Zehn Milliarden (German Edition)
Begrüßung hin und sagte:
»Gestatten Sie, dass ich mich vorstelle. Julie Picard vom Krebsforschungsinstitut der ›NanoClin‹ in Los Angeles, promoviert in Molekularbiologie an der University of California in Berkeley.« Zögernd ergriff er ihre ausgestreckte Hand, schaute sie an, als sähe er ein Gespenst und fand keine Worte. Die unerwartete Eröffnung machte ihm offensichtlich zu schaffen, und Julie bereute beinahe, dass sie den guten Nick ein wenig an der Nase herum geführt hatte. »Tut mir leid, ich hätte Ihnen das schon längst sagen sollen.« Sie blickte ihn schuldbewusst an. »Nicht böse sein, bitte.« Er setzte sich erst einmal verlegen grinsend und brummte schließlich mehr zu sich selbst:
»Ich Trottel hätte ja fragen können.«
»Auch wieder wahr«, schmunzelte sie. »Aber den Trottel will ich nicht gehört haben.«
»Julie, Julie«, sagte er kopfschüttelnd. »Sie können ganz schön ...«
»Anstrengend sein«, unterbrach sie ihn lachend. »Ich weiß, so bin ich nun mal. Ich kann's nicht ändern.«
»Sollen Sie auch nicht. NanoClin, sagten Sie. Was machen Sie da genau?«
»Die Firma ist eigentlich im Silicon Valley zu Hause, in Mountain View. Ich arbeite hier in Venice in einem ihrer medizinischen Forschungsinstitute. Wie ich schon sagte: Krebsdiagnose und Therapie. Unser Ansatz ist Ihren Nanobots ähnlich, aber wir versuchen, Tumorzellen auf organischer, biologischer Basis zu bekämpfen.«
»Bionanobots!«
»So was in der Richtung, aber wir sind noch lange nicht soweit.« Erst allmählich wurde Nick bewusst, dass seine noch vor kurzem völlig unbekannte Schöne und er sich viel näher standen, als er je zu hoffen gewagt hatte. Heiß und kalt lief es ihm über den Rücken, als er daran dachte, welch unwahrscheinlicher Zufall ausgerechnet sie beide zusammengeführt hatte.
»Was?«, fragte sie verwundert, als er sie wortlos anstarrte.
»Entschuldigen Sie, ich bin wohl immer noch etwas verwirrt.« Sie schenkte ihm ihr wärmstes Lächeln.
»Sie Ärmster. Ich habe Sie lange genug belästigt. Ich denke, ich sollte jetzt verschwinden.«
»Nur das nicht!«, rief er erschrocken. »Sie stören überhaupt nicht. Im Gegenteil, ich denke, wir sollten uns eingehend unterhalten. Wir sind ja gewissermaßen Kollegen.«
»Sie haben recht. Ein anderes Mal gerne«, wehrte sie ab, und fügte neckisch hinzu: »Sie wissen ja jetzt, wie Sie mich erreichen können.« Er begleitete sie bis vor das Gebäude, verabschiedete sich hölzern und kehrte voller Elan und strahlend wie ein Maikäfer ins Büro seines Teams zurück. Kate wusste nicht, ob sie ihn beglückwünschen oder ignorieren sollte. Schließlich hatte ihr Boss noch nie Damenbesuch, der ihm offensichtlich so wichtig war. Bob hingegen klopfte ihm grinsend auf die Schulter und sagte für alle hörbar:
»Mann, Nick, dein Glück möchte ich haben.«
»Was heißt hier Glück?«, entgegnete sein Chef gereizt. »Sie ist bloß eine Bekannte. Und lass ja die Finger von ihr!«
»Eben«, lachte Bob und verschwand ins Labor.
»Ich denke, ihr schafft es heute Nachmittag auch ohne mich«, rief Nick Kate nach, als sie sich ebenfalls entfernen wollte. »Ich habe noch zu tun.« Als wäre dies Erklärung genug, stürmte er in sein Büro, packte die Mappe, fuhr in die Tiefgarage und machte sich auf den Heimweg nach Marina del Rey. Er hatte entschieden, dass er sein so gnädiges Schicksal heute nicht weiter herausfordern sollte. Zu Hause würde er einfach nur noch ausspannen, die Blades anschnallen, die drei Kilometer zum Pier von Venice brettern, sich im Whaler mit einem kühlen Sierra auf der Terrasse unter eine Palme setzen und den Betrieb an der Beach genießen. Heute würde er gar die unausstehlichen Ladies freundlich grüssen, die mit ihren zum Ebenbild gestylten Hunden dauernd den Weg versperrten. Bob hatte schon recht, heute war sein Glückstag.
Villa Marina Marketplace
Samstag. Um sieben Uhr morgens saß Nick hellwach auf seinem zerwühlten Bett, die leere Kaffeetasse in der rechten, das Telefon in der linken Hand und schaute zum fünften oder zehnten Mal auf die Uhr. Er konnte sich beim besten Willen nicht erinnern, wann er diese frühe Stunde an einem Wochenende das letzte Mal im Wachzustand erlebt hatte, aber heute war alles anders. Er hatte beschlossen, in die Offensive zu gehen und Julie auszuführen. Sein Angriffsplan war zwar noch rudimentär, der erste Schritt allerdings stand bereits fest: er musste sie anrufen. Er hatte keine Ahnung, was er
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