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Zärtlichkeit des Lebens

Zärtlichkeit des Lebens

Titel: Zärtlichkeit des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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geschlagen, aber er verblüffte sie, indem er sie mit dem Handrücken ohrfeigte.
    »Hör auf! Ich sage dir doch, man konnte nichts mehr machen.« Seine Worte verhallten laut in der Dunkelheit. »Wie kannst du mir die Schuld an seinem schwachen Herzen zuschieben, an seiner Wut, die er nicht unter Kontrolle brachte?
    Ich mußte an meine eigene Lage denken.«
    »Du hast Spezifikationen geändert.« Sie atmete stoßweise ein und aus. Ihre eine Gesichtshälfte brannte von seinem Schlag.
    »Du hast seinen Namen, seinen guten Ruf ausgenutzt. Das wirst du mir büßen. Zum Teufel mit dir! Die ganze Nacht lag er auf dem Fußboden!«
    »Sarah, komm zur Vernunft.« Er erkannte, daß er zu viel gesagt hatte. »Ich bin in Panik geraten. Ich wollte, es wäre anders gewesen. Er starb so plötzlich, direkt vor meinen Augen.
    Du mußt verstehen, in welchem Zustand ich mich befand.«
    »Nein, nein!« Sie stemmte sich wieder gegen ihn. »Du hast ihn mit deinen Betrügereien umgebracht. Dann hast du ihn allein gelassen. Er könnte noch leben. In seiner Tasche hatte er Medikamente.« Die Erinnerung daran ließ ihr Tränen in die Augen steigen, und sie nahm Januels Gesicht nur noch verschwommen wahr. »Du hast es nicht einmal versucht. Er hatte noch die Krawatte um. Ich habe sie selbst aufgebunden, als ich ihn fand. Du hast überhaupt nicht versucht, ihn wiederzubeleben. Das ist dasselbe wie Mord. Genau dasselbe!«
    »Nein!« Januel schüttelte sie so heftig, als ob er sie zwingen wolle, die Worte zu verschlucken. »Nein, sage ich dir. Das darfst du nicht sagen.«
    »Und ich sage es!« Sie begann sich verzweifelt zu wehren, doch der Schnee unter ihren Füßen war rutschig. »Ich werde es sagen, und man wird mir zuhören. Laß mich los! Bleib mir vom Leib!« Sie riß sich los, verlor dabei aber das Gleichgewicht. Mit einem Schrei stürzte sie nach hinten über den Rand des Kammes. Ein Echo war zu hören, dann herrschte Stille.
    Voller Entsetzen wich Januel langsam zurück. Dann drehte er sich um und rannte auf den hell erleuchteten Ort zu.

31
    Sarah wurde vom Schnee geweckt; er fiel trocken und kalt auf ihr Gesicht. Jetzt war der Mond nicht mehr zu sehen. Sie konnte nur Dunkel und Schnee erkennen. Ihr dröhnte der Kopf, als sie sich aufzusetzen versuchte. Völlig benommen und schwindlig langte sie sich an den Hinterkopf und spürte die verfilzten Strähnen, wo sie geblutet hatte. Das Blut war wohl in der Kälte erstarrt. Allmählich erinnerte sie sich wieder, und an die Stelle der Benommenheit trat Entsetzen.
    Schnee wirbelte um sie herum und flog ihr in die Augen.
    Vorsichtig tastete sie mit der Hand um sich, dann erschrak sie, als sie merkte, daß der Gesimsrand nur Zentimeter von ihr entfernt war.
    »Man wird mich suchen«, sagte sie laut vor sich hin. Ihre vom Schnee gedämpfte Stimme klang hohl. »Sie werden mich finden. Ich bin nicht so weit vom Ort entfernt. Ich darf mich bloß nicht rühren.«
    Sie rollte sich fest zusammen und drückte sich mit dem Rücken an die Felswand. Vor Kälte und Schock zitterte sie am ganzen Leib. Eine dünne Schneeschicht bedeckte sie schon, und während sie sich verzweifelt bemühte, etwas um sich herum zu erkennen, fragte sie sich, wie tief sie gefallen war. Nicht tief, redete sie sich ein. Ich kann nicht weit gefallen sein, sonst hätte ich nicht bloß eine Beule am Kopf. Panik stieg in ihr hoch, die sie zu verdrängen versuchte.
    Es wird bald jemand kommen. Dallas wird Alarm schlagen…
    Aber sie hatte Dallas ja gar nichts davon erzählt, daß sie Spazierengehen wollte. Sie wird mich bis zum Morgen nicht vermissen, und selbst dann… o mein Gott. Sarah kauerte sich noch mehr zusammen. Bei einer Nacht im Freien blieb nur eine geringe Chance, den Morgen zu erleben. Januel wird jemand Bescheid sagen. Sie werden kommen. Sie werden mich hier nicht allein lassen. Er
wird
es jemand sagen. Wieder stieg panische Angst in ihr hoch, und sie biß die Zähne zusammen.
    Erst allmählich beruhigte sie sich und beobachtete den Schnee.
    Schlaf nicht ein, befahl sie sich. Wenn du einschläfst, hörst du sie nicht nach dir rufen.
    Sie atmete tief ein und versuchte, logisch zu denken. Immer nur einen Schritt auf einmal. Sie sollte aufstehen und nachschauen, wie tief sie gefallen war. Vielleicht konnte sie hinaufklettern? Schon beim bloßen Gedanken daran wogte eine Welle von Übelkeit durch ihren Magen. Doch die Augen fest auf das Dunkel vor ihr gerichtet, stand Sarah trotzdem auf. Sie blieb so lange mit dem Rücken an

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