You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
Gruppe in ganz Gary sein würden.
M ichaelsaß auf dem Teppich und hatte sich zwei leere Frühstücksflocken-Trommeln zwischen die Knie geklemmt. Er hatte einen Bleistift durch den Verpackungskarton gebohrt, um beide miteinander zu verbinden, und nun erklärte er uns, das seien seine Bongos. Dabei saß er eigentlich ebenso wie Marlon nur als Zuschauer dabei und wartete gespannt darauf, dass wir mit der Probe anfingen, weil es hieß, er sei noch zu klein, um mitmachen zu dürfen. Aber er hatte beschlossen, dass er trotzdem etwas beitragen wollte, und so klopfte er mit vier Fingern jeder Hand die Rhythmen zu den Songs, die wir spielten und sangen. Er sah zu, wie Joseph mit dem Kopf voller Pläne Jackie, Tito und mich an den Schultern fasste und uns wie Schachfiguren hin und her schob, auf einer „Bühne“, die natürlich nur aus unserem Wohnzimmer bestand. Tito übernahm als Gitarrist die zentrale Position, ich stand rechts und Jackie links von ihm, und nun warteten wir auf die nächsten Anweisungen.
Mutter hielt sich mit Rebbie und La Toya in der Küche auf, damit wir uns austoben konnten. Sie wusste schon, was wir erst noch herausfinden sollten: dass es bei diesen Sessions nicht um irgendwelche Tagträumereien ging, in denen wir so taten, als ob – nein, für meinen Vater war das eine ernste Sache. Ein einziges Mikrofon stand mitten im Zimmer. Joseph Jacksons Söhne fingen nicht mit Haarbürsten oder Shampooflaschen an. Das Mikrofon stammte aus dem Fundus der Falcons und wurde nun wie ein Staffelstab an die nächste Generation weitergegeben. „Ihr müsst lernen, wie ihr damit umzugehen habt. Fürchtet euch nicht davor, haltet es fest, spielt es“, sagte Joseph.
Wir sollen das Mikrofon spielen ? Unsere Gesichter spiegelten vermutlich unsere Verwirrung wider.
Joseph legte eine LP von James Brown auf, drehte die Lautstärke hoch, packte das Mikrofon, schwenkte es nach links, dann nach rechts und gab ihm dann einen Schubs nach vorn, sodass es zurückfederte. So spielte man das Mikrofon. „Hörst du diese Stimme, Jermaine? So machst du das. Genau so machst du das.“ Er spielte uns viele große Hitsingles und LPs vor, damit wir sie genauestens studieren konnten, einen Song nach dem anderen, damit wir entdeckten, wie er gesungen wurde und wie man ihn am besten vortrug. Ich erinnere mich an die vielen Wiederholungen von „Green Onions“ von Booker T. & The MGs und an James Browns Version von „Night Train“. Joseph hielt uns dazu an, dass wir uns mehr bewegten, und so beugten wir uns zögernd vor, schnippten mit den Fingern und schlurften verlegen herum. Doch Joseph war nicht zufrieden. „Jungs, ihr könnt nicht einfach bloß singen und dazu ein bisschen hin- und herwippen. Ihr müsst euch bewegen – mehr Gefühl in die Sache legen! Passt auf, so …“
Nun begann er zu James Brown zu tanzen, der im Hintergrund lief, wobei er immer weiter mit dem Kopf nickte. Wir mussten unwillkürlich kichern, weil er so ungelenk wirkte. „Ich sehe sehr wohl, dass ihr lacht“, erklärte er daraufhin, „aber ich will nicht, dass ihr wie Amateure rüberkommt.“
Wir gingen also wieder auf unsere Positionen und arbeiteten weiter an einer Choreographie im Rahmen unseres Trainingskurses, bei dem eigentlich nur noch fehlte, dass ein Motto wie „Übung macht den Meister“ über der Tür prangte.
Stattdessen hatte Joseph ein Lehrbuch in seinem Kopf, dessen Inhalt er mündlich an uns weitergab und dessen Leitsätze sich tief in unsere Köpfe einbrannten. „Ihr wollt die Leute unterhalten. Seid voller Energie. Seid anders als die anderen. Das müsst ihr dem Publikum vermitteln!“ Wir studierten Songs ein und lernten Tanzschritte – zwei, drei, manchmal auch fünf Stunden am Tag. Wenn Joseph nicht arbeitete oder schlief, dann probten wir. „Übung sorgt nicht für Perfektion“, sagte er immer . „Aber für Zuverlässigkeit.“ Durch das viele Proben prägten wir uns jede Menge Dinge ein, aber trotzdem vergaßen wir immer wieder etwas. „Los, noch einmal … und noch einmal … und noch einmal, bis alles richtig sitzt“, meinte er dann.
Michael trommelte währenddessen unverwandt auf seine Frühstücksflocken-Trommeln. Ich weiß nicht mehr, wie viele Pappschachteln er sturmreif schlug, bis ihm Joseph endlich ein gebrauchtes Paar Bongos besorgte. Und wir lernten immer neue Lektionen. „Stellt euch das Publikum vor … haltet es euch vor Augen … seht es an … fühlt es … und lächelt !“
Wir guckten direkt aus
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