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Zähl nicht die Stunden

Titel: Zähl nicht die Stunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joy Fielding
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können?
    Geliebte, dachte Mattie mit einem schalen Geschmack im Mund und
    kämpfte gegen einen plötzlichen Würgereiz, während sie ihren Blick über die Zuschauerreihen schweifen ließ. Am äußersten Ende der ersten
    Reihe entdeckte sie zwei kichernde braunhaarige Mädchen. Zu jung,
    sagte sie sich. Und zu unreif. Eindeutig nicht Jakes Typ, obwohl sie genau genommen keine Ahnung hatte, welchen Typ Frau Jake
    bevorzugte. Jedenfalls nicht meinen, dachte sie, und ihr Blick flog über einen braunen Lockenkopf in der zweiten Reihe direkt am Mittelgang,
    ehe er weiter durch die Reihen wanderte und am ebenmäßigen Profil
    einer schwarzhaarigen Frau hängen blieb. Mattie erkannte in ihr eine Anwältin aus Jakes Sozietät, die etwa zur gleichen Zeit wie er in die Kanzlei aufgenommen worden war. Shannon Soundso. War ihr
    Fachgebiet nicht Erbrecht oder etwas ähnlich Unspektakuläres? Was
    hatte die denn hier zu suchen?
    Als spürte die Frau, dass sie beobachtet wurde, drehte sie langsam den Kopf in Matties Richtung. Ihr Blick blieb an Mattie haften, und ihr
    Mund verzog sich zu einem kleinen, unsicheren Lächeln. Sie überlegt, woher sie mich kennt, dachte Mattie, die diesen Blick zu deuten wusste.
    Sie erwiderte ihn mit Selbstsicherheit. Mattie Hart, sagte ihr Lächeln, Ehefrau von Jake, des Helden des Tages, des Mannes, um dessentwillen wir alle hier sind, des Mannes, den Sie möglicherweise gestern Abend in einem intimeren Ambiente genossen haben.
    Shannon Soundsos Gesicht erstrahlte im Moment des
    Wiedererkennens. Ach, diese Mattie Hart, besagte das Lächeln. »Hallo, wie geht es Ihnen?« Lautlos formte sie mit den Lippen die Worte.
    »Bestens«, antwortete Mattie laut und deutlich. Sie zerrte noch einmal kräftig an dem Ärmel, der sich um ihren Ellbogen bauschte, und hörte, wie das Futter riss. »Und Ihnen?«
    »Glänzend«, kam es prompt zurück.
    »Ich wollte Sie längst mal anrufen«, hörte Mattie sich erklären und
    hatte beinahe Angst davor, was sie als Nächstes von sich geben würde.
    »Ich möchte nämlich mein Testament ändern.« Ach was? Wann hatte sie
    das denn beschlossen?
    Shannon Soundso hörte auf zu lächeln. »Was?«, fragte sie.
    Vielleicht ist doch nicht Erbrecht ihr Fachgebiet, dachte Mattie und senkte den Blick zum Zeichen, dass sie das Gespräch beenden wollte.
    Als sie ein paar Sekunden später noch einmal aufsah, stellte sie erleichtert fest, dass Shannon Soundso, die Frau, die vielleicht oder vielleicht auch nicht mit ihrem Ehemann schlief, ihre Aufmerksamkeit schon wieder
    nach vorn in den Gerichtssaal konzentrierte.
    Mensch, was willst du hier?, fragte sich Mattie. Los, steh jetzt auf.
    Steh auf und verschwinde, ehe du dich total lächerlich machst. Ich
    möchte mein Testament ändern? Wo war das denn plötzlich
    hergekommen?
    »Warten Sie, ich helfe Ihnen«, sagte die Blondine zu ihrer Linken und zog an Matties Mantelärmel, noch ehe Mattie ablehnen konnte. Sie
    lächelte Mattie genau so an, wie diese immer ihre Mutter anlächelte, ein klein wenig künstlich , eher mitleidig als wohlwollend.
    »Danke.« Mattie schenkte der Frau ihr aufrichtigstes Lächeln , aber die hatte sich schon wieder abgewandt und blickte erwartungsvoll zum
    Richterpult hinunter. Mattie zog ihren grauen Wollrock gerade und
    nestelte am Kragen ihrer weißen Baumwollbluse. Die Blondine zu ihrer Rechten, die einen pinkfarbenen Angorapulli und eine marineblaue Hose anhatte, warf ihr von der Seite einen Blick zu, als wollte sie sagen: Können Sie eigentlich keinen Moment still sitzen? Mattie tat so, als hätte sie ihn nicht bemerkt. Sie hätte etwas anderes anziehen sollen, etwas, was weniger bieder war, nicht so lehrerinnenhaft, dachte sie und musste lächeln, als Kim ihr in den Sinn kam. Etwas Weicheres, wie zum Beispiel einen pinkfarbenen Angorapulli, dachte sie mit einem neidischen Blick zu der Frau neben ihr. Obwohl sie Angora noch nie gemocht hatte. Es
    brachte sie immer zum Niesen. Wie auf Kommando begann es in ihrer
    Nase zu kribbeln, und ihr blieb kaum Zeit, ein Papiertaschentuch aus ihrer Handtasche zu kramen und ihre Nase darin zu vergraben, ehe sie losnieste, so explosiv, dass sie das Gefühl hatte, man müsste sie im ganzen Saal hören. »Gesundheit«, sagten die beiden Blondinen in
    schönem Einklang und rückten ein Stück von ihr ab.
    »Danke!« Mattie warf einen besorgten Blick zum Verteidigertisch und
    stellte erleichtert fest, dass Jake nicht auf sie aufmerksam geworden war.
    Er war immer noch tief

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