Zauber des Orients
kam herüber und ließ die Dokumente vor ihr auf den Tisch fallen. Als er ihr von hinten über die Schulter blickte, konnte sie keinen klaren Gedanken mehr fassen. Hastig streckte sie die Hand aus und nahm das oberste Dokument vom Stapel.
Sie konnte erkennen, dass es eine Presseerklärung über eine wichtige Zusammenkunft der Staatsoberhäupter des Mittleren Ostens war. Die Treffen würden sich mit der Weltfinanzkrise befassen und Ende dieser Woche in Paris stattfinden.
„Und? Was sollen mir diese Dokumente sagen?“, fragte Jamilah, ohne den Kopf zu heben.
„Ich muss an Nadims Stelle nach Paris gehen.“
Wieso bin ich nicht erleichtert? schoss ihr durch den Kopf. Doch sie stand betont gelassen auf. „Dann wünsche ich dir eine gute Reise.“
Plötzlich merkte sie, dass Salman noch immer so dicht vor ihr stand. Instinktiv wich sie zurück, aber bei dieser Bewegung verfing sich ihr Absatz in dem weichen Teppich. Mit Schrecken fühlte Jamilah, wie sie nach hinten fiel. Unwillkürlich schrie sie auf, doch schon legten sich zwei große Hände um ihre Taille und zogen sie wieder auf die Beine. Jamilah blickte auf und verlor sich in den schwarzen Tiefen seiner Augen.
Salmans Finger hielten ihre Taille mit eisernem Griff. „Du wirst mich nach Paris begleiten.“
5. KAPITEL
Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis Jamilah begriff, was Salman gerade gesagt hatte. Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. Sie stemmte sich gegen ihn und versuchte sich loszumachen, doch er rührte sich keinen Zentimeter. Das Gefühl seiner starken Hände auf ihrer Haut beherrschte jeden ihrer Gedanken.
„Ganz bestimmt nicht“, brachte sie mühsam heraus.
Bei der bloßen Vorstellung, mit diesem Mann irgendwohin zu gehen, wurde ihr schwindelig. Und dann auch noch zurück nach Paris! Aber der Kampf gegen Salman war aussichtslos. Je mehr sie sich wehrte, desto fester hielt er sie.
„Ich werde hier gebraucht“, wandte Jamilah mit schwacher Stimme ein.
Zu ihrer unendlichen Erleichterung ließ er sie endlich los. Rasch trat sie einen Schritt zurück.
Salman nahm ein weiteres Papier vom Tisch und reichte es ihr. „Ich nehme an, dass du in deinem Büro eine Kopie finden wirst.“
Es war ein Brief von Nadim. Mit einer unguten Vorahnung begann sie zu lesen:
Es wird das Beste sein, wenn Jamilah Dich begleitet. Wichtige Personen der größten Stallungen Dubais werden anwesend sein, und ich habe bereits einige Treffen vereinbart. Ich würde selbst gehen, aber leider fällt der Termin in Paris mit der diesjährigen Pferdeauktion hier in Irland zusammen.
Jamilah ließ das Blatt Papier auf den Tisch sinken, damit Salman nicht sah, wie ihre Hände zitterten. Wie konnte Nadim ihr das antun?
Weil ich ihm und Iseult offensichtlich erfolgreich vorgespielt habe, dass Salman mir rein gar nichts bedeutet, gab sie sich selbst eine ehrliche Antwort.
Dies war keine ungewöhnliche Bitte von Nadim. In der Vergangenheit hatte Jamilah den Scheich als Leiterin des Stalls von Merkazad schon häufig bei ähnlichen Treffen vertreten.
Plötzlich blickte sie Salman entsetzt an. „Wenn du nach Paris gehst, wird die Konferenz eine Katastrophe werden! Hast du etwa vor, dich mit irgendwelchen wichtigen Persönlichkeiten zu treffen?“
Bevor er antworten konnte, fuhr sie fort: „Weißt du überhaupt, welchen Schaden du anrichten könntest? Was ist, wenn du irgendwelche Staatsoberhäupter beleidigst?“
Sie konnte Salmans Gesichtsausdruck nicht deuten. Für einen Moment hatte sie fast den Eindruck, als hätte sie seinen Stolz verletzt.
Sein Kiefer verkrampfte sich, er lächelte schmal. „Das ist genau der Grund, aus dem du mitkommen musst. Du willst doch keine tickende Zeitbombe losschicken, die den Ruf von ganz Merkazad ruinieren könnte, oder?“
Jamilah wusste genau, dass er sich über sie lustig machte. Das habe ich verdient, gestand sie sich beschämt ein. Sie war mit ihren Worten zu weit gegangen. Andererseits war sie nur ehrlich gewesen. Sie glaubte einfach nicht, dass Salman eine solche Verantwortung für sein Land tragen konnte. Immerhin hatte er schon immer alle Staatsangelegenheiten komplett auf seinen Bruder abgewälzt.
Dies ist das erste Mal, dass Salman überhaupt Interesse an den Staatsangelegenheiten Merkazads zeigt, fiel ihr plötzlich auf. Wollte sie diejenige sein, die diese Entwicklung sabotierte?
Außerdem würde es ihre eigene Schwäche offenbaren, wenn sie darauf bestand, in Merkazad zu bleiben. Salman durfte nicht den Sturm bemerken, den
Weitere Kostenlose Bücher