You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
Robinson & The Miracles oder Major Lance (dessen Keyboarder ein damals noch unbekannter Musiker namens Reggie Dwight war, heute besser bekannt unter dem Namen Sir Elton John).
Michael sprach später oft von dem „Spaß“, den wir in unserem kleinen Zimmer hatten. Ich glaube, er sehnte sich nach dieser Zeit zurück, als er gewissermaßen jeden Abend bei seinen Brüdern übernachtete. Wenn wir später als Erwachsene bei Familientreffen zusammenkamen oder auch wenn nur wir Brüder uns sahen, dann saßen wir meist im kleinsten Raum zusammen, ganz instinktiv, bis uns einmal jemand darauf aufmerksam machte, dass es doch irgendwie ein bisschen komisch war, sich in Häusern wie Neverland oder Hayvenhurst ausgerechnet im kleinsten Winkel zusammenzuquetschen. Aber offenbar fanden wir das Gefühl schön, so eng beieinander zu sein. Es fühlte sich vertraut an, wie „zu Hause“.
Auch etwas anderes wurde uns erst im Erwachsenenalter klar: Mutter und Joseph hatten abends in ihrem Schlafzimmer auf der anderen Seite des Flurs gelegen und durch die Wand hindurch gehört, wie wir alle sangen, vom dreijährigen Michael bis zum elfjährigen Jackie. „Die ganze Nacht haben wir euch singen hören, und morgens auch“, erinnerte sich Mutter später. Aber ich glaube, dass Joseph das damals noch nicht mit seinem kalifornischen Traum in Verbindung brachte. Das kam erst, als Tito seine geliebte Gitarre kaputtmachte – und wir um unser Leben singen mussten.
Joseph hatte einen dunkelbraunen Buick, der wie ein zorniger Fisch aussah, wenn er auf einen zugerollt kam. Scheinwerfer, Kühlergrill und die leicht spitz zulaufende Haube ergaben zusammen das Bild eines furchteinflößenden Gesichts, das die Zähne fletschte. Ich weiß nicht, ob damals wirklich Autos mit Motoren gebaut wurden, die schnurrten, aber dieses Auto schnurrte ganz sicher nicht, genauso wenig wie Joseph selbst!
Rückblickend hat es etwas Komisches, dass dieser „zornige Fisch“ unser Frühwarnsystem war, das ankündigte, wenn unser Vater sich dem Haus näherte. Wenn wir draußen auf der Straße spielten und einer von uns die grimmige Fratze in der Ferne auftauchen sah, brüllte er: „Aufräumen! Schnell aufräumen!“ Wir ließen alles stehen und liegen, rannten ins Haus und machten schneller als Mary Poppins mit ihrem Zauberstab in unserem Zimmer Klarschiff. In der Eile schnappten wir alle herumliegenden Kleidungsstücke und schoben sie zusammengerollt in den Schrank oder in die Schubladen der Kommode, einfach irgendwohin, ohne sie zusammenzulegen. „Das habe ich euch nicht so beigebracht“, pflegte Mutter uns sanft zu rügen, wenn sie wieder einmal einen Haufen Kleider in einem Laken zusammengepackt in der hintersten Schrankecke entdeckte. Uns ging es indes einfach nur darum, dass oberflächlich alles sauber und ordentlich war: Solange der erste Eindruck stimmte, waren wir aus dem Schneider. Außerdem wussten wir, dass Mutter, wenn wir in der Schule waren, in unser Zimmer gehen, alles ordentlich zusammenlegen und wegpacken würde, ohne ein Wort zu sagen.
Es ist kein Wunder, dass Michael und ich später als Erwachsene unsere Klamotten dort liegen ließen, wo wir sie gerade ausgezogen hatten, und wir beide führten denselben Grund zu unserer Verteidigung an: Wenn man in seiner Kindheit mit vielen Brüdern sein Zimmer teilt, dann kann man sich auch im größten Durcheinander perfekt orientieren und weiß genau, wo sich die eigenen Sachen befinden. Bei Mutter kamen wir jedenfalls mit weitaus mehr durch. Sie war auch streng, keine Frage, und wenn wir uns nicht gut benahmen, dann bekamen wir auch von ihr gelegentlich mal eine kräftige Ohrfeige. Aber Mutter blieb doch eher gelassen, während Josephs Geduldsfaden nach einem harten Tag in der Fabrik äußerst leicht und unerwartet riss. Wir hörten auf das, was Mutter sagte: Respektiert, dass euer Vater zu Hause ist, respektiert, dass er hart gearbeitet hat, respektiert, dass er seine Ruhe haben und keinen Lärm hören will.
Und tatsächlich trat dieser Respekt mit ihm durch die Tür, wenn er nach Hause kam, und die Atmosphäre im Haus wurde angespannt. Josephs erste Regel, an die man sich zu halten hatte, war ganz einfach: Ich sage es dir einmal, und wenn ich es noch einmal sagen muss, setzt es was. Bei unserer stetig wachsenden Kinderschar musste er natürlich öfters etwas zweimal sagen. Jackie, Tito und ich wussten aus schmerzlicher Erfahrung, was dann folgte. Michael und Marlon waren zwar noch klein, spürten aber
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