Zeitbombe Internet
verschwendet.
Professionelle Betreiber von Zombie-Netzen mieten vorzugsweise auch Rechner in Ländern an, in denen Cyberverbrechen nicht geahndet werden: In China, in Französisch-Guyana, in Kasachstan oder auf Haiti gibt es etliche solcher Anbieter. Von dort aus können sie ihre Angriffe starten, ohne dass ihnen die Polizei auf die Pelle rückt, und sie können ihre »Zombies« unerkannt mit neuen Aufträgen versorgen. Auch diese Rechner werden von Profis installiert und gepflegt, gegen eine erkleckliche Provision. Andere Dienstleister haben sich darauf spezialisiert, Computer an Universitäten oder in Unternehmen in möglichst vielen Ländern in ihre Gewalt zu bringen und sie dann zu vermieten â was für Cyberverbrecher sehr vorteilhaft sein kann. Wenn man gerade ein Bankkonto in Düsseldorf leerräumen möchte, fällt es bei den Sicherheitschecks vielleicht unangenehm auf, wenn der Ãberweisungsauftrag aus Odessa in der Ukraine kommt. Viel unauffälliger ist es, wenn er vom gekaperten Computer eines städtischen Amtes irgendwo im Rheinland kommt. Auf einschlägigen Hackerwebseiten sind tausende solcher Computer zu mieten, fein unterschieden nach geografischen Regionen.
Eine der wichtigsten Rollen in diesem dunklen Geschäft spielen spezialisierte Geldwäscherbanden, die das viele gestohlene
Geld zu den Dieben bringen, ohne dass die Polizei ihrer Spur folgen kann. Das ist gar nicht so leicht. Heute wird fast jede Geldspur auf der Welt von Computern erfasst und gleichzeitig an zahlreiche Behörden gemeldet. Aber eben nur fast jede Geldspur. In Mafiakreisen kennt man eine Reihe Methoden für den Geldtransport, die auch schon beim Drogenhandel, bei der Menschenverschleppung oder bei Auftragsmorden verlässliche Dienste tun. »Diese Leute streichen üblicherweise einen ansehnlichen Profit ein«, sagt Chenxi Wang, eine ehemalige Sicherheitsexpertin beim amerikanischen Finanzriesen Citibank.
Es gibt die wohlerprobten, simplen Methoden: Das Diebesgut wird an ein Konto überwiesen, das ein Geldwäscher zuvor mit gefälschten oder gestohlenen Papieren eröffnet hat, und dann hebt er es einfach ab und bringt es als Bargeld an sein Ziel. Gestohlene Kreditkarteninformationen werden an sogenannte »Carder« weitergegeben, die aus diesen Daten brandneue und echt wirkende, gefälschte Karten pressen. Manche Gauner kaufen einfach hochwertige Güter wie Uhren und Smartphones auf fremde Kosten im Internet ein und lassen sie dann an eine gekaperte Post-Packstation liefern. Oder an ein leerstehendes Haus, wo sie nur abgeholt werden müssen.
Als die Polizei den Fall von Karen McCarthy untersuchte, der bestohlenen Kleinunternehmerin aus New York, stellte sie fest, dass unter anderem 14.875 Dollar und null Cent an eine Pamela Biagi in Kennesaw, Georgia, verschickt worden waren. Diese Pamela Biagi gab es wirklich. Die Polizei klopfte an ihre Tür und fand eine 59-jährige Hausfrau vor, die einen »Heimarbeitsjob« angenommen hatte. Der war ihr im Internet angetragen worden war. Der »Heimarbeitsjob« bestand darin, dass Unbekannte Geld auf ihr Konto überwiesen und dass sie das Geld abhob und abzüglich einer Kommissionsgebühr weiter verschickte. »Dass ich an einer solch schrecklichen Sache mitgemacht habe, ist furchtbar«, erklärte Biagi im Gespräch mit einem Sicherheitsberater, den McCarthy zu Hilfe bat.
Und es gibt fantasievolle Methoden. Einige Geldwäscher
arbeiten mit Glücksspielfirmen in einem fernen Land zusammen, vorzugsweise in einem ohne allzu strenge Aufsicht. Dort kauft man mit dem gestohlenen Geld Glücksspieltickets und landet irgendwann in den kommenden Wochen einen riesengroÃen Glücksspielgewinn.
Katz und Maus: Der oberste Polizist von Microsoft
Was für ein Job: der oberste Verbrechensbekämpfer bei Microsoft! Thomas J. Campana ist sichtlich in seinem Element, als er auf dicken Gummisohlen durch einen Gang des Gebäudes 27 federt, eine Art Kreditkarte aus der Hosentasche zieht und ein besonders komplex aussehendes Schloss an einer Tür aufspringen lässt. »Diesen Schlüssel hat hier kaum einer«, sagt Campana. Drinnen: Wieder ein Honigtopf-Netzwerk. Aber diesmal bei Microsoft, dem gröÃten Bürosoftware-Hersteller auf dem Planeten, auf einem gigantischen campusartigen Firmengelände am östlichen Rand von Seattle. In diesem Honigtopf-Netzwerk stehen so viele
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