Zärtlich verführt
hatte sich das so sehr
gewünscht. Aber er hatte in ihr immer nur die gute Kameradin
gesehen.
Immer
wieder hatte sie sich gesagt, dass er eines Tages von selbst merken
würde, dass sie ein Mädchen und kein Neutrum war. Aber Matt
hatte sich nie mit Mädchen wie ihr verabredet. Er hatte immer
feminin wirkende, hübsche Mädchen vorgezogen. Trotzdem war
sie davon ausgegangen, dass er immer in ihrer Nähe bleiben würde
und sie eines Tages ihre Chance bekommen würde. Doch dann hatte
er ein Football-Stipendium von einem College in Kalifornien erhalten.
Jedes Mal, wenn er darüber geredet hatte, Michigan den Rücken
zuzukehren und in Kalifornien ganz neu anzufangen, war ihr das Herz
schwerer geworden. Sie war schon seit der dritten Klasse, als sein
Eltern nach Chapel gezogen waren, in ihn verliebt gewesen. Sie hatte
sich kaum daran erinnern können, dass er einmal nicht da gewesen
war, weil er praktisch zur Familie gehört hatte.
Aber
als ihr letzter gemeinsamer Sommer näher gekommen war, hatte
sich etwas verändert. Sie hatte ihn dabei ertappt, wie er sie
beobachtete. Die Sehnsucht und das Verlangen in seinen Augen hatten
sie erschauern lassen. Es schien, als würde sie etwas besitzen,
was er verzweifelt haben wollte. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte
sie sich weiblich und begehrenswert gefühlt. Sie hatte überlegt,
ob er tatsächlich mehr für sie empfand und vielleicht Angst
hatte, den ersten Schritt zu machen. Emily wusste um seine
verletzliche Seite. Vielleicht hatte er genauso viel Angst vor einer
Zurückweisung wie sie. Deshalb hatte sie entschieden, ihm ihre
Gefühle zu offenbaren, obwohl sie wusste, dass ihn das nicht
davon abhalten würde, nach Kalifornien zu gehen. Sie hätte
ihn auch nie gebeten, für sie seine Träume aufzugeben. Doch
sie hatte gedacht, dass er sie ab und zu besuchen würde und sie
ihm vielleicht irgendwann nach Kalifornien folgen könnte.
Dennoch hatte sie erst am letzten Wochenende im Ferienhaus den Mut
aufgebracht, es ihm zu sagen. Sie hatten am Strand vor dem Feuer
gesessen, als sie schließlich gestammelt hatte: "Ich liebe
dich." Und noch bevor die letzte Silbe verklungen gewesen war,
hatte er sie schon geküsst.
So
kam es, dass Matt der erste Mann war, mit dem sie schlief. Am
nächsten Morgen war sie aufgewacht und im siebten Himmel
gewesen. Doch dann hatte Matt mit ihr reden wollen. Die Reue in
seinen Augen und sein düsteres Gesicht hatten mehr gesagt als
alle Worte. Trotzdem hatte sie ihm ganz benommen zugehört. Er
hatte ihr erklärt, dass sie ihm viel bedeute, denn sie wäre
sein bester Freund. Aber im Moment wäre es ihm einfach nicht
möglich, mit irgendjemand eine Beziehung anzufangen, denn er
würde in Kalifornien neu beginnen und versuchen, sich seine
Träume zu erfüllen. Dennoch wollte er, dass sie immer
Freunde bleiben würden. Ein paar Tage später war er
gegangen und hatte nicht nur Michigan endgültig den Rücken
zugekehrt, sondern auch ihr.
Bei
der Erinnerung daran fühlte sie erneut den großen Schmerz.
Sie hätte nie herkommen sollen. In ihren Augen brannten Tränen,
und sie richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihre Notizen. Sie
hatte einen Job zu erledigen. Also ging sie um das Gebäude
herum, nahm Maß und machte sich eine Skizze. Dann ging sie nach
drinnen und notierte dort die Informationen, die sie brauchte. Als
sie wieder aus der Tür kam, war Matt immer noch in ein Gespräch
mit dem Inspektor der Baubehörde vertieft. Sie beugten sich über
den Bauplan, den sie auf der Motorhaube des Autos ausgebreitet
hatten. Insgeheim sehnte sie sich danach, erneut mit Matt zu reden
und in seinem Gesicht nach einer Bestätigung zu suchen, dass er
der alte Matt war, den sie immer geliebt hatte. Doch ihre Vernunft
drängte sie dazu, sich einfach nicht darum zu scheren. Und wie
immer siegte ihre Vernunft.
Matt
beobachtete Emily, die sich mit gesenktem Kopf Notizen machte, und
fragte sich, was sie wohl dachte. Er überlegte fieberhaft, was
er tun könnte, um sie wieder für sich zu gewinnen. Die
Frauen, mit denen er sich verabredete, ließen sich durch teure
Geschenke versöhnlich stimmen. Doch er bezweifelte, dass sich
Emily dadurch beeindrucken lassen würde. Im Moment war er völlig
ratlos.
"Mr.
Conway?"
Er
drehte sich zu Eric Dixon um, dem Inspektor. "Eric, ich kenne
dich schon seit der dritten Kasse. Würdest du mich bitte Matt
nennen?"
Dixon
sah ihn voller Verachtung an. "Wie ich bereits sagte, Mr.
Conway, das Gebäude steht zu nah am linken
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