Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitbombe Internet

Zeitbombe Internet

Titel: Zeitbombe Internet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fischermann
Vom Netzwerk:
Profite und das vergleichsweise geringe Risiko, geschnappt zu werden, hätten die finstersten Sektoren des internationalen Verbrechens auf Cybercrime aufmerksam gemacht. Cyberverbrechen ist Big Business geworden: Professionell organisiert, mit gewaltigen Finanzmitteln ausgestattet, mit einigen der besten Hacker der Welt besetzt.
    Nun ist es nicht so, dass man gleich einen Geigenkasten durch die Straßen schleppen und Siegelringe küssen muss, um beim Cyberverbrechen mitzumischen. Eher im Gegenteil: Diese brandneue Branche der internationalen Unterwelt bietet jede Menge Einstiegsjobs für Gelegenheitstäter und kleine Ganoven, Heimarbeitsplätze zudem. Die Zugangsbarrieren sind gering und die Hemmschwellen niedrig.
    Um loszulegen, betritt man eines der zahlreichen, kaum geheim gehaltenen Kommunikationsforen der digitalen Unterwelt und hält nach Angeboten Ausschau. E-Mail-Versand? Ein paar Millionen täglich? Mit Extra-Durchschlagskraft gegen Spamfilter? Frisch versandt von gekaperten Zombie-Rechnern in aller Welt? Solche Angebote finden sich dort zuhauf von Kriminellen in den USA oder Russland, Brasilien oder China. Der Konkurrenzdruck ist groß, die Preise sind zuletzt gepurzelt. Schließlich kann ja schon ein einziger gekaperter Computer am Tag bis zu 600.000 E-Mails verschicken.
    Wer ein bisschen mehr kriminelle Energie und ein paar Riesen Startkapital mitbringt, kann sich auf den gleichen Foren
auch das berüchtigte Gaunerprogramm ZeuS besorgen. Jene Universal-Software für Kriminelle, die die New Yorker Marketingunternehmerin Karen McCarthy an den Rand des Bankrotts trieb. »Ich verkaufe ZeuS Version 1.2.7.7 für 550 Dollar« lauten Anzeigen in den Foren, oder sogar: »ZeuS-Baukasten – Gratisversion zum Runterladen!« Unterwelt-Profis sind da übrigens auf der Hut: Den Gratisversionen ist nicht zu trauen. Oft sind heimliche Hintertürchen eingebaut, die die Computer der sparsamen Möchtegern-Gauner für viel ruchlosere Verbrecher öffnen – um ihnen dann auf frischer Tat das Diebesgut abzujagen. Ganovenehre zählt im Internet nicht viel.
    Besser also, man lässt sich die Sache etwas kosten. Neuere Versionen wie 1.3 oder 1.4 werden für etwa 3000 bis 4000 Dollar gehandelt. Für Extras muss man extra bezahlen: 2000 Dollar, um die neuesten Sicherheitsvorrichtungen in Windows 7 zu überwinden. 2000 Dollar, um den Firefox-Browser aus der Ferne für Datendiebstahl zu missbrauchen. 1500 Dollar für die unerhört praktische Programmoption, von einem ferngesteuerten Zombie-Computer aus gleich ein paar Homebanking-Überweisungen zu tätigen. 10.000 Dollar für ein Modul, das die komplette Kontrolle eines fremden Rechners erlaubt – so, als sitze man selber mit Maus und Tastatur davor.
    Die optionalen 100 Dollar pro Monat für den »technischen Kundendienst« sind fast geschenkt, zumal Stammkunden einen Rabatt erhalten. Der technische Kundendienst für ZeuS beinhaltet alle möglichen Dienstleistungen, damit die Software zuverlässig ihren Dienst tut. Kevin Steven, ein Virenfachmann bei der Sicherheitsfirma Secure Works, war nach einer umfangreichen Analyse des ZeuS-Programms ganz beeindruckt: »Die Autoren haben einen hardware-basierten Kopierschutz eingebaut«, staunt er. Sie stellen also sicher, dass das einmal verkaufte Programm auch wirklich nur auf dem Computer des Käufers läuft; eine Kopierschutzfunktion, die auch in der Welt der legalen Software bei sehr teuren, hochwertigen Spezialprogrammen eingebaut ist. Sonst könnte ja jedermann die Betrugssoftware von den Betrügern stehlen!

    Die paar Tausender sind wohl nicht zu viel verlangt für ein Programm, das so vielseitig seinen Dienst tut. Manche Betrüger benutzen ZeuS, um Computer bei Firmen unter ihre Kontrolle zu bringen und sie dann zur Erpressung zu nutzen (»Wenn Sie uns nicht 100.000 Euro überweisen, bombardiere ich die Server Ihrer Firma so lange mit meinem Zombie-Netzwerk, bis kein Kunde Sie mehr erreichen kann«). Datendiebstahl, das Ausräumen der Onlinekonten, Kreditkartendiebstahl, sogar Spionage im Auftrag interessierter Firmen – das ist alltägliches Geschäft. Neuere Versionen der ZeuS-Software teilen ihren Betreibern hilfreich per Sondermeldung mit, wenn ein besonders dicker Fisch ins Netz gegangen ist: ein Onlinekonto, von dem man 100.000 Dollar oder mehr abräumen kann. Damit der Gauner keine Zeit

Weitere Kostenlose Bücher