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Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt

Titel: Zauberschiffe 05 - Die vergessene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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was?«
    Sie schnaubte verächtlich. Ihre Hand schoss vor, und mit einem einzigen Zug demolierte sie seine Verteidigung. »Etwas Nützliches. Etwas, das dich wirklich fordert.«
    Er wischte seine Spielfiguren vom Brett. »Was kann ich an Bord dieses Schiffes schon lernen, das ich nicht längst gelernt hätte?«
    »Navigation«, schlug sie vor. »Mich verwirrt das, aber du hast schon Zahlen gelernt. Du könntest es schaffen.« Diesmal sah sie ihn ernst an. »Aber ich glaube, du solltest vor allem lernen, was du dir schon viel zu lange versagt hast. Fülle die Lücke, die du wie eine offene Wunde mit dir herumträgst. Geh dahin, wohin dein Herz dich immer geführt hat. Du hast es dir lange genug versagt.«
    Er blieb reglos sitzen. »Und das wäre?«, hakte er ruhig nach.
    »Bilde dich weiter. Deine Priesterschaft«, sagte sie.
    Die Schärfe seiner Enttäuschung schockierte ihn. Er wollte nicht einmal darüber nachdenken, welchen Vorschlag er von ihr erhofft hatte. Er schüttelte den Kopf. »Das habe ich schon zu weit hinter mir gelassen«, erwiderte er bitter. »Sa spielt eine große Rolle in meinem Leben, aber meine Hingabe zu ihm ist nicht mehr so, wie sie einmal war. Ein Priester muss bereit sein, sein Leben in den Dienst von anderen zu stellen. Früher einmal habe ich gedacht, das würde mich erfreuen. Jetzt jedoch…«
    Er sah sie offen an. »Ich habe gelernt, Dinge für mich selbst zu begehren.«
    Sie lachte. »In diesem Punkt ist Kennit ein wirklich hervorragender Lehrer. Aber ich glaube, du schätzt dich falsch ein.
    Vielleicht hast du dein Ziel etwas aus den Augen verloren, Wintrow, aber erforsche dein Herz. Wenn du etwas haben könntest, jetzt sofort, auf der Stelle, was würdest du dann auswählen?«
    Er verkniff sich die Worte, die ihm auf der Zunge lagen. Etta hatte sich verändert, und er war an diesem Prozess beteiligt gewesen. Wie sie sprach, wie sie dachte, das alles spiegelte die Bücher wieder, die sie gemeinsam gelesen hatten. Sie war nicht unbedingt klüger geworden, denn diese Klugheit hatte schon immer in ihr gestrahlt. Jetzt jedoch verfügte sie über die Worte, mit denen sie ihre Gedanken ausdrücken konnte. Sie war wie eine Laternenflamme gewesen, die hinter einem rußigen Glas gebrannt hatte. Jetzt war das Glas klar, und ihr Licht leuchtete ungehindert. Gereizt schürzte sie die Lippen: er hatte sich mit seiner Antwort zu lange Zeit gelassen. Aber Wintrow wich ihrer Frage aus. »Erinnert Ihr Euch noch an die Nacht, als Ihr mir gesagt habt, ich sollte herausfinden, wer ich bin, und von dort weitermachen? Ich sollte die Form meines Lebens akzeptieren und versuchen, das Beste daraus zu machen?«
    Sie hob eine Braue, als wollte sie es abstreiten. Konnte etwas, das so wichtig für ihn gewesen war, keinerlei Spuren bei ihr hinterlassen haben? Dann schüttelte sie bedauernd den Kopf.
    »Du warst so ernsthaft. Ich wollte dich wachrütteln. Was bist du doch für ein Kerl! Es erscheint mir beinahe unglaublich, dass du vor so kurzer Zeit noch so jung warst.«
    »Vor so kurzer Zeit?« Er lachte. »Mir kommt das wie Jahre vor. Ich habe seitdem so viele Veränderungen mitgemacht.« Er sah sie an. »Ich habe Euch das Lesen beigebracht, und Ihr sagtet, es hatte Euer Leben verändert. Wisst Ihr, wie sehr Ihr mein Leben verändert habt?«
    »Hm.« Sie lehnte sich zurück und dachte nach. »Wenn ich dir nicht beigebracht hätte, wie du mit dem Messer umgehen musst, dann wärst du jetzt tot. Also habe ich vermutlich den Lauf deines Lebens mindestens dieses eine Mal verändert.«
    »Ich versuche mir vorzustellen, wie es wäre, zurück in mein Kloster zu gehen. Ich müsste mich von meinem Schiff verabschieden, von Kennit, von Euch, von meinen Schiffskameraden, von allem, was mein Leben geworden ist. Ich weiß nicht, ob ich zurückgehen, mich neben Berandol setzen und dann in Ruhe meditieren oder über meinen Büchern hocken könnte.«
    Er lächelte bedauernd. »Ich weiß auch nicht, ob ich wieder Glasmalereien anfertigen könnte, die mich einmal mit so viel Stolz erfüllt haben. Ich würde alles verleugnen müssen, was ich hier draußen gelernt habe. Ich bin wie ein kleiner Fisch, der sich zu weit von seinem Tümpel weggewagt hat und in den Fluss gespült wurde. Jetzt habe ich gelernt, wie man hier draußen überlebt. Ich weiß nicht, ob ich wieder mit meinem ruhigen Leben zufrieden sein würde.«
    Sie sah ihn merkwürdig an. »Ich meinte nicht, dass du in dein Kloster zurückkehren sollst. Nur dass du wieder

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