Zaertliche Brandung - Roman
starrte mit feuchten Augen zur Raumdecke.
»Jennifer grollt dir nicht, Schätzchen.«
»Doch, tut sie, weil ich ihr Leben ruiniert habe. Zuerst, indem ich ihren Fuß so verstümmelt habe, dass man ihn abnehmen musste, und dann, indem ich bei ihr Schuldgefühle geweckt habe.«
»Ach, mein Liebling.« Sam stand wieder auf und umfasste ihr Gesicht.
»Du hast Jennifers Leben nicht ruiniert. In den vergangenen Wochen habe ich sie gut kennengelernt. Bei dem Mädchen läuft alles hervorragend.«
»Nur hat sie keinen rechten Fuß«, flüsterte Willa, und die Tränen flossen reichlicher.
Sam wischte sie ab.
»Sie merkt gar nicht, dass er fehlt«, sagte er und richtete sich auf, um seine Rippen zu entlasten.
»Jen ist in Ordnung, Willa. Schon jetzt, und in Zukunft noch mehr.«
»Wirst du … wirst du mir helfen, sie davon zu überzeugen? Ich muss einen Weg finden, ihr beizubringen, dass sie sich meinetwegen nicht schuldig fühlen soll, und dass sie ihren Träumen folgen muss.«
»Ich weiß nicht, ob ein Gespräch genügt, um ihre Meinung zu ändern. Ich glaube, du musst es ihr zeigen. «
»Aber wie?«
Er strich ihr mit dem Daumen über die Wange.
»Indem du dir selbst verzeihst, Willa«, flüsterte er.
»Du kannst dich nicht dein Leben lang mit Schuldgefühlen plagen und erwarten, dass es nicht auf alle abfärbt, die dich lieben. Ich weiß, es ist hart, mein Schatz. Ich leide im Moment jetzt selbst unter schweren Gewissensbissen. « Er atmete so tief durch, wie seine Rippen es zuließen.
»Beinahe hätte ich dich umgebracht.«
»Der Unfall war nicht deine Schuld.«
»Es war damals auch nicht deine Schuld.«
»Doch, das war es. Ich war unachtsam. Ich war außer mir, weil ich gerade David mit einer anderen Frau ertappt hatte. Und ich hatte damals meine elfjährige Nichte bei mir. Jen hat die beiden auch gesehen.«
Sam merkte, dass sie sich aufregte, was das Allerletzte war, was er wollte.
»Noch ein Schluck Wasser?«, fragte er und griff nach dem Plastikbecher.
»Verdammt, leer«, sagte er und blickte sich in dem Zweibettuntersuchungszimmer um. Hinter dem Vorhang musste ein Waschbecken sein.
»Bin gleich wieder da«, sagte er und schlurfte davon.
Seine Infusion beschränkte seine Reichweite, und er stellte den Becher auf den Sitz des Rollstuhls und schob ihn hinter den Vorhang.
Eben hatte er das Waschbecken erreicht, als er hörte, wie die Tür geöffnet wurde.
»Okay, Miss Kent«, sagte eine fremde Stimme, die
sich Willa näherte, »ich bin Dr. Blaine, der Gynäkologe. Dr. Zeus hat mich hinzugezogen.«
Willa schnappte nach Luft, und Sam erstarrte.
»Soviel ich weiß, sind Glückwünsche angebracht«, fuhr der Mann fort.
»Und jetzt entspannen Sie sich, während wir mal nachsehen, wie das Kleine sich macht, ehe es hinauf in den OP geht. Dr. Zeus schätzt, dass Sie erst in der zweiten oder dritten Woche sind. Ist das richtig?«
Plötzlich verspürte Sam ein Schwindelgefühl, so stark, dass er sich in den Rollstuhl setzen musste.
Willa war seit zwei Wochen schwanger?
»Es muss sich um einen Irrtum handeln. Ich bin nicht schwanger«, sagte sie.
»Sam? Sam? Ich bin nicht schwanger!«
»Sam?«, wiederholte Dr. Blaine erschrocken. Der Vorhang wurde energisch zurückgezogen, und ein Mann, der ein Jägerhemd in Tarnfarben trug, sah ihn ungehalten an.
»Mist! Ich wusste nicht, dass noch jemand da ist.«
Sam sah Willa an, die zur Decke starrte und heftig ihre Tränen zurückblinzelte.
»Mist«, wiederholte Sam und stand auf, um zu ihr zu gehen. Wieder hielt ihn seine Infusion auf.
»Verdammt!«, stieß er hervor und riss die Infusion heraus.
»He!« Dr. Blaine trat auf ihn zu, als die Tür wieder geöffnet wurde.
»Ich habe dich gar nicht kommen sehen, Ken«, sagte Dr. Zeus, der schlitternd stehen blieb und die Szene erfasste.
»Verflixt!« Er lief zu Willa.
»Ich wurde in Untersuchungsraum Drei gerufen und konnte ihn nicht warnen, dass Ihr Freund hier drinnen ist«, erklärte er.
»Tut mir leid, Willa, ich hab’s vermasselt.«
»Ich bin nicht schwanger.«
»Mein Test besagt das Gegenteil.«
»Ich bin nicht schwanger!«
»Schon gut, schon gut. Wir machen noch einen Test.«
»Ich kann nicht schwanger sein«, sagte sie; »vor vier Jahren habe ich meine Eileiter abbinden lassen.«
Alle drei Männer starrten sie wortlos an.
Schließlich räusperte sich Dr. Blaine.
»Ach ja. Nun«, sagte er und ging zu ihr.
»Leider gibt es bei einer Tubenligatur keine absolute Garantie, Miss Kent. Es steht
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