Zauber des Orients
sie dachte?
„Was Sie damit andeuten wollen, ist doch wohl, dass ich Sie Ihrer Meinung nach belogen habe.“
„Das will ich nicht andeuten, sondern ich behaupte es“, beharrte sie und zuckte leicht erschreckt zusammen, als sie sein wütendes Zischen vernahm. „Es gibt gar keinen Job, richtig? Genauso wenig, wie es einen Bruder gibt. Sie haben mich nur hergebracht, um …“
„Ja, wozu?“ Nur gut, dass Vere nicht hier war und diesen Ausbruch miterlebte. Sein Bruder war ein sehr beherrschter Mensch, sich seiner Position und was er dieser Position schuldete sehr bewusst. Sadies Wüten hätte seinen ersten Eindruck, dass sie keine potenzielle Kandidatin war, nur verstärkt. Und Sadie selbst hatte offensichtlich noch eine völlig andere Vorstellung von ihrer Rolle hier.
Da sie nichts erwiderte, beantwortete er seine Frage selbst. „Ich dachte, ich hätte mein Desinteresse an einer sexuellen Beziehung mit Ihnen bereits klargemacht. Es ist bekannt, dass gewisse ausländische Frauen sich einbilden, die Männer meines Landes könnten ihrem Charme nicht widerstehen. Ein Thema, das immer wieder zur allgemeinen Erheiterung führt.“ Er zuckte die Schultern. „Diese Frauen kommen in unser Land und malen sich die erotischsten Fantasien über den Sex mit einem arabischen Mann aus. Natürlich gibt es einige junge Männer, die sich gern auf dieses Spiel einlassen und dann hinter dem Rücken der Frauen über sie lachen. Mir scheint, indem Sie mir nun zum wiederholten Male ehrwidrige Motive unterstellen, wollen Sie von den eigenen erotischen Fantasien ablenken.“
Sadie schnappte entrüstet nach Luft. „Das stimmt nicht! Sie haben mich gezwungen, nur deshalb bin ich hier.“
„Ich habe Ihnen einen Job angeboten“, stellte er richtig. „Den Sie angenommen haben.“
„Weil Sie mich erpresst haben! Sie haben sich geweigert,mir meinen Pass zurückzugeben! Sie haben ihn noch immer.“
„Und ich beabsichtige auch, ihn zu behalten, bis die vereinbarte Probezeit zu Ende ist. Zudem muss ich Sie warnen. Zum zweiten Mal werfen Sie mir Dinge vor, die kein Mann ungestraft hinnimmt. Erinnern Sie sich besser daran, bevor Sie es ein drittes Mal wiederholen. Mein Bruder wurde zu einem dringenden geschäftlichen Treffen gerufen. Vorher jedoch habe ich mit ihm geredet, und er stimmt zu, dass Sie die perfekte Kandidatin für die Position sind.“
Was stimmte, auch wenn Vere vorgeschlagen hatte, Drax solle Sadie zur Frau nehmen. Fast war er geneigt, sich der Herausforderung zu stellen und diese fauchende und kratzende Wildkatze, als die sie sich erwiesen hatte, zu zähmen – in seinem Bett, sodass sie wie ein Kätzchen in seinen Armen schnurrte. Auf jeden Fall hatte sie ihn so verärgert, dass er sie für diese empörende Kühnheit bestrafen wollte. Unter dieser scheinbar harmlosen Schale lag ein höchst feuriger Kern, wie er hatte feststellen können. Und wie jeden Mann, der diese Bezeichnung verdiente, reizte es ihn, diesen Kern zu erforschen. Und zu erobern?
Nein. Vere war der Erstgeborene, somit stand ihm auch das Recht des Erstgeborenen zu. Drax als der mehr realitätsausgerichtete der Brüder würde jederzeit eine Braut finden können. Auch wenn etwas an Sadie war, das sein Verlangen erregte. Sie war nur eine Frau, die einer bestimmten Rolle entsprach. Sie würde angemessen entschädigt werden, wenn die Rolle zu Ende gespielt war. Für Drax bestand da kein großer Unterschied, ob er nun eine Geliebte oder eine Ehefrau auf Zeit auszahlte. Sowohl die Mätresse als auch die Ehefrau würden ohne großes Aufsehen schnell und prompt aus dem Leben der Brüder entfernt werden. Andere Männer verstrickten sich vielleicht in Gefühle und verliebten sich, doch das würde Drax sichniemals erlauben. Durch den Tod der Eltern jäh in eine hohe Verantwortung gedrängt, hatten beide Brüder eine gewisse distanzierte Haltung gegenüber der romantischen Liebe entwickelt.
Während Drax Sadie mit gerunzelter Stirn musterte, sah er, dass sie ein Gähnen unterdrückte.
„Es war ein langer und aufregender Tag für Sie, und es ist inzwischen spät geworden. Nasim wird Sie zu Ihren Räumen bringen. Morgen ist noch Zeit genug, um meine Pläne für die Zukunft genauer mit Ihnen zu besprechen.“
6. KAPITEL
Nur langsam erwachte Sadie aus einem tiefen Schlaf. Zögernd drangen das Tappen von bloßen Füßen und das leise Klirren von Porzellan in ihr Bewusstsein. Als sie die Augen aufschlug, war sie zuerst verwirrt, sich nicht in dem kleinen Zimmer
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