1629 - Das Gift der schönen Laura
Vor ihnen lag die Waschanlage. Sie befand sich in einem Industriegebiet mit zwei Baumärkten, einem Reifenhandel, zwei Supermärkten und einer großen Tankstelle.
Sie hatten Glück gehabt. Es war kein Betrieb. Zurzeit wollte kein Fahrer sein Auto waschen lassen, und so sahen sie keinen Wagen vor sich.
Auch hinter ihnen reihte sich niemand ein.
Ein Mitarbeiter, der einen Sprühstab in der Hand trug, winkte ihnen zu und holte sie in die richtige Spur.
Dann sprühte er das Wasser gegen den Audi, um die erste grobe Säuberung vorzunehmen. Von nun an würde alles automatisch laufen, sodass Jeff Speedman Zeit bekam, sich um seinen Fahrgast zu kümmern. Er hätte diese Laura nur angesprochen, wenn sie ihn dazu aufgefordert hätte. Da von ihr nichts gekommen war, blieb auch er still und beobachtete seine Kundin im Innenspiegel.
Wie war sie? Wer war sie? Was war sie?
Drei Fragen stürmten zugleich auf ihn ein. Antworten konnte er nicht geben. Sie war eine seltsame Frau. Auf eine gewisse Weise weiblich, aber auch herrisch. Es mochte auch an den Haaren liegen, die sie glatt nach hinten gekämmt hatte, sodass ihr Gesicht einen strengen Ausdruck zeigte. Möglicherweise war der Mund eine Idee zu schmal, um perfekt zu sein, doch das wurde von der Nase wieder ausgeglichen, die so toll zu ihr passte, als wäre sie entsprechend nachgebildet worden.
Die gelblichen Augen passten zu diesem blonden Haar mit dem roten Schimmer dicht über der Stirn. So war sie in der Lage, kalt zu schauen, aber auch sehr weich, und sie hatte beim Einsteigen ihre Augen lächeln lassen, das war dem Fahrer schon aufgefallen.
Der Wagen wurde weitergeschoben und angehalten. Das geschah an einer Stelle, an der kein Wasser floss und nur noch ein Sprüh durch die Luft wehte.
Ein Farbiger tauchte an der Fahrerseite auf, und Jeff ließ die Scheibe nach unten surren.
Ein freundliches Lächeln, eine Frage nach der Art der Wäsche, die Jeff mit einem Wort beantwortete.
»Normal.«
»Okay, Sir.«
Jeff drückte dem Mann eine Banknote in die Hand. Auf das Wechselgeld verzichtete er. Der Mann grinste von einem Ohr zum anderen, verbeugte sich und warf dabei einen Blick in den Wagen. So sah er auch die Frau auf dem Rücksitz.
Er sagte nichts.
Aber er reagierte. Sein zu einem Lächeln verzogenes Gesicht veränderte sich. Der Schrecken stand plötzlich in seinen Augen, und mit einem schnellen Schritt glitt er zurück, wobei er sich noch bekreuzigte, was Jeff nicht verstand.
»Ist was?«
»Nein, nein, schon gut.«
Speedman lachte. »Aber Sie haben sich eben bekreuzigt. Hatte das einen besonderen Grund?«
»Nur so, Sir, nur so…« Der Mitarbeiter drehte dem Auto den Rücken zu und verschwand in dem kleinen Haus mit der breiten Scheibe, durch die er die Waschanlage beobachten konnte, was sein Job war. Den vernachlässigte er in diesen Augenblicken. Er drehte dem Fahrzeug weiterhin den Rücken zu.
Jeff sagte nichts dazu. Er machte sich nur seine Gedanken.
Laura meldete sich. Mit ihrer weichen und trotzdem leicht rauen Stimme fragte sie: »Ist alles in Ordnung?«
»Ich denke schon. Warum?«
»Der Schwarze hat sich eben so seltsam benommen.«
»Kann sein. Wer weiß schon, welche Probleme er hat.«
»Wir haben ihm doch nichts getan.«
»Das ist wohl wahr.«
Es gab einen Ruck, und der Audi wurde weitergeschoben. Vor ihm lag die große Reinigung. Jeff kannte das. Sie würden sich dann vorkommen wie in einem Tunnel aus Wasser. Sie würden nicht mehr durch die Scheiben nach draußen sehen können, und sensible Menschen konnten das Gefühl haben, in einem Gefängnis zu sitzen.
Daran hatte Jeff bisher nie gedacht. Jetzt kamen ihm allerdings diese Gedanken, und er stellte sich die Frage, ob sie möglicherweise mit dem plötzlichen Erschrecken des Mitarbeiters zusammenhingen. Dessen Blick konnte Jeff einfach nicht vergessen. Er hatte sich tief in sein Gedächtnis hineingefressen. Als hätte der Mann etwas Schreckliches zu sehen bekommen.
Was hätte das gewesen sein können?
Doch nur ihn und seinen weiblichen Fahrgast auf dem Rücksitz. Wobei Laura beileibe nicht so aussah, als könnte man sich vor ihr erschrecken.
Da war eher das Gegenteil der Fall.
Auch jetzt saß sie völlig entspannt auf ihrem Sitz. Sie hatte sich etwas schräg gesetzt und die Beine leicht angehoben. Ihr Outfit entsprach den Temperaturen. Sie trug ein schulterfreies Kleid, dessen Stoff die Rundüngen der Brüste nachzeichnete. Es hatte die gleiche Farbe wie ihre Haare. Ein sattes Gelb oder
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