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Zeit der Geheimnisse

Titel: Zeit der Geheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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ich. Ich kratze mit dem Fingernagel über die Tischplatte aus Kunststoff. »Klar.«
    »Ich nicht«, sagt Hannah. Sie rammt ihre Gabel in ihr Ei und starrt Grandpa böse an.
    Er sieht weg.
     
    Jedes Mal wenn Dad kommt, freue ich mich wahnsinnig darauf, und jedes Mal wird es schrecklich.
    Wir stehen auf einem Parkplatz. Hannah drückt sich in die äußerste andere Ecke der Rückbank. Sie hat die Stöpsel vom Kopfhörer im Ohr und ihre Musik voll aufgedreht.
    »Komm, Liebes«, sagt Dad. »Komm was essen.«
    »Lass mich in Ruhe!«
    Dad hockt neben der Tür. Man merkt ihm an, dass er nicht weiß, was er tun soll. Für solche Sachen, reden und streiten, ist in unserer Familie normalerweise Mum zuständig.
    Ich stehe neben ihm und schaue über den Parkplatz. Es kommt mir so vor, als wären wir schon seit Stunden hier. Ich wünschte, er würde ihr einfach mal klarmachen, wie unmöglich sie sich aufführt. Jemand (aber nicht ich) sollte das mal tun.
    »Können wir sie nicht einfach hierlassen, Dad? Ich hab Hunger!«
    »Oh Mann, werd endlich mal groß!«, faucht Hannah so unerwartet los, wie ich es mir bei Tigern vorstelle. »Und steck deine Nase nicht in anderer Leute Angelegenheiten.«
    Dad wippt zurück. Er macht den Mund auf, dann lässt er ihn plötzlich wieder zufallen. Er steht auf und geht mit großenSchritten über den Parkplatz, ohne sich nach einer von uns umzusehen.
    Ich renne ihm hinterher. An Tagen, an denen Dad was mit uns macht, führt sich Hannah immer so schrecklich auf. Letztes Mal ist er mit uns zum Schloss Alnwick gefahren, wo Harry Potter verfilmt wurde, und während der ganzen Führung hat sie I know a song that will get on your nerves gesungen. Vorletztes Mal waren wir am Strand, und sie hat Sand über Dads Decke und alle Sandwiches gekippt, weil er uns nicht Fish and Chips kaufen wollte.
    Heute steigt sie nicht mal aus.
     
    Am Café, wo die Leute schon Schlange sehen, hole ich Dad ein. Eigentlich sollten wir uns irgendwelche alten Häuser mit Gärten ansehen, wieso, weiß ich auch nicht. Dad hasst Gärten. Und das einzige alte Haus, das mir gefällt, ist Newby Hall, wegen der Seilbahn auf dem Spielplatz und der Paddelboote.
    Ich reibe über Dads Ellbogen, damit er merkt, dass ich da bin. Er lächelt mir kurz zu, aber im nächsten Moment schaut er wieder ernst.
    »Was willst du essen?«, fragt er. »Da drüben gibt’s Sandwiches – schau. Geh und such dir was aus.«
    Es ist ja auch kein Wunder, dass er uns nicht haben will, wenn wir immer bloß zanken, wenn er kommt. Ich gehe und nehme mir ein in Plastikfolie gewickeltes Käse-Sandwich aus der Kühltheke, mit eingelegten Gürkchen, die grässlich matschig aussehen.
    Es ist kalt.
    Dad setzt sich an einen Tisch hinten am Fenster, so als wäre Hannah ihm ganz egal. Gleichzeitig dreht er sich immer wieder um und guckt zum Auto rüber. Das ist nicht fair. Das ist genauso mein Dad-Tag wie ihrer.
    Ich nehme mir ein Stück Zucker aus der Schale und beiße darauf herum. Ich erwarte, dass er deswegen schimpft, aber er merkt es nicht mal.
    »Können wir Hannah nicht nächstes Mal zu Hause lassen?«, frage ich, damit er mich ansieht. »Sie ist immer so schrecklich.«
    Dad reibt sich mit den Händen übers Gesicht.
    »Hannah ist nicht schrecklich«, sagt er. »Nicht schrecklicher als du. Oder ich. Sie ist …« Er zögert, so als suchte er ein netteres Wort für »schrecklich«. »Na ja«, sagt er, »es ist für uns alle nicht einfach.«
    Wenn man sich übers Gesicht reibt, heißt das, dass man müde ist. Ist Dad müde? Ich weiß es nicht. Er ist älter als die Väter von anderen Kindern. Und hässlicher. Seine Haare sind dünn und werden an den Schläfen schon grau, und sein Gesicht ist irgendwie schief und faltig, wie bei einem Mops.
    »Ich weiß nicht, warum du dich mit dem eingelassen hast«, hat Grandma oft zu Mum gesagt, wenn sie sich über ihn geärgert hat. Dann hat Mum sich über den Tisch gelehnt, gegrinst und gesagt: »Weil er mich zum Lachen gebracht hat, darum.«
    Plötzlich wünsche ich ihn mir ganz doll zurück.
    »Vielleicht sollten wir wieder bei dir wohnen«, sage ich. »Dann wäre Hannah nicht mehr die ganze Zeit so grantig.«
    »Ich wünschte, das ginge, Schätzchen«, sagt Dad. Aber seine Augen bleiben tot dabei.
    »Natürlich ginge das!« Ich beuge mich vor. »Mir ist egal, wie viel du arbeitest. Hannah und ich können gut auf uns selbst aufpassen. Wir kochen auch für dich und alles.«
    Ich kann kochen. Ich kann Tee machen und Kaffee und

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