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Zeig keine Angst!

Zeig keine Angst!

Titel: Zeig keine Angst! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Bowler
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getan? Und jetzt ist es zu spät. Sie sieht mich an und lächelt, und ich ahne, dass sie wieder meine Gedanken liest.
    Â»Du hättest mir nicht helfen können«, sagt sie. »Du hattest genug eigene Probleme. Aber weißt du was? Als ich dir im Bungalow Geld geben wollte …«
    Â»Hundert Eier.«
    Â»Ja.« Sie runzelt die Stirn. »Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich war, als du das Geld abgelehnt hast. Denn das war fast alles, was ich noch übrig hatte.«
    Trotzdem hat sie es mir angeboten, Bigeyes. Verstehst du das? Sie wollte es mir trotzdem geben. Mensch, ich komme mir richtig mies vor. Ich zwinge mich zum Sprechen.
    Â»Wie haben Sie Jacob gefunden?«
    Â»Er hatte mir erzählt, dass seine Freunde einen Pub oder ein Bistro oder so was besitzen. Er wusste es nicht genau. Typisch Jacob. Er hatte nur ihre Telefonnummer und dachte natürlich nicht daran, sie mir zu geben. So klapperte ich alle Pubs, Bistros und Bars ab, die ich erreichen konnte. Und es gibt Hunderte in dieser Stadt.«
    Sie seufzt müde.
    Â»Ich war kurz vorm Verzweifeln. Ich kann inzwischen nicht mehr viel laufen. Und ich spürte, dass meine Kräfte mich allmählich verließen. Als ich dich hinter dem Lagerhaus fand, war ich gerade dabei, ein paar Kneipen unten am Fluss abzuklappern. Und dann geschah das Wunder. Vielleicht war es ein kleines Geschenk des Schicksals, weil ich dir geholfen hatte. Ich weiß es nicht.«
    Â»Was meinen Sie?«
    Â»Ich fuhr mit dir ins Krankenhaus. Und während du operiert wurdest, traf ich Jacob. Ausgerechnet dort.«
    Â»Im Krankenhaus?«
    Â»Ja.«
    Draußen auf der Straße höre ich wieder ein Auto. Sein Motor klingt satter als die anderen, nach einem teuren Schlitten. Mary nimmt keine Notiz von ihm.
    Â»Er war gerade in der Notaufnahme gewesen. Ist das nicht ein unglaublicher Zufall? Er hatte sich mit einem Küchenmesser in die Hand geschnitten und wollte die Wunde richtig verbinden lassen. Wir erblickten einander im selben Augenblick. Es war einfach … fast zu schön, um wahr zu sein.«
    Der Motor wird lauter. Warum habe ich nun Angst, Bigeyes? Das könnte sonst wer sein. Die anderen Autos waren kein Problem. Vielleicht ist dieses auch keins. Aber ich habe trotzdem Angst. Mary spricht wieder.
    Â»Ich hoffte, du würdest mir auch etwas von dir erzählen.«
    Sie senkt die Stimme.
    Â»Aber dazu ist jetzt wohl keine Zeit mehr. Weil du gleich gehst, nicht wahr?«
    Das Motorengeräusch kommt näher. Jetzt ist das Auto nur noch ein paar Meter entfernt. Ich kann es nicht sehen, aber das ist auch nicht nötig. Es hält direkt vor der Krone. Der Motor geht aus. Ich höre eine Wagentür, dann noch eine. Mary spricht wieder, sanft und leise.
    Â»Ich verstehe.«
    Â»Wirklich?«
    Â»Ja.«
    Sie sieht mir in die Augen.
    Â»Du willst sie weglocken, damit sie mir nichts antun können.«
    Sie hat recht, Bigeyes. Ich will nicht, dass die Kerle ihr was antun. Niemand soll ihr was antun. Sie beugt sich plötzlich vor, zieht mich an sich und umarmt mich. Ich spüre, dass sie zittert.
    Â»Pass gut auf dich auf«, murmelt sie. »Und vergiss mich.«
    Â»Ich werde Sie nie vergessen.«
    Â»Vergiss mich, und jetzt geh.«
    Sie schubst mich von sich. Ich schaue sie an. Ich zittere ebenfalls und kann nicht aufhören. Ich will etwas, von dem ich nie gedacht hätte, dass ich es mir mal wünschen würde. Ich möchte, dass sie mich noch mal umarmt. Sie sieht mich an, versteht und nimmt mich wieder in die Arme. Ich umarme sie auch, ganz fest.
    Schritte auf der Straße, und leise Stimmen.
    Eine erkenne ich sofort.
    Das ist der Dicke.
    Mary küsst mich auf die Wange und schubst mich wieder von sich. Ich stehe auf und schaue zu ihr hinunter. Das ist das allerletzte Mal, dass ich sie sehe. Das weiß ich. Und sie weiß es auch.
    Â»Ich mag Sie sehr, Mary«, murmele ich. »Ich habe Sie wirklich gern.«
    Sie lächelt mich an. So sanft und zärtlich hat mich noch nie jemand angelächelt.
    Â»Ich weiß, mein Schatz«, sagt sie.
    Ich schaue ihr noch einen Moment in die Augen, dann wende ich mich zur Tür.
    Und schon bin ich weg.
    Ich laufe leise den Flur runter und horche auf Geräusche. Ja, Bigeyes, ich habe einen Dachschaden, aber ich kann noch denken. Und im Moment habe ich nur einen Gedanken.
    Ich muss diese Kerle von Mary weglocken.
    Ich bin nicht wichtig. Aber ich muss Mary

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