You are not alone - Mein Bruder Michael Jackson (German Edition)
seiner selbst. Er war der königlichen Familie von Bahrain unendlich dankbar, dass sie ihm eine Zufluchtsstätte bot.
Zuerst machte ich mir Sorgen über die dortigen Entwicklungen. Ich hatte die Gründung von Two Seas Records angestoßen und wurde nicht in das Unternehmen mit einbezogen. Plötzlich hatte sich das Blatt gewendet, und aus der Firma wurde ein Projekt zwischen meinem Bruder und dem Prinzen. Theoretisch hätte ich auf den unterzeichneten Vertrag hinweisen können, doch das wollte ich auf gar keinen Fall, denn es hätte einen neuen Rechtsstreit bedeutet, mit meinem Bruder im Mittelpunkt. Gemessen an anderen, wichtigeren Dingen verlor eine ärgerliche Sache wie diese ihre Bedeutung. Mir war es wichtig, dass Michael seinen Spaß hatte und alles gut zu laufen schien. Der Prinz übernahm sogar einen Großteil der Kosten des Bahrain-Aufenthalts. Diese Form der Höflichkeit gehörte zum traditionellen guten Ton der im Nahen Osten regierenden Familien. Geschenke sind die Norm, und aus diesem Grund betrachtete Michael die ihm entgegengebrachte Höflichkeit als Geschenk und interpretierte sie nicht als Entgegenkommen im Sinne des Vertrags. Er nahm an, sich nur für die Produktion eines einzigen Albums dort aufzuhalten – und an dieser Stelle schlich sich ein riesiges Missverständnis ein. Der unterzeichnete Vertrag verpflichtete Michael zu den Aufgaben eines Managers, der zu Musik, Musicals, Filmen und Büchern Stellung beziehen musste. Als ihm das klar wurde, ging er einfach, denn nach seiner Auffassung „gehörte“ er niemanden. Zuerst flog er nach London und dann nach Dublin, wo er zusammen mit will.i.am von den Black Eyed Peas arbeitete. Er wohnte kurzfristig im Haus des Tänzers Michael Flatley, bevor er sich eigenes Objekt mietete. Als Nächstes ließ er den Produzenten Ron Feemster einfliegen, der Künstler wie Ne-Yo und 50 Cent betreut hatte.
Die Arbeit mit Musikern spiegelte Michaels Bestreben wider, sich auf dem Laufenden zu halten. In Bahrain hingegen war der Prinz nicht besonders glücklich mit der Situation. Um es kurz zu machen – er strebte einen Prozess an, den Michael verlor, was ihn fünf Millionen Dollar kostete. Das Verhalten des Königssohns empfand ich als enttäuschend und unwürdig, da Michael sicherlich mehr für die Popularität Bahrains unternommen hatte, als es die Formel 1 je könnte. Doch es war für meinen Bruder charakteristisch und folglich frustrierend, einen Vertrag zu unterschreiben, ohne sich vorher das Kleingedruckte durchzulesen. Das war schon im Jahr 2000 geschehen, als er es gewahr wurde, dass Sony die Rechte an den Masterbändern nicht zurückgab. Der blinde Glaube an die Tipps der Berater und die absolute Ehrlichkeit anderer waren seine Achillesferse – schon seit der Zeit, als Joseph die Verträge für unsere Gruppe aushandelte. Das ganze Ausmaß des Einflusses, den er anderen zubilligte, dämmerte ihm erst, als er zufällig die arrogante Bemerkung eines Rechtsanwalts hörte. „Michael darf seine eigenen Verträge nicht unterzeichnen. Er kann überhaupt nichts richtig einschätzen … Wir übernehmen das lieber für ihn.“ Das wirkte wie eine schmerzhafte Erinnerung, denn man sah ihn zuerst als Geschäftsmann und danach erst als Menschen.
Der Kommentar hat ihn vermutlich dazu angestachelt, seine Autorität in Geschäftsangelegenheiten durch bestimmte Verträge zu beweisen. Doch tatsächlich stand das Autonomiebestreben im Gegensatz zu möglicherweise drohenden Prozessen oder der Kontrolle durch andere, die sich oft durch solche Geschäfte ergeben konnten. Über all die Jahre hat es mich häufig erstaunt, wie viele Profis durch seine „Drehtür“ kamen (und auch wieder gingen), die versuchten, ihn zu kontrollieren, zu managen oder die in seine Welt eindringen wollten – was manchmal zu einer Art Ringkampf ausartete. Profis zu sehen, die sich in seiner Gegenwart verwandelten, sich fälschlicherweise auf eine höhere Stufe gestellt fühlten, weil er ihnen zuhörte, sie ihn treffen durften oder er ihnen das Gefühl von Wichtigkeit gab, war ein merkwürdiges Phänomen. Ich fand es problematisch, wenn sich mein Bruder darüber beklagte, dass verschiedene Leute ihn kontrollieren wollten, da er sich nicht traute, Verantwortung zu übernehmen oder Klartext zu reden und sie in die Schranken zu weisen. Er vermied Konfrontationen. Michael sagte viele Verabredungen auf dem Postweg ab. Er meinte oft, er ähnle darin Mutter und könne niemanden feuern.
Doch wir begriffen
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