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Zaehne und Klauen

Zaehne und Klauen

Titel: Zaehne und Klauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. C. Boyle
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sogar einen Augenblick das Dröhnen der Lautsprecher. »Was ist mit den Eiern«, sagte sie, »brauchen Sie Besteck oder –«
    »Oder was? Soll ich sie einfach aus der Schale saugen?«
    »Ja«, sagte sie, »irgend so etwas.«
    Er streckte eine mit Silber bestückte Hand aus, um die Eier zu berühren und sie sanft auf dem glänzenden Teller vor und zurück zu rollen. »Nein, ich will sie nur liebkosen«, sagte er und erhielt die erwartete Reaktion: Sie lachte. »Macht hier noch jemand Würfelspiele?« rief er die Bar entlang, und die Stammgäste richteten die Blicke auf uns und wandten sie wieder ab.
    In jenen Tagen – und das war vor zehn oder mehr Jahren – war Horse ein beliebtes Spiel in gewissen kalifornischen Bars, ebenso wie Rauchen, ungeschützter Sex und diverse andere Vergnügen für Erwachsene, die die Gesundheit gefährdeten oder auch nicht. Fünf Würfel wurden in einem Becher geschüttelt, der Becher wurde auf den Tisch geknallt in dem Versuch, die höchstmögliche Punktezahl – dreißig – zu erreichen. Auf alles konnte gesetzt werden, die nächste Runde oder das nächste Lied in der Jukebox.
    Der Regen trommelte gegen die Tür, und sie wurde kurz geöffnet, um ein stampfendes, regenschirmloses Paar einzulassen. Ludwigs Frage hing unbeantwortet in der Luft. »Nein? Wie wär’s mit dir, Daria?«
    »Ich muss arbeiten.«
    Er wandte sich mir zu. Ich musste am nächsten Morgen nicht zur Arbeit und am übernächsten auch nicht – vielleicht überhaupt nicht mehr. Meine Wohnung war nicht so, wie ich sie mir vorgestellt hatte, so ohne jemanden, mit dem ich sie teilen konnte, und ich hatte mir geschworen, lieber auf der Straße zu schlafen, als zu meiner Tante zurückzukehren, denn das wäre die schlimmste Niederlage gewesen. Pass gut auf mein Baby auf, Kim, hatte meine Mutter gesagt, als sie mich zu ihr brachte. Ich habe nur ihn.
    »Klar«, sagte ich. »Ja. Worum spielen wir – um Drinks, oder?« Ich kramte in meinen Taschen, ungeschickt, mit hängenden Schultern – ich war betrunken, das spürte ich. »Weil ich nicht viel, vielleicht zehn Dollar –«
    »Nein«, sagte er, »nein«, und stieg von seinem Hocker, »warte, bin gleich wieder da«, und dann war er durch die Tür und draußen im Regen.
    Daria hatte sich nicht gerührt. Sie trug das Standardoutfit der Angestellten von Daggett’s, Shorts, weiße Socken und ein T-Shirt mit dem Namen des Etablissements auf der Brust, ihre Beine blass und seidig im flackernden Licht des elektrischen Kamins in der Ecke. Sie warf mir einen mitfühlenden Blick zu, und ich zuckte die Achseln, um ihr zu verstehen zu geben, dass ich zu allem bereit war wie ein richtiger Mann von Welt.
    An der Tür wurde es laut – ein Kratzen und Scharren –, und wir blickten alle auf und sahen Ludwig, der sich vor dem Hintergrund des Regens mit irgend etwas abmühte. Sein Hut saß schief, Wasser tropfte ihm von Nase und Kinn. Es dauerte einen Augenblick, mit einer Schulter drückte er die Tür auf, und dann hob er einen Käfig – einen großen Käfig, achtzig Zentimeter hoch und ungefähr einen Meter zwanzig breit – durch die Tür und stellte ihn an der Wand ab. Niemand rührte sich. Niemand sagte etwas. Im Käfig war etwas, die Furcht davor setzte so heftig und abrupt ein wie der Geruch, den es verströmte, etwas Wildes und Fremdes und definitiv Ungewöhnliches an diesem bislang so schmerzhaft gewöhnlichen Abend.
    Ludwig wischte sich mit dem Hemdsärmel das Wasser aus dem Gesicht, rückte seinen Hut zurecht und kehrte an die Bar zurück, er wirkte munter und erfrischt. »Okay«, sagte er, »nur keine Schüchternheit vorschützen – schau’s dir an. Es beißt nicht. Oder es beißt, es beißt ganz entschieden, bleib mit den Fingern weg, das ist alles …«
    Ich sah angezogene Gliedmaßen, Krallen, gelbe Augen. Was immer es war, das Ding hatte sich nicht bewegt, nicht einmal geblinzelt. Ich wollte gerade fragen, was es war, als Daria neben mir sagte: »Es ist eine Katze, eine Art Wildkatze. Stimmt’s? Ein was – ein Luchs oder so?«
    »Das Tier darf nicht hier drin sein«, sagte ein Stammgast, aber gleichzeitig stand er von seinem Hocker auf, um es sich anzusehen – alle standen jetzt auf, schoben Stühle zurück und Tische beiseite, scharten sich um den Käfig.
    »Es ist ein Serval«, sagte Ludwig. »Aus Afrika. Fünfunddreißig Pfund Muskeln und schneller als eine Schlange.«
    Und woher hatte er ihn? Er hatte ihn gewonnen, in einer Bar in Arizona, bei einem

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