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Zeit der Gespenster

Zeit der Gespenster

Titel: Zeit der Gespenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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»Eli ist gründlich, mehr will ich damit nicht sagen.«
    »Aha.«
    Shelby bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick. »Das Ganze ist irgendwie nicht logisch. Wenn die Leiche des Babys nicht im Sarg war, dann wurde es vermutlich woanders begraben … oder gar nicht. Pike hätte es nicht woanders begraben, denn wenn der Gerichtsmediziner auf einer Exhumierung bestanden hätte, um das Baby zu sehen, hätte er wohl kaum den Rippenbraten erklären können. Aber er scheint mir auch nicht zu der Sorte Mensch zu gehören, die ein Baby auf den Stufen einer Kirche ablegt.«
    »Wieso sollte jemand ein totes Baby vor einer Kirche ablegen?«
    Shelby blickte ihn an. »Wer sagt denn, dass das Baby tot war?«
    »Spencer Pike«, erwiderte Ross und blinzelte dann. » Verdammt .«
    »Genau.«
    »Also, wenn er gelogen hat … und das Baby noch am Leben war … dann hat vielleicht jemand versucht, es zu retten. Das wäre eine Erklärung für den Braten im Sarg … Pike sollte glauben, dass das Baby gestorben war.«
    »Was Pike vermutlich nur zu gern geglaubt hat«, fügte Shelby hinzu. »Und wenn Cecelia Pikes Spukerei auf dem Grundstück gar nichts damit zu tun hat, wie sie gestorben ist? Wenn sie als Geist zurückgekommen ist, um ihr Kind zu suchen?«
    Ethan flitzte vorbei, mit strahlenden Augen. Er vollführte drei rasante Drehungen und fiel beim vierten Versuch der Länge nach hin. Er blieb einfach liegen und lachte aus vollem Hals, so, wie es nur Kinder können. »Ich glaube, dafür würdest du zurückkommen«, sagte Ross.
    »Nein«, erwiderte Shelby. »Ich würde erst gar nicht gehen.«

    Es war ein zu schöner Ort für Spencer Pike. Als er ihn sah, in seinem Rollstuhl im weißen Gartenpavillon des Pflegeheims, eine Decke über dem Schoß, wünschte Eli ihm Pech und Schwefel, einen Kerker aus dem Mittelalter. Der Mann war schließlich ein Mörder, der ungeschoren davongekommen war.
    Eli versuchte, ruhig zu bleiben. Pike ein Geständnis zu entlocken war für ihn zur persönlichen Mission geworden. »Was würden Sie sagen, wenn Sie unter dem Vorwand abgeholt würden, ein Bad zu nehmen«, sagte er mit ruhiger Stimme, »um anschließend festzustellen, dass man bei Ihnen eine Vasektomie vorgenommen hat?«
    »Das würde mein jetziges Leben wohl kaum noch beeinträchtigen.«
    »Ich bezweifle«, sagte Eli, »dass Ihre Sterilisationsopfer das auch so sehen würden.«
    »Durch Hitler ist die Eugenik in Verruf geraten, und ihr Linksliberalen seid über uns hergefallen. Dabei wollten wir das Gleiche wie ihr. Auch wir wollten die Welt verbessern.«
    »Indem die Armen und alle, die anders waren als ihr, sich nicht mehr fortpflanzen konnten. Wirklich sehr human.«
    »Sie haben doch keine Ahnung. Die Kinder dieser Leute hatten nicht mal ein anständiges Dach über dem Kopf. Sie hatten keine moralische Orientierung. Die, die wir retten konnten, haben wir gerettet. Die anderen, na ja, es war nur zu ihrem Besten.«
    »Haben Sie jemals daran gedacht, ihnen eine zweite Chance zu geben?«
    »Natürlich. Aber sie haben immer wieder dieselben Fehler gemacht.«
    »Und Sie?«, sagte Eli. »Haben Sie nie einen Fehler gemacht?«
    Pikes Augen verengten sich. »Würden Sie mir wohl verraten, was das mit dem Bauprojekt auf meinem Grundstück zu tun hat?«
    »Gut, dass Sie die Sache ansprechen, mit dem Bauprojekt wird es wohl nichts werden.« Er reichte Pike eine Kopie der einstweiligen Verfügung, die auch Rod van Vleet zugegangen war.
    »Das ist … das ist lächerlich«, stotterte Pike. »Mein Grundstück ist kein Indianerfriedhof.«
    »Doch, ist es.« Eli trat einen Schritt näher an ihn heran. »Sagen Sie, Spencer, hat sie sich gewehrt? Hat sie Sie angefleht, es nicht zu tun, als Sie ihr die Schlinge um den Hals gelegt haben?«
    »Sie war meine Frau .«
    »Und sie war Halb-Abenaki«, konterte Eli. »Was auf ein eingetragenes Mitglied der amerikanischen Eugenik-Gesellschaft kein gutes Licht geworfen hätte, oder?«
    Er beobachtete Pikes Gesicht, sah, wie sich der Schock abzeichnete. »Das haben Sie schon letztes Mal gesagt.«
    »Weil es die Wahrheit ist«, sagte Eli.
    Der alte Mann schüttelte den Kopf, als könnte er so verhindern, dass ihm die Wahrheit bewusst wurde. »Cissy war keine … ihr Haar war blond … und ihre Haut war wie Milch …«
    »Und ihr Vater war nicht Harry Beaumont, sondern ein Abenaki namens Gray Wolf.«
    »Ihr Vater … ? «
    »Sie hatte das Pech, nicht die zu sein, die Sie brauchten, und Sie haben das Problem so gelöst wie alles

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