Zauber einer Karibiknacht
dann begann er zu erzählen. Die Geschichte seiner ersten Ehe, wie er belogen und benutzt worden war. In seiner Stimme hörte sie, in seinen Augen sah sie, dass er noch immer nicht darüber hinweg war.
„Oh, Sean, das tut mir so leid für dich“, sagte sie mitfühlend.
Er bückte sich, hob einen kleinen Stein auf und warf ihn ins freie Gelände. In diesem Moment wirkte er unendlich traurig und enttäuscht.
Spontan umarmte Melinda ihn, um ihn zu trösten. Als er zunächst überhaupt nicht darauf reagierte, tat es ihr in der Seele weh. Doch dann endlich, einige Augenblicke später, erwiderte er die Umarmung.
„Schlimm, dass sie dir so wehgetan hat.“
„Ach, das ist Schnee von gestern. Diese Frau spielt überhaupt keine Rolle mehr.“
Forschend blickte Melinda ihn an. „Und du hast wirklich nicht gemerkt, dass sie dich angelogen hat?“
Er löste sich aus der Umarmung. „Richtig gute Lügner sind schwer zu erkennen.“
„Nur gut, dass mich noch niemand so belogen und betrogen hat.“
„Oh, Melinda …“ Er lachte auf und wandte den Blick ab. „Wenn du wüsstest!“
„Wenn ich was wüsste?“
„Ach, nichts.“ Nervös biss er sich auf die Unterlippe. „Gar nichts. Vergiss es.“
„Nichts da“, erwiderte sie und ergriff seinen Arm. „Wenn du mir was zu sagen hast, dann raus damit.“
„Das bringt doch nichts.“
„Wovon redest du überhaupt?“
Er riss sich von ihrem Griff los, steckte die Hände in die Hosentaschen und trat verärgert gegen einen Stein. „Ich habe heute schlechte Laune, Melinda. Lass uns ein andermal darüber reden.“
„Nein“, beharrte sie. „Du willst mir was sagen, also tu es. Das beschäftigt dich schon den ganzen Tag, das merke ich doch. Also …“
Nachdenklich sah er sie an, dann schien er zu einem Entschluss gekommen zu sein. „Na schön. Du willst also die Wahrheit wissen? Auch wenn sie wehtut?“
„Ja.“ Sie machte sich auf das Schlimmste gefasst. Doch mit dem, was kommen würde, hatte sie nicht gerechnet.
„Okay.“ Er rieb sich den Nacken, sah ihr in die Augen und begann: „Ich bin nicht der Einzige, der auf die Lügen eines anderen Menschen hereingefallen ist. Du hast nämlich nicht gemerkt, dass dein geliebter Steven deinen Großvater bis aufs Hemd ausgezogen hat.“
„Was?“ Vor Schreck blieb ihr fast das Herz stehen.
Verbittert lachte Sean auf. „Ja, dein Wunderknabe Steven war ein Gauner und Heiratsschwindler. Dutzende Frauen können ein Lied davon singen. Sie sind jetzt reich an Erfahrung, aber arm an Geld.“
„Du lügst“, zischte sie ihn an. Ihr Herz krampfte sich zusammen, sie bekam kaum Luft.
„Nein, das ist die Wahrheit. Leider. Und ich muss dir gestehen, dass ich es schon seit ein paar Tagen weiß und bisher nichts davon gesagt habe.“
„Was? Warum?“
„Ich habe meinen Cousin Garrett auf Stevens Vergangenheit angesetzt. Und er brauchte nicht lange zu stöbern, um den ganzen Dreck zutage zu fördern.“
Melinda wurde kreidebleich. Hätte ich bloß nichts gesagt, schoss es Sean durch den Kopf. Hätte ich bloß nicht auf Rafe gehört. Er war der Meinung, ich müsste es Melinda sagen. Damit sie erfährt, was für ein Mann Steven wirklich war, und dann bereit ist, es ernsthaft mit mir zu versuchen.
Aber warum würde sie gerade mit dem Mann zusammen sein wollen, der ihr sämtliche Illusionen raubte? Der das Kartenhaus ihrer Vergangenheit zum Einsturz brachte? Nein, es war dumm gewesen, auf Rafe zu hören. Rafe hatte gefordert: Alles muss auf den Tisch. Die Enthüllung über Steven war ja nur der eine Teil gewesen. Der andere Teil hätte sein Liebesgeständnis werden sollen. Aber jetzt, nach ihrer Reaktion, konnte er das vergessen. Er schwor sich, sich bei nächster Gelegenheit bei Rafe für den Rat zu bedanken. Mit einem dicken, fetten Kinnhaken.
Aber das lag noch in der Zukunft. Im Moment stand er der Frau gegenüber, die er liebte, und musste mit ansehen, wie sie vor Enttäuschung förmlich in sich zusammensank.
„Nein, das kann nicht sein. So etwas hätte Steven nie getan. Er hätte nie meinen Großvater bestohlen.“
„Verdammt noch mal, Melinda!“ Jetzt konnte Sean nicht mehr an sich halten. „Verschließ doch nicht die Augen vor der Wahrheit! Steven war ein Dieb und ein Lügner. Er wollte dir dein Geld abnehmen und dich dann sitzen lassen. Deinen Großvater hatte er schon bestohlen. Und genau an dem Tag, an dem er festgenommen werden sollte, hat er sich ins Nirwana verabschiedet, der Dreckskerl.“
Mit
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