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Zeitbombe Internet

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Titel: Zeitbombe Internet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fischermann
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Schränke voller Computerserver, dass man sie auf die Schnelle gar nicht zählen kann. Elegante schwarze Gitter, die die Computer von äußeren Einwirkungen abschirmen. Ausziehbare Flachbildschirme. Das sanfte Schnurren von Festplatten und Ventilatoren.
    Doch im Grunde sind die Computer in diesem Raum genauso mit ihrer Aufgabe überfordert wie die chaotische Besenkammer an der Uni Mannheim.
    Herr Campana, wie sieht das denn aus, kann die größte Softwarefirma der Welt endlich mal Schluss machen mit der Plage der Zombie-Rechner? Wann gewinnen in diesem Krieg endlich mal die Guten?
    Â»Es ist ja kein neuer Krieg. Das ist ein altes Katz-und-Maus-Spiel. «
    Das kann man wohl sagen. Die Antivirenfirmen entdecken fast wöchentlich völlig neue, erhebliche Sicherheitsbedrohungen ...
    Â»Absolut. Die Bad Guys wollen Geld verdienen. Wir machen
uns große Sorgen: So etwas unterminiert ja das Vertrauen, das wir alle in das Internet haben! Wir schauen also definitiv sehr genau dort hin. Aber ich habe trotzdem den Eindruck, dass sich die Kräfteverhältnisse verschieben. Dass wir – dass die Guten – dieses Spiel gewinnen.«
    Verzeihung, Sie meinen, wenn man sich mit einem Windows-Rechner ins Internet begibt, muss man nicht vor lauter Angst zittern?
    Â»Ganz klar: Wenn Sie sich vorbildlich im Internet verhalten, wenn Sie Ihr Betriebssystem und Ihre Programme laufend aktualisieren, einen Virenscanner laufen lassen, nicht als ›Administrator‹, sondern als normaler Benutzer in den Computer einloggen und sich von verdächtigen Ecken des Internet fernhalten – dann sind Sie heute ziemlich sicher im Netz. Das reicht nur nicht.«
    Wieso reicht das nicht?
    Â»Ja, weil Sie auch an die Leute denken müssen, die all das nicht tun. Nehmen Sie irgendeine Großmutter. Die hat ihr Betriebssystem nicht aktualisiert, und dann hat sie auf eine E-Mail-Postkarte in ihrem Briefkasten geklickt, wo ein paar Katzen und ein paar Herzchen zu sehen waren. Das heißt, sie hat jetzt eine bösartige Schadsoftware auf ihren Computer installiert, und der Rechner kann aus der Ferne von Kriminellen unter Kontrolle gebracht werden. Großmutter ist aber immer noch eine Microsoft-Kundin! Zunehmend setzt sich bei Microsoft das Denken durch: Wir müssen auch Oma schützen.«
    Man muss es Thomas J. Campana lassen: Als oberster Rächer surfender Großmütter hat er sich im vergangenen Jahr einen Namen gemacht. Seine zuvor völlig unbekannte Abteilung – ein Verbrechensbekämpfer bei Microsoft? – machte plötzlich weltweite Schlagzeilen. Der Software-Riese aus Redmond bei Seattle hatte zurückgeschlagen. Unter Campanas Anleitung wurde ein weltweites Geflecht vernetzter Rechner, ein Zombie-Netzwerk namens Waledac, außer Gefecht gesetzt.
    Â»Wir konnten zwar nicht jeden Zombie-Rechner von der Schadsoftware befreien«, gibt Campana zu, »aber es ist uns gelungen, dass die Kriminellen dieses Botnetz nicht mehr
steuern können.« Es war ein technischer Triumph, an dem auch die Universitäten in Mannheim und Bonn ihren Anteil hatten. Es war ein Vorstoß in juristisches Neuland: Wie es sich für eine professionelle Cybercrime-Organisation gehörte, standen die Kommando- und Kontrollserver für Waledac in fünf verschiedenen Ländern. Fünf verschiedene Regierungen, fünf verschiedene Polizeiorganisationen waren dafür zuständig, und sie gaben sich keineswegs allesamt kooperativ.
    Campana ist noch heute ganz euphorisch, dass die Operation gelang. Nicht überall kooperierten die Behörden – aber Campana sagt auch: »Es gibt sie, die guten Leute im Internet, man muss sie nur finden.« Zu den guten Leuten gehörte beispielsweise die amerikanische Firma Verisign, die mit dafür verantwortlich ist, eine Art gewaltiges Telefonbuch für das Internet zu führen: jene riesige Datenbank, in die ständig aktuell eingetragen wird, auf welchem Computer in den Tiefen des Netzes etwa die Firma Google.com zu erreichen ist, die Firma Microsoft.com oder die Firma BoesesBotnetzVonVerbrechern.com . Verisign ließ sich von Microsoft – und von einer eilig erwirkten Gerichtsentscheidung – dazu überreden, die Kommando- und Kontrollserver des Waledac-Netzes im Netz unerreichbar zu machen. Eine Zeitung hat damals die Microsoft-Zombiekiller als Supermänner des Internet zeichnen lassen. Campana hat das ausgeschnitten und an die Wand

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