Zeit der Wut
seine WUT hatte insgeheim applaudiert, hatte endlich ein Ventil gefunden. Dantini hätte es nicht verstanden. Mastino schon. Nach der Aktion hatten sie sich die Hand geschüttelt. Und die anderen hatten wieder die Waffen gehoben, von einer unbändigen Freude erfasst. Dantini hätte es nicht verstanden.
– Der Junge ist in Ordnung, Dantini. Sei ihm nicht böse, er hat ausnahmsweise das Richtige getan!
Und jetzt kam ihm auch noch Mastino lächelnd zu Hilfe. Kopfschüttelnd wandte Dantini sich ab. Einen Augenblick lang, einen kurzen Augenblick lang leuchtete echter Hass in seinem Blick auf. Dann erlangte er die übliche Fassung zurück, er nickte und sein dünner Mund verzog sich zu einem wissenden Lächeln.
– Du hast recht, Mastino. Der Junge hat Talent.
Mastino schnaufte überrascht.
– Ehrlich gesagt, hab ich nicht gedacht, dass du es so gut aufnehmen würdest.
– Hätte ich nicht sollen?
– Es ist uns nicht gelungen, das Schlimmste zu verhindern, ich weiß, dass der Befehl anders lautete, aber …
– … aber angesichts der Umstände hattet ihr keine andere Wahl. Ich verstehe schon. Es wäre besser, viel besser gewesen, sie lebendig zu schnappen. Wir hätten aus ihnen rauskriegen können, wie sie uns so lange entwischen konnten. Ob sie von jemandem gedeckt wurden … Aber wie ihr schon gesagt habt, war es die Hölle, entweder wir oder sie. Alles klar. Gehen wir, Ferri, ich bringe dich nach Rom zurück …
Das war jetzt ein wenig zu viel Fair Play, dachte Mastino, während Dantinis Alfa davonfuhr. Er an seiner Stelle hätte Zeter und Mordio geschrieen. Gut, Dantinis Phlegma war legendär, aber zweifellos hatte der Bastard den Braten gerochen. Im Augenblick war die Situation zwar unter Kontrolle, aber man konnte ja nie wissen. Vielleicht sollte er Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, sich mit dem Kommandanten beratschlagen. Der hatte das letzte Wort. Inzwischen kam Perro auf ihn zu, dicht gefolgt von einem Journalisten mit einem kleinen Aufnahmegerät in der Hand, dem es gelungen war, die Sperre zu durchbrechen.
– Was sollen wir dem erzählen, Chef?
Mastino betrachtete den Journalisten. Er war ein alter Fuchs. Er schrieb für eine Tageszeitung, die immer die Partei des Stärkeren ergriff. Der Kommandant hatte ihnen stundenlange Vorträge gehalten, wie wichtig Propaganda war. Mit einem freundlichen Lächeln hängte er sich bei dem Schreiberling ein und führte ihn zu den Leichen.
– Schauen Sie sie an. Das waren herzlose Mörder, unbarmherzige Verbrecher. Sie haben unsere Sicherheit gefährdet. Jetzt haben sie für all das bezahlt, was sie angerichtet haben. Das macht natürlich die armen Opfer nicht mehr lebendig, aber … Schreiben Sie, die Stadt ist gerettet und die Bürger können wieder ruhig schlafen. Dank der Staatspolizei!
6.
Sie waren bereits auf der Höhe des EUR, als Marco die gespenstische Stille durchbrach.
– Ich habe versucht ihm zu erklären, wie der Befehl lautete …
– Sprechen wir nicht mehr darüber. Es war ein Fehler, dass ich zu diesem verdammten Kongress gefahren bin. Immerhin handelte es sich nur darum, den Justizminister zum Teufel zu jagen, ein Dutzend Staatsanwälte und genauso viele angesehene Journalisten … Nimm dir ein wenig Urlaub, Ferri, ich sehe, du bist gestresst …
– Sie vertrauen mir nicht, Herr Doktor.
– Was zum Teufel willst du damit sagen?
– Erzählen Sie mir alles. Ich habe Sie beobachtet, als Mastino zu uns gekommen ist. Ihr Gesichtsausdruck …
– Was für ein Gesichtsausdruck?
– Keine Ahnung … als ob Sie ihn an der Gurgel packen wollten … im letzten Augenblick haben Sie sich zurückgehalten. Aber ich kenne Sie, Herr Doktor. Sie machen nie einen Rückzieher.
Dantini seufzte. Der Junge war sauber. Er zweifelte nicht an seiner Loyalität. Aber er war gewalttätig. Hin und wieder hatte er sich nicht unter Kontrolle. Die Aktion hatte ihn erregt. In seinen Augen hatte Mastino das Richtige getan. Er konnte ihm nicht mehr vertrauen. Nicht ohne Beweise. Es lieber bleiben lassen. Er würde mit Lupo sprechen. Gemeinsam würden sie entscheiden, was zu tun war.
– Kein Problem, Ferri, glaub mir. Es ist alles in Ordnung … soll ich dich irgendwo absetzen?
Marco blickte sich um. Sie waren nur einen Katzensprung von Monica Marinos Wohnung entfernt.
– Lassen Sie mich hier aussteigen, Herr Doktor.
– Na gut. Und … nimm dir Urlaub, Junge, du hast es verdient!
Monica öffnete ihm im Unterrock, mit der üblichen Zigarette. Marco umarmte sie
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