Zauber des Orients
berichtete er, Seine Majestät habe ihn gebeten, sie zu seinem Pavillon zu geleiten, wo sie im Schatten sitzen könne.
„Ach, ich verstehe …“ Prüfend blickte Casey zu Raffa hinüber, der mit seinem Polopony beschäftigt war.
Ein ungutes Gefühl beschlich sie. Der schattige Pavillon war genau der richtige Ort, um sie zu feuern.
Oder wollte er ihr nur nicht zumuten, in der Hitze zu stehen, weil die Sonne gnadenlos vom Himmel stach?
Sie dankte dem Leibwächter und folgte ihm zu dem großen Zelt. Auf der Schwelle blieb sie stehen. Im Pavillon wimmelte es von lauten, wichtig aussehenden Leuten, für die sie Kampagnen entwarf, ohne zu ihnen zu gehören.
„Ms Michaels“, drängte der Leibwächter sie sanft.
Sie holte tief Luft und betrat den Pavillon.
Im Zeltinneren ging es überaus luxuriös zu … weiche cremefarbene Leinensofas, einladende Polstersessel im gleichen Farbton, helle Holztische. Der gesamte Bereich war klimatisiert, überall stand herrlicher Blumenschmuck, sogar eine Bar und ein Büfett standen bereit, wo beflissene Ober für das Wohl der Gäste sorgten.
Während Casey über farbenfrohe Teppiche schritt, war sie versucht, sich die Kissen näher anzusehen, deren kühne Farben und kunstvolle Muster sie an ihren ersteigerten Schal erinnerten. Ein riesiger Fernsehmonitor beherrschte das Zeltinnere, auf dem das Spiel vom Polofeld übertragen wurde.
Die meisten von Raffas Gästen hatten sich in kleinen intimen Gruppen an der Bar und am Büfett eingefunden, doch Casey hielt sich abseits. Bald fühlte sie sich rastlos, weil sie das Turnier gern verfolgen wollte, aber nicht nur auf dem Megabildschirm.
„Könnte ich mir das Turnier draußen am Spielfeldrand ansehen?“, fragte sie den Leibwächter.
Er wirkte überrascht. „Nicht hier vor dem Monitor?“
Wozu? Dann hätte sie sich das Spiel ebenso gut vor ihrem Hotelfernseher zu Gemüte führen können. „Ich würde es lieber draußen verfolgen“, beharrte sie, „wenn es Ihnen nichts ausmacht.“
„Natürlich nicht“, sagte der Mann. „Aber draußen ist die Sonne unerträglich heiß.“ Er spürte, dass sie enttäuscht war, und setzte hinzu: „Vielleicht könnten wir Ihnen einen Sessel unter die Markise stellen, sodass Sie auf jeden Fall im Schatten sitzen, wie Seine Majestät es wünscht …“
Casey wollte dem Mann keinen Ärger mit Raffa aufbürden. „Wenn es nicht gegen die Anweisung Seiner Majestät ist, wäre das wunderbar. Danke.“
Ein bequemer Sessel wurde herbeigeschafft und für Casey im Schatten aufgestellt, wo sie das Spielfeld gut überblicken konnte. Angespannt saß sie da und beobachtete Raffa, der bereits mitten in der nächsten Chucka war. Laut Spielstandanzeiger führte seine Mannschaft mit einem Tor. Casey verfolgte, wie er sein Team zusammenzog, da die Gegenmannschaft aufholte. Grimmig entschlossen zu gewinnen, ritt er sein Pony in engen, scharfen Kreisen. Prompt reagierten die Spieler seiner Mannschaft und legten sich verbissen ins Zeug.
Casey konnte nicht ruhig dasitzen, sie hatte Angst, Raffa könnte bei den gefährlich aussehenden Manövern zu Schaden kommen. Atemlos verfolgte sie, wie die Reiter in vollem Galopp aufeinanderzustürmten und ihre Schläger wie tödliche Waffen schwenkten. Wann immer sie sich Raffa näherten, bebte sie vor Aufregung.
Minuten verstrichen, während die Hufe der Poloponys über den ausgedörrten Boden donnerten. Casey spürte förmlich, was Raffa als Nächstes tun würde. Obwohl sie nicht reiten konnte, empfand sie seine kühnen Attacken als Wahnsinn.
In gestrecktem Galopp, über den Hals seines Ponys gebeugt, schwenkte er den Schläger scharf – und erzielte ein weiteres Tor. Vor Aufregung biss Casey sich in die Knöchel ihrer Hand. Endlich folgte eine Atempause. Wie nach jedem Tor, wechselten die Mannschaften die Spielrichtung.
Raffa hielt ein Handicap von zehn –, die höchste Spielklasse. Irgendwo hatte Casey gelesen, dass nur ein einziger anderer Mann auf der Welt die gleiche Leistungsstärke aufweisen konnte. Dennoch beschlich Casey ein ungutes Gefühl. Sie wusste, dass Raffa sich nie geschlagen geben würde, ganz gleich, wie erbittert der Kampf wurde.
Erleichtert ließ Casey sich im Sessel zurücksinken, als die Halbzeit ohne Zwischenfall erreicht war. Nun stürzten alle Gäste aus dem Zelt und eilten wie auf Kommando zur Koppel hinaus, wo die Polospieler sich versammelten – oder auf dem Spielfeld den Rasen niedertrampelten. Casey entschied sich für Letzteres und
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