Zärtlichkeit des Lebens
draußen vor der Tür ihre Ski und Stöcke abgestellt hatte. »Jens gefällt es anscheinend, mich aufzuheben.«
»Und jetzt hast du dich entschieden, besonders langsam zu lernen?« Sarah glitt in eine Nische und zog sich dabei die scharlachrote Mütze und die Handschuhe aus.
Ihr Gesicht war von der Kälte und Aufregung gerötet, ihre Augen funkelten lebhaft. Bei der Bestellung lachte sie spontan und ungezwungen. Vor zwei Wochen, kam es Dallas in den Sinn, hatte sie ausgesehen, als würde sie jeden Moment zusammenbrechen. Sie hatte bei Reisebeginn etwas Verzweifeltes ausgestrahlt, doch das war jetzt verschwunden, und ihre Energie kehrte zurück. Dallas holte tief Luft, weil ihrer Meinung nach der richtige Zeitpunkt gekommen war.
»Weißt du, Sarah, du schaust blendend aus. Im Ernst.«
»Danke.« Sie strich sich eine lose Strähne hinter das Ohr.
»Mir geht es auch ziemlich gut.«
»Du weißt, daß ich bald nach Hause muß.« Dallas hielt inne, während Sarah ihren Blick suchte. »Ich muß am Sonntag abreisen.«
»Dallas, kannst du nicht noch eine Woche bleiben?«
»Nein, ich muß heim.« Sie langte über den Tisch und tätschelte ihr leicht die Hand. »Und du mußt dir überlegen, was du dann machst.«
Sarah stellte die Ellbogen auf den Tisch und verschränkte die Finger. Als sie das Kinn aufstützte, fiel ihr Blick auf den Ehering. Sie starrte ihn kurz an, dann schaute sie wieder zu Dallas hinüber.
»Du hast recht. Ich habe mich lang genug verkrochen.
Eigentlich würde ich jetzt gern sagen, daß ich eine Zeitlang nur herumreisen und mich amüsieren möchte.« Die Kellnerin stellte ihre Tassen auf den Tisch. Sarah schaute in den Dampf, der von der heißen Schokolade mit ihrem Sahnehäubchen aufstieg.
»Aber ich weiß, daß ich das nicht kann. Es geht einfach nicht.
Ich muß wieder an meine Arbeit. Das ist Entscheidung Nummer eins«, sagte sie seufzend und hob die Tasse. »Entscheidung Nummer zwei: Wohin?« Nachdenklich trank sie noch einen Schluck. »Ich könnte wahrscheinlich nach New York zurück.
Dort fühle ich mich wohl. Dank Max befinde ich mich in der Lage, das bauen zu können, was ich will und wann ich will. Und mit meinen Arbeiten bei Haladay als Referenz, insbesondere dem Delacroix-Kulturzentrum, sollte es mir nicht allzu schwerfallen, Auftraggeber zu finden.«
»Was ist mit Byron?«
Sarah schaute Dallas konzentriert an. »Ich glaube nicht, daß ich in dieser Angelegenheit eine Entscheidung treffen kann.
Gern würde ich einen Rückzieher machen und sagen, daß meine Heirat ein Fehler war. Aber ich bin mir dessen nicht sicher.
Außerdem habe ich mir irgendwann einmal geschworen, daß ich unsere gemeinsame Zeit nie bereuen werde. Ich habe ihn geliebt.« Achselzuckend hob sie wieder ihre Tasse. »Ich liebe ihn noch immer. Somit könnten wir wahrscheinlich sehr gut zusammenleben. Aber so wie die Dinge liegen, geht es einfach nicht. Ich habe das akzeptiert.«
Dallas ließ den Blick zu Sarahs Hand schweifen. »Du trägst noch immer deinen Ehering.«
»Du kennst mich zu gut«, murmelte sie und stellte die Tasse ab. »Nun, es dauert eben ein bißchen. Jetzt muß ich als erstes anfangen zu arbeiten. Alles andere ergibt sich dann schon.«
»Die Presse wird dich verfolgen, wenn du erst mal wieder in den USA bist.«
»Zum Teufel mit den Leuten.» Sarah hob die Schultern mit einer Spur ihrer üblichen Überheblichkeit. Dallas lächelte, als sie das sah. »Dank der Publicity werde ich leichter ein paar Aufträge einheimsen können. Man sollte meinen, daß sie bis zu meiner Rückkehr ihre ›Überraschungserbin‹-Story schon weitgehend ausgeschlachtet haben.«
»Nichts mag die Presse lieber als ein schönes Gesicht, eine märchenhafte Story und einen Haufen Geld. Man hat dich sogar hier schon ein- oder zweimal erkannt.«
»Es wird ihnen langweilig werden, wenn sie erkennen, daß ich mich mehr für Häuserfassaden als für Stöckelschuhe interessiere. Komm.« Sie schlüpfte aus der Nische. »Gehen wir in die Sauna.«
Als die Sterne schon am Himmel standen, entfernte sich Sarah von den Lichtern des Wintersportortes und ließ sich vom Mondschein geleiten. Der Mond stand als Dreiviertelscheibe am Himmel und erhellte mit seinem Glanz den Schnee. Die Hände in den Hosentaschen, marschierte Sarah dahin. Sie hatte Dallas allein gelassen, die mit drei italienischen Touristen aus Süditalien flirtete. Sprachschwierigkeiten, dachte Sarah, kannte Dallas nicht, insbesondere wenn die Touristen männlichen
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