Zeit der Träume
und dazu brillant ausgeführt.
Gab es etwas Mächtigeres als die Fähigkeit, Schönheit zu erschaffen?
Sie richtete sich wieder auf und wusch sich die Hände mit einer Seife, die schwach nach Rosmarin duftete. Dabei bewunderte sie die Ansammlung von Waterstones Nymphen und Sirenen, die an der Wand hingen. Schließlich holte sie ihre Puderdose aus der Tasche.
Für ihre Haare konnte sie nicht viel tun. Obwohl sie sie im Nacken mit einer Strassspange zusammengefasst hatte, hatten sich durch den Sturm zahlreiche dunkelblonde Locken gelöst. Aber es sah gleichzeitig kunstvoll und lässig aus, dachte sie, während sie sich die Nase puderte. Zwar nicht so elegant wie die Frisur der Rothaarigen, aber es stand ihr zumindest gut. Sie zog sich die Lippen nach und betrachtete zufrieden die blassrosa Farbe des Stiftes. Das war eine gute Investition gewesen. Zurückhaltende Farbtöne wirkten eben bei ihrem gesunden Aussehen am besten.
Für das Cocktailkostüm hatte sie viel zu viel Geld ausgegeben. Aber ein paar Schwächen konnte sich eine Frau schließlich zugestehen, verteidigte sie ihre Investition, während sie die schmalen Satinaufschläge zurechtzupfte. Außerdem passte das Ziegelblau gut zu ihrer Augenfarbe, und der figurbetonte Schnitt wirkte professionell und elegant. Sie schloss ihre Handtasche wieder, reckte das Kinn und sagte zu ihrem Spiegelbild: »Okay, Mal, dann tun wir mal was fürs Geschäft.«
Sie öffnete die Tür, wobei sie sich zwingen musste, nicht auf Zehenspitzen durch die Halle zu tippeln.
Ihre Absätze klackerten auf dem Fliesenboden. Das Geräusch hatte ihr schon immer gefallen. Es klang so energisch und weiblich.
Als sie durch den ersten Bogen in den Salon trat, keuchte sie fasziniert auf. So etwas hatte sie noch nie gesehen, weder in einem Museum noch irgendwo sonst. Liebevoll gepflegte Antiquitäten, deren Oberflächen wie Spiegel glänzten, Teppiche, Kissen und Vorhänge in warmen Farben bildeten den passenden Hintergrund für Gemälde und Skulpturen. Die gegenüberliegende Wand wurde von einem in Malachit eingefassten Kamin beherrscht, in den sie leicht mit ausgebreiteten Armen hineingepasst hätte. Mächtige Holzscheite prasselten darin und verbreiteten einen rotgoldenen Schein.
Die Frau hatte ausgesehen wie eine Märchengestalt, und das war die perfekte Umgebung für sie.
Am liebsten hätte sie sich stundenlang hier aufgehalten, versunken in die Betrachtung all dieser Wunder. Das unbehagliche Gefühl, das sie im Auto empfunden hatte, war längst vergessen.
»Ich habe fünf Minuten gebraucht, bis mir die Augen nicht mehr aus dem Kopf gekullert sind.«
Malory zuckte zusammen und drehte sich um. Sie hatte die Frau am Fenster noch gar nicht bemerkt.
Sie war brünett, mit dichten braunen Haaren, die zu einem schwungvollen Bob frisiert waren. Bestimmt zehn Zentimeter größer als Malory mit ihren einsfünfundsechzig, hatte sie die üppigen Formen, die zu ihrer Körpergröße passten. Sie trug eine enge schwarze Hose, ein knielanges Jackett und ein enges weißes Top.
Sie hielt eine Champagnerflöte in der Hand und streckte Malory die andere entgegen, während sie auf sie zutrat. Ihre großen Augen waren dunkelbraun und äußerst direkt. Sie hatte eine schmale, gerade Nase und ihr großzügig geschnittener Mund war ungeschminkt. Als sie lächelte, fielen Malory ihre Grübchen auf.
»Ich bin Dana. Dana Steele.«
»Malory Price. Nett, Sie kennen zu lernen. Ihr Jackett ist toll.«
»Danke. Ich war ganz schön erleichtert, als ich Sie kommen sah. Es ist ein irres Haus, aber ich fand es doch ein bisschen gespenstisch so allein. Immerhin ist es schon Viertel nach.« Sie tippte auf das Glas ihrer Armbanduhr. »Man sollte doch meinen, dass mittlerweile wenigstens ein paar von den anderen Gästen eingetroffen sind.«
»Wo ist denn die Frau, die mir die Tür aufgemacht hat? Rowena?«
Dana schürzte die Lippen und schaute zum Eingangsbogen. »Sie kommt und geht und sieht dabei toll und geheimnisvoll aus. Man hat mir gesagt, dass unser Gastgeber gleich zu uns stoßen wird.«
»Und wer ist unser Gastgeber?«
»Ich weiß genauso wenig wie Sie. Habe ich Sie nicht schon einmal gesehen?«, fügte Dana hinzu. »Im Valley?«
»Möglich. Ich manage die Galerie.« Zurzeit jedenfalls noch, dachte sie.
»Ja, genau. Ich war dort ein paar Mal auf Vernissagen. Und manchmal komme ich einfach so vorbei und schaue mich gierig um. Ich arbeite in der Bibliothek, in der Recherche.«
Sie drehten sich beide um, als
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