You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
schnell, dass die Auftritte und die Jahre regelrecht ineinander übergingen. Heute erscheinen mir die frühen Jahre der Jackson 5 wie eine Fahrt mit dem Hochgeschwindigkeitszug: Die Orte, an denen wir vorüberkamen, verschwammen, und nur die Abfahrt, das Ziel und einige denkwürdige Haltepunkte auf der Strecke stehen mir noch lebhaft vor Augen. Zwischen 1966 und 1968 waren wir an den meisten Wochenenden unterwegs und bastelten an unserer Karriere. Wir spielten vor ganz unterschiedlichem Publikum: vor uns freundlich gesinnten, begeisterten, betrunkenen oder gleichgültigen Leuten. Normalerweise war die Aufmerksamkeit der Zuschauer schon geweckt, wenn fünf Kinder auf die Bühne kamen, und der Niedlichkeitsfaktor war klar auf unserer Seite, vor allem dank Michael und Marlon. Am großartigsten fühlten wir uns immer, wenn es uns gelungen war, eine zunächst recht reservierte Menge richtig aufzutauen.
Unter der Woche traten wir häufig im „ Mr. Lucky’s “ auf, dem größten Lokal in ganz Gary, das uns auch unsere erste Gage zahlte: elf Dollar, die wir unter uns aufteilten. Michael kaufte sich Süßigkeiten für das Geld und gab den anderen Kindern aus der Nachbarschaft davon ab. „Er hat seine erste Gage für Bonbons ausgegeben, die er dann an andere Kinder verteilt hat?“, fragte Joseph kopfschüttelnd. Aber wenn es um „Geben ist seliger als nehmen“ ging, dann trug Michael wahrlich einen Heiligenschein; Mutter hielt uns immer dazu an, an andere zu denken und Gutes zu tun.
Nachdem wir allmählich gute Fortschritte machten, entschlossen sich unsere Eltern schließlich dazu, in Bühnenkleidung für uns zu investieren. Sie bestand aus einem weißen Hemd, einer schwarzen Schlaghose und einer roten Schärpe, oder aber einem waldgrünen Anzug aus glänzendem Stoff, kombiniert mit einem gestärkten weißen Hemd. Mutter änderte unsere Kleidung mit der Nähmaschine selbst, und eine Frau namens Mrs. Roach nähte das „J5“ auf die Brusttaschen der Jacken. Daran erinnere ich mich deswegen noch so gut, weil die Buchstaben und Zahlen ein wenig schief gerieten und damit tatsächlich einmal etwas nicht ganz hundertprozentig in Ordnung war, sich aber auch nicht mehr korrigieren ließ.
Wenn wir nicht im Mr. Lucky’s auftraten, spielten wir im „ Guys And Gals “ , einem Restaurant, das auch Abendunterhaltung bot, oder im „ High Chaparral “ auf der Southside von Chicago. Oft gingen wir erst um halb zwölf Uhr abends auf die Bühne und waren dementsprechend nicht vor zwei zu Hause, auch wenn wir am nächsten Morgen Schule hatten; wenn wir wieder auf die Auffahrt der Jackson Street 2300 fuhren, schliefen wir meist schon alle.
Bei einem Auftritt in einem Hotel merkten wir gleich, dass unsere Heimatstadt nicht zu Unrecht in dem Ruf stand, ein hartes Pflaster zu sein. Gerüchte besagten, dass man, wenn man in Gary tief genug buddelte, auf die Wurzeln der O.G.-Bruderschaft stieß, der Original Gangsters, und sich die Gang-Kultur erst später nach Osten Richtung New York ausbreitete. Ob das stimmt, weiß ich nicht. An diesem Abend stellten wir jedenfalls fest, dass es keinen Schutz vor Überfällen bot, wenn man zufällig aus derselben Stadt stammte. Es war schon dämmrig, und wir trugen gerade unser Equipment aus dem Auto zum Hintereingang, als Joseph von fünf grobschlächtigen Typen um die zwanzig angehalten wurde. „Sollen wir vielleicht mal mit anfassen?“, fragte einer und griff nach einem Mikrofonständer.
Joseph dachte gleich, dass es sich um einen Überfall handelte, und er weigerte sich, den Ständer loszulassen. Er schubste den Mann beiseite. Dann ging alles sehr schnell: Alle fünf fielen über ihn her, und er ging in einem Hagel von Faustschlägen zu Boden. Michael und Marlon schrien: „Joseph! Joseph! Nein! Nein! Nein! “ Die Gang benutzte nun unsere Schlagzeugstöcke und Mikrofonständer als Waffen. Joseph rollte sich zusammen, versuchte das Gesicht mit den Unterarmen zu schützen und die Schläge abzuwehren.
Michael war währenddessen zur nächsten Telefonzelle gerannt, die sich am Ende der Straße befand, und hatte die Polizei alarmiert. „Ich kam nicht richtig dran, ich musste hochspringen, damit ich die Münze in den Schlitz werfen konnte!“, berichtete er später. Als er zurückgelaufen kam, waren die Gangster abgehauen, und die Hotelarbeiter halfen Joseph wieder auf die Beine. Er war wirklich übel zugerichtet worden, sein Gesicht war zerschlagen und schwoll bereits an. Jemand lief ins Haus
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