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Young Sherlock Holmes 3

Young Sherlock Holmes 3

Titel: Young Sherlock Holmes 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Lane
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kurzen Abhang zum Hotel hinab und trat zunächst vorsichtshalber in weitem Bogen auf die Straße, bevor er die Mündung des Weges erreichte – nur für den Fall, dass jemand, um wen auch immer es sich handeln mochte, gleich hinter der Ecke auf ihn lauerte.
    Doch als er in die Gasse blicken konnte, lag diese einsam und verlassen vor ihm. Prüfend glitt sein Blick über die Seitenwände. Aber es gab keine Türen, durch die die Gestalt hätte entkommen können. Es war, als hätte sie sich in Luft aufgelöst.
    Hatte er sich das Ganze nur eingebildet? Hatte sein Gehirn praktisch aus dem Nichts eine Gestalt heraufbeschworen? Oder gab es eine einfachere Erklärung? Zum Beispiel eine Frau aus der Umgebung, die sich entschlossen hatte, eine Abkürzung am Hotel vorbei zu nehmen, damit sie schneller an welches Ziel auch immer gelangte.
    Sherlock betrat die Gasse und bückte sich, um den Boden zu untersuchen. Sein Blick fiel auf Fußspuren, die von ihm fortführten. Die Zehenpartie lief spitz zu, und die Fersen waren klein, den Abdrücken im Schlamm nach zu urteilen. Und es gab keine Spuren von geflickten Stellen oder Löchern in den Sohlen. Nichts, was darauf schließen ließ, ob die Schuhe in einem neuen, gut gepflegten oder eher vernachlässigten Zustand waren.
    Er musterte noch einmal den Boden und ging dann ein paar Meter weiter in die Gasse hinein. Aber es war nichts mehr zu entdecken.
    Nachdenklich kehrte er zu Philadelphia zurück und brach zu Amyus Crowes Cottage auf, um ihm seine Fahrkarte auszuhändigen.
    Bei seiner Ankunft am Cottage sah er gleich, dass jemand zu Hause war. Virginias Pferd stand auf der Koppel und ließ sich das Gras schmecken. Und seine Stimmung hob sich, als er abstieg und sich der offenen Tür näherte.
    Virginia befand sich nicht im Hauptraum des Cottages. Crowe jedoch hatte es sich dort in einem Armsessel mit einem Buch gemütlich gemacht. Als Sherlock eintrat, blickte er auf und musterte den Jungen über den Rand seiner Halbbrille hinweg. »Hast du die Fahrkarten?«
    »Hab ich.« Sherlock versank in kurzes Schweigen. »Ich habe Rufus Stone getroffen«, fügte er dann hinzu. »Er war in Farnham.«
    »Offensichtlich.« Crowe schürzte die Lippen. »Merkwürdig, dass der Mann plötzlich ausgerechnet dort auftaucht, wo du wohnst.«
    »Ich habe ihm erzählt, wo ich wohne. Und gesagt, dass er eventuell doch nach Farnham kommen könne, um Violinenunterricht zu geben.«
    »Sehr freundlich von dir«, kommentierte Crowe Sherlocks Ausführung und fixierte ihn mit seinen hellblauen Augen. »Mir ist natürlich klar, was
du
davon hättest, aber ich kann die Vorteile für Mister Stone nicht erkennen.«
    »Irgendwo muss er ja leben«, hob Sherlock hervor, unangenehm berührt davon, mit welch offenkundiger Unterkühlung Crowe die Nachricht von Stones Erscheinen aufgenommen hatte. »Und dort, wo es Leute gibt, die Violine spielen möchten, ist er eben besser dran.«
    »Leute wie dich.«
    »Leute wie mich.«
    Crowe legte das Buch auf seinen Schoß und nahm die Brille ab. »Musik ist nichts als Ablenkung, Sherlock«, sagte er in nicht unfreundlichem Ton. »Es ist kein angemessener Zeitvertreib für jemanden, der versucht, sich nützliche Dinge zu merken. Denk doch nur einmal daran, wie viel Platz in deinem Gehirn vergeudet wird, wenn du für irgend so ein ausgefallenes Musikstück bergeweise Noten lernen müsstest. Diesen Platz könntest du besser nutzen, etwa um Tierspuren auswendig zu lernen oder die individuellen Formen menschlicher Ohren oder auch die auf Händen und Kleidung zu findenden Indizien, die Aufschluss darüber geben, womit sich ihr Eigentümer den Lebensunterhalt verdient. Aber doch nicht Musik, mein Sohn. Musik ist zu nichts nutze.«
    »Das sehe ich anders«, sagte Sherlock. Amyus Crowes abschätziges Urteil über etwas, für das er sich mehr und mehr interessierte, hinterließ ein seltsames Gefühl der Enttäuschung in ihm.
    Unvermittelt kamen ihm seine Gedanken während des Ritts in die Stadt in den Sinn – über den Unterschied zwischen Tieren und Menschen oder besser gesagt den fehlenden Unterschied. »Ja, ich könnte all diese Dinge auswendig lernen. Ich könnte alles über essbare Pilze lernen und darüber, wie man bei einem Mann mittels der Flecken an seinem Hut auf den Zustand seiner Ehe schließen kann. Aber warum? Was ergibt das für einen Sinn? Das verwandelt mich lediglich in so eine Art Superraubtier, das in der Lage ist, seine Beute mit Hilfe fast unsichtbarer Spuren zu verfolgen.

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