte, Paris im Arm haltend. Ich dachte an Mutter, die betete und weinte. Ich sah Rebbie, wie sie die Trümmer von Sneddons Werk zusammenkehrte. Ich spürte die sich zusammenbrauende Wut in meiner Magengegend. Dann, um noch einen draufzusetzen, erinnerte der Bezirksstaatsanwalt die Reporter: „Ich hoffe, Ihr bleibt lange am Fall und gebt viel Geld aus, denn durch die Verkäufe der Zeitungen werden unsere Büros finanziert.“ Das sollte wohl auch ein Witz sein.
Doch er hatte Michael unterschätzt. Während der letzten 24 Stunden hatte der wohl jede nur erdenkliche Emotion durchlebt. So zögerlich er in Bezug auf die Kooperation mit den Beamten war, denen er nicht vertraute – jetzt sprach er von seinem Wunsch, vor Gericht zu treten. Michael wusste, dass er mit der außergerichtlichen Einigung 1994 eine Tür offen gelassen hatte, durch die der Ärger schnell wieder eindringen konnte. Er sagte: „Es war ein schlechter Ratschlag, und ich wusste es schon damals. Nun werde ich ihnen beweisen, was ich ihnen schon damals beweisen wollte – dass ich unschuldig bin.“
Sneddon hatte vermutlich vergessen, dass Michael 1993 ein Strafrechtsverfahren anstrebte, doch der Richter es untersagt hatte. Doch wie Michael immer meinte: „Lügen sind Sprinter, aber die Wahrheit ist ein Marathonläufer.“ Und diese Wahrheit lief nun schon seit zehn Jahren und nahm nun Geschwindigkeit auf.
Michael flog mit seinem Privatjet nach Santa Barbara, wo ihn die Polizei nach Absprache an einem Flughafenhangar erwartete. Jede Bewegung meines Bruder wurde in voller Länge im Fernsehen übertragen: der Start, seine Landung, die Fahrt zum Polizeigebäude und die Ankunft – in Handschellen. Als er aus dem Polizeiwagen stieg, zerrte er demonstrativ an den hinter seinem Rücken angebrachten Handschellen. Es war eine Geste, gerichtet an den Nachrichtenhubschrauber, die ausdrücken sollte: „Seht alle her! Seht, was sie mit mir machen!“ Die Welt musste das wissen.
Natürlich wollte ich erfahren, wie die Berichterstattung lief. Einige Familienmitglieder konnten es nicht ertragen, doch ich schaltete den Fernseher an, um mir CNN anzuschauen. Die Hauptberichterstatterin Kyra Phillips saß mit einem blonden Mädchen von Entertainment Tonight und einem Gerichtsexperten zusammen. Die beiden Gäste sonderten verunglimpfende Kommentare ab und verdammten meinen Bruder. Zuerst die Sneddon-Show. Dann die Handschellen. Und nun saßen da noch zwei quotenversessene „Experten“, die vorgaben, informiert zu sein. Möglicherweise reagierte ich übersensibel, aber die Art von spekulativer Meinungsbildung war ein Medienschauspiel, das die Öffentlichkeit ernst nahm und das mich rasend machte.
Der letzte Tiefschlag kam in Form eines Kommentars der Blonden, die sich herablassend über unsere Familie äußerte. Ich rastete aus und schlug mit voller Kraft in den Bildschirm, der in tausend kleine Teile zerbarst. Danach rief ich bei CNN an und verlangte eine Gegendarstellung meinerseits. In unserer Familie läuft das so ab: Wenn einer von uns verletzt wird, verletzt man uns alle.
Ich denke, Kyra Phillips glaubte bei dem ganzen Tumult nicht daran, dass ich
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