Zeit der Finsternis
einfach übertrieben.
"Es tut mir leid Señor Martinez, aber ich glaube, das ist nicht ganz unser Stil.", begann Julian vorsichtig. "Ich hoffe sie verstehen mich nicht falsch, das Gebäude ist...schön. Aber es passt einfach nicht zu uns.", fügte er noch schnell hinzu, um unseren Makler nicht sofort zu vergraulen.
"Aha", machte Señor Martinez nur und ließ uns damit wissen, dass er uns für versnobte Angeber hielt, denen man es sowieso nicht recht machen konnte. "Nun ja, ich könnte ihnen natürlich etwas anderes suchen, wenn sie mir sagen, was eher ihren Vorstellungen entspricht." Er bemühte sich, freundlich zu bleiben, doch sein Unterton war eine Spur zu schneidend.
Julian blieb aber weiterhin höflich und nickte. "Das wäre großartig, Señor Martinez. Ich bin mir sicher, sie werden das passende finden.", beschwichtigte er den etwas gekränkten Immobilienmakler.
Kapitel 1: Julian - Entführt
Langsam öffnete ich meine Lider und blickte an die weiße Decke über mir. Meine Augen brannten und in meinem Kopf surrte es. Ich war verwirrt und orientierungslos.
Was war geschehen? Hatte ich geschlafen?
Aber warum? Schließlich benötigte mein Körper keinen Schlaf. Ich hatte seit gut fünf Jahren nicht mehr geschlafen, warum jetzt?
Mit einem schnellen Ruck setzte ich mich auf und sah mich um. Ich befand mich in unserem Hotelzimmer in Cartagena. Dorthin war ich mit Tamara nach unserem Aufstieg auf den Mount Everest geflogen. Wir wollten uns ein Haus direkt am Meer, fernab von allem menschlichen Trubel suchen.
Tamara!
, schoss es mir plötzlich durch den Kopf. Wo war sie eigentlich?!
Ich blickte auf die leere Bettseite neben mir. Das Laken und das Kissen waren glatt und unbenutzt. War sie auf die Jagd gegangen?
Ich sprang auf und suchte nach einer Nachricht von ihr. Doch nirgends war etwas zu finden. Kein Zettel - nichts!
Ich schnappte mein Handy vom Nachttisch und blickte auf das Display.
Keine neuen Nachrichten.
Langsam keimte ein unbehagliches Gefühl in mir. Sie war noch nie weggegangen, ohne mir etwas zu sagen. Mit zitternden Fingern wählte ich ihre Nummer. Ewige Sekunden vergingen, bis sich die mechanisch klingende Frauenstimme der Mailbox meldete.
"Hallo Tamara! Ich...wollte nur wissen wo du bist, also - melde dich doch wenn du das abhörst.", hörte ich mich auf das Band sprechen. Der Klang meiner eigenen Stimme erschreckte mich. Sie hatte etwas sehr Beunruhigendes. Ich warf das Handy in die Ecke und fegte wie ein Orkan durch das Zimmer, auf der Suche nach irgendetwas, das mir verriet, warum sie nicht mehr hier war. Im Bad lag, auf der Ablage vor dem Spiegel, ihre Haarbürste und ein altes T-Shirt auf dem Boden. Ich hob es auf und presste es mir an mein Gesicht. Ihr betörender Duft strömte in meine Nase. Sie hatte das Shirt gestern noch getragen. Hektisch riss ich den Kleiderschrank auf und starrte auf ihre Sachen. Es war alles da, auf dem Boden des Schranks stand ihr kleiner Koffer und in den Fächern darüber hatte sie fein säuberlich ihre Kleidung eingeräumt. Es schien nichts zu fehlen. Die Sache wurde immer merkwürdiger und ich mit jeder Sekunde verzweifelter.
Ich schüttelte unwillig den Kopf. Da fiel mir Caroline ein, ihre Schwester. Sie hatte mir auf dem Flug von Nepal nach Bangkok erzählt, dass sie eine Vision von ihr hatte. Tamara konnte die Vampire, deren Geruch sie kannte, mittlerweile überall auf der Welt aufspüren und einen kurzen Augenblick lang sehen. Danach war sie eine zeitlang sehr still und ich konnte spüren, wie sehr sie ihr fehlte. Hatte sie nun doch beschlossen zurückzukehren?
Wer hätte es ihr verübeln können, sie hatte für mich praktisch alles aufgegeben.
Panik ergriff mich!
Ich ließ ihr T-Shirt fallen und stürmte zurück ins Schlafzimmer um mein Handy zu holen. Als ich Carolines Nummer wählte, fragte ich mich, ob ich auf der richtigen Spur war. Einerseits wagte ich es kaum daran zu denken, denn das würde bedeuten, dass sie mich tatsächlich verlassen hatte. Andererseits wüsste ich dann endlich, wo sie war.
"Ja?" Carolines glockenhelle Stimme glich Tamaras auf erschreckende Weise. Ich musste erst den Kloß in meinem Hals hinunterschlucken, bevor ich überhaupt sprechen konnte.
"Caroline - hier ist Julian."
"Oh...hallo Julian. Was gibt's?", fragte sie unbedarft und ich bekam nicht den Eindruck, dass sie etwas über Tamaras Verbleib wusste.
"Ich rufe wegen Tamara an...du hast nicht zufällig etwas von ihr gehört?", fragte ich sie und hatte Mühe, meine Stimme zu
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