Yvonne Lindsay
speziell antike Schmuckstücke reproduzieren und auf den Markt bringen sollte. Der Zugriff auf die Perlen ermöglichte ihm jetzt endlich, sich diesen Traum zu erfüllen.
Wenigstens etwas, dachte er. Viel Freude hatte er nicht mehr im Leben. Da er noch immer im Büro war, hatte er noch nicht einmal die Möglichkeit, seinen Sohn Blake zu Bett zu bringen. Nach einem schnellen Blick auf seine Uhr schüttelte er frustriert den Kopf. Es war wirklich zu spät.
Auch wenn seine Ehe mit Marise schon längst kaputt war, als sie ihn verließ, so hatte sie ihm immerhin den Sohn hinterlassen. Seinen Sohn? Er presste die Lippen aufeinander. Machte seine Frau sich noch nach ihrem Tod über ihn lustig? Nein, er wollte jetzt nicht darüber nachdenken, ob Blake wirklich sein Sohn war. Außerdem sollte es ihm gleichgültig sein. Eine enge Beziehung zwischen Vater und Sohn war weniger eine Sache des Blutes als das Ergebnis von Liebe, Zärtlichkeit und Fürsorge. Da er selbst von den Hammonds adoptiert worden war, wusste er, wovon er sprach.
Und dennoch quälte ihn die Ungewissheit wie ein kleiner scharfer, bohrender Schmerz, der sich höchstens ignorieren, aber nicht ausschalten ließ.
War etwa Howard Blackstone Blakes richtiger Vater?
Bei dem Gedanken krampfte sich ihm der Magen zusammen . Marise war immer schon von den Blackstones fasziniert gewesen. Dennoch hatte ihr Tod vor fünf Monaten viele Fragen aufgeworfen. Denn sie war zusammen mit Howard Blackstone an Bord der kleinen Maschine gewesen, die dann ins Meer gestürzt war. Warum? Hatte sie eine Affäre mit seinem Todfeind gehabt?
Howard Blackstone. Irgendwie schien er hinter allem zu stecken, was Matt Hammond an Negativem widerfuhr. Aber das würde bald ein Ende haben. In wenigen Wochen war es so weit. Dann würde er dieser überheblichen Black-stone-Sippe zeigen, was in ihm steckte.
Von diesem Gedanken beflügelt, erhob er sich schnell, verstaute den Vertrag, diktierte eine kurze Notiz an seine Sekretärin und verließ das Büro. Morgen war auch noch ein Tag. Allerdings hatte er noch eine lange einsame Nacht vor sich.
Auf der regennassen Einfahrt spiegelte sich die Gartenbeleuchtung, als Matt durch das hohe eiserne Tor fuhr. Er bewohnte das große Elternhaus in Devonport, dem exklusiven Vorort von Auckland, Neuseelands ältester Stadt. Vorsichtig sah er sich um. Glücklicherweise waren heute keine Paparazzi zu sehen, die ihm bis vor Kurzem noch jeden Abend aufgelauert hatten. Vor einigen Monaten hatte er oft nicht gewusst, wie er ins Haus kommen sollte. Inzwischen hatte sich die Aufregung über Howards und Marises Tod so gut wie gelegt, wenn auch Matt noch von tiefer Bitternis erfüllt war.
Der Garten war früher der ganze Stolz seiner Mutter gewesen. Auch heute noch konnte Matt nicht verstehen, warum die Eltern nach dem Schlaganfall des Vaters in ein luxuriöses Seniorenheim gezogen waren. Das Haus war nun wirklich groß genug, um für die Eltern ein komfortables Apartment einbauen zu lassen. Doch hartnäckig hatten sie darauf bestanden, dass es für ihn an der Zeit sei, das Elternhaus zum Heim seiner Familie zu machen.
Schöne Familie! Mit einer Frau, die sich von Anfang an nach ihrer Heimat Australien gesehnt und ihn und das Kind nach wenigen Jahren einfach so verlassen hatte. Das würde Matt ihr nie verzeihen, vor allem weil sie sich offenbar gleich Howard Blackstone an den Hals geworfen hatte.
Ein leichter Druck auf die Fernbedienung, und das Garagentor glitt auf. Matt parkte seinen schweren Mercedes neben dem Porsche, den Marise gefahren hatte. Wieder nahm er sich vor, den Sportwagen, der mit düsteren Erinnerungen belastet war, abzustoßen.
Wie oft hatte er Blakes Nanny Rachel aufgefordert, den Porsche zu nutzen. Aber Rachel nahm lieber den Wagen ihrer Mutter, der mit einem vernünftigen Kindersitz ausgestattet war.
Als Matt durch die Garage ins Haus trat, fiel ihm die bleierne Stille auf. Also war Blake bereits im Bett, wie er vermutet hatte. Erstaunlicherweise hatte Rachel oder ihre Mutter Mrs. Kincaid, die langjährige Haushälterin der Hammonds, noch das Licht angelassen. Mit schnellen Schritten ging Matt auf die Treppe zu, um nach seinem Sohn zu sehen, als sein Blick durch die geöffnete Wohnzimmertür auf die Couch fiel. Rachel. Sie hatte sich lang ausgestreckt und schien zu schlafen. Das nussbraune glänzende Haar hatte sie zu einem dicken Zopf geflochten, kleine Löckchen umrahmten ihr herzförmiges Gesicht.
Unwillkürlich blieb er stehen. Wie sie so
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