You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
begrüßen – und dann stolpert –, woraufhin er den Gehstock wegwirft, einen Purzelbaum schlägt und von den Menschen bejubelt wird. Jetzt habe ich es euch gezeigt! Ein Comeback wird nur zu einem großen Erfolg, wenn es von fast allen als unmöglich eingeschätzt wird. Michaels Leben wurde eine lange Zeit von unauslöschlichen Images bestimmt, Bildern, aus denen Mythen entstanden: von Sauerstoffzelten über OP-Masken bis hin zu einem Hotelbalkon und „weißerer“ Haut. Michael hatte sich den „letzten Lacher“ reserviert. Ich kannte die Wahrheit. Die Menschen um ihn herum, denen er vertraute, wussten das auch – und der Rest der Welt sollte es in London herausfinden. Hinweise hätte jeder erkennen können, denn trotz der Tendenz, sich im Privatleben abzukapseln, wusste er, wie man die Mechanismen der Promotion-Maschinerie bediente. Er tauchte nie ohne makellose und angemessene Kleidung in der Öffentlichkeit auf, er versuchte alles, um die Hauterkrankung und die von ihm verzerrt wahrgenommenen vorgeblichen Makel zu verdecken, denn er wollte nicht, dass die Menschen hinter die Maske blickten, er wollte nicht, dass sie seine Unzulänglichkeiten erkannten und seine Großartigkeit anzweifelten. Und dieser so scheue Mann kaufte in Vegas ein, ließ sich in einem Rollstuhl fahren, trug eine rote Baseball-Kappe, Slipper und himmelblaue Pyjamahosen? (Erinnern Sie sich bitte daran, wie peinlich es ihm war, im Gerichtssaal im Pyjama zu erscheinen!)
Denken Sie darüber nach! Michael war ein Meister in der Manipulation seines Images. Er ahnte, dass die Medien und die Paparazzi dachten, sie hätten ihn in einem unbeobachteten Moment „erwischt“, in dem seine „Gebrechlichkeit“ und die „Lustlosigkeit“ klar zu sehen sind. Er wollte die ultimative Rehabilitation! Die ganze Welt sollte es wissen! Der King of Pop würde durch eine plötzliche Metamorphose zum Comeback-King: Wieder im Vollbesitz seiner Kräfte und seines Könnens. Die Spötter zum Stillschweigen verdammt. Ich möchte noch einen Fakt zum „Rollstuhl-Image“ hinzufügen. Ungefähr zwei Monate später ließ er eine brutale Tanz-Choreografie für die Comeback-Tour über sich ergehen, die zu dem Zeitpunkt noch nicht bekanntgegeben worden war. Er tanzte täglich in vierstündigen Sessions, bei denen er sogar seinen erst kurz zuvor eingestellten Choreografen LaVelle Smith Junior bis an die Leistungsgrenze brachte. LaVelle war in dem Video zu „Smooth Criminal“ aufgetreten und wurde zu einem engen Vertrauten und zum Trainer meines Bruders. Darum buchte man ihn auch für den Einzelunterricht in Vegas.
Michael wurde Woche für Woche stärker und verlor an Gewicht, obwohl ich dachte, er könne überhaupt nichts mehr abnehmen. Und natürlich glaubten wieder einige Leute, sein hageres Erscheinungsbild sei ein beunruhigendes Signal. Doch seit dem Prozess hatte er generell abgenommen, und durch das „Fitness-Regime“ purzelten die Pfunde zusätzlich. Das war vollkommen normal, denn während jeder Tour verlor er ungefähr sieben Zentimeter an Hüftumfang. Michael nahm ab, weil er täglich vier Stunden hart trainierte . Nicht schlecht für einen Mann, der einem Biografen nach dringend eine „Lungentransplantation“ benötigte. Acht Wochen vor seinem Tod war er so kräftig und gesund, dass er zu einem Freund, den er zufälligerweise beim Arzt traf, meinte (und dabei das T-Shirt hob): „Hast du schon mein Six-Pack gesehen?“ Mal wieder stand die Wahrheit im krassen Gegensatz zum öffentlichen Image.
Die Michael nahestehenden Menschen spürten, dass er erneut zur Hochform auflief, da er wieder wie in alten Zeiten nach bestimmten CDs fragte. Er war besessen davon, sich in Bezug auf musikalische Trends auf dem Laufenden zu halten, und ließ sich jede Woche die Top 10 der Billboard Hot 100 auf eine CD gebrannt zuschicken. Dazu kamen noch vier weitere Discs mit Songs aus den Segmenten R&B, Electro, Dance und der Euro-Szene. Er hörte sich jedes einzelne Stück an, um vorhersagen zu können, was wirklich heiß sein würde und was sich gut verkaufen ließe. Michael wollte wieder in der Top-Liga mitspielen. Er hatte sich schon lange nicht mehr so intensiv bemüht. Ein Vertrauter des inneren Zirkels kommentierte: „Er machte sich bereit, auf sein Ziel zuzusteuern. Er schrieb Songs, sah besser und eleganter aus denn je und wollte sein Ding durchziehen. Michael war im Einklang mit sich selbst.“ Ich empfand das als wunderschön und gleichzeitig als Hohn, denn so
Weitere Kostenlose Bücher