Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
hinauswollte. Er fürchtete offensichtlich, dass ich mich von ihm grausam getäuscht und verschmäht fühlte, weil er mir den Hof gemacht, aber dann auf einmal Iphy einen Ring an den Finger gesteckt hatte.
Verstohlen betrachtete ich meinen eigenen Verlobungsring und unterdrückte ein Lächeln. Es würde George nur verletzen, wenn ich ihm jetzt eröffnete, dass aus ihm und mir sowieso nie was geworden wäre. Aus Rücksicht auf seinen männlichen Stolz gab ich mich daher angemessen bedrückt.
»Offen gesagt kam diese Verlobung für mich völlig unerwartet. Ich mag Sie wirklich sehr gern, George, denn Sie sind ein feiner, aufrechter Mensch.«
Beide Aussagen waren – jede für sich betrachtet – die reine Wahrheit, auch wenn sie natürlich nicht miteinander im Zusammenhang standen. Aber George stellte genau diesen Zusammenhang her und rang sichtlich bestürzt nach Worten. Diesmal kriegte ich einen Ellbogen in die Rippen – Sebastiano war anscheinend der Ansicht, dass ich es ein bisschen übertrieb. Hastig fuhr ich fort: »Und weil Sie so ein feiner Mensch sind, habe ich gerade überlegt, was Sie wohl davon halten würden, sich an der Foscary-Stiftung zu beteiligen.«
»Foscary-Stiftung?«, echote George. Sein pausbäckiges Gesicht wirkte ratlos.
»Sie haben bestimmt schon gehört, dass wir uns bald wieder in die Karibik einschiffen wollen. Deshalb werden wir unseren Landsitz in Leicestershire verkaufen und haben dafür schon alles bei unserem Bankhaus Rothschild & Sons in die Wege geleitet.«
Es hatte nicht mal sonderlich viel Überzeugungsarbeit gekostet, José die Genehmigung zum Verkauf abzuluchsen. Er sah ein, dass das viele Geld anderswo sinnvoller angelegt war, und der Bund der Zeitwächter war ja momentan sowieso in Auflösung begriffen.
»Von dem Geld sollen unter anderem ein Waisenhaus und eine Schule im Eastend gebaut werden. Und Wohnungen für die Fabrikarbeiter. Es wäre ein schöner Zug von Ihnen, sich an dieser Stiftung zu beteiligen, George.« Das ließ ich kurz wirken, bevor ich hinzufügte: »Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr man damit sein Ansehen heben kann. Und dem Spender gibt es ein großartiges Gefühl.«
»Sie sind mir gar nicht böse wegen Iphy? Eine Stiftung … äh … Spenden …?« Georges Gesichtsausdruck schwankte zwischen Erleichterung und Skepsis.
Iphy hatte uns mit verengten Augen zugehört. »Was für eine originelle Idee! George, wir könnten beim Ton einen ganz neuen Stil kreieren! Den Altruismus der besseren Gesellschaft!« Ihre Augen fingen an zu leuchten. »Ich könnte einen meiner Pelze stiften. Und du könntest den Kindern deiner Arbeiter neue Schuhe kaufen. Und zu Weihnachten gäbe es Rumpunsch für alle!«
»Wenn es Eindruck machen soll, darf es schon ein bisschen mehr sein«, gab ich zu bedenken. »George besitzt mehrere Fabriken, er könnte …«
Doch Iphy fiel mir sofort ins Wort, sie sprudelte über vor tollen Spendenideen, die sich hauptsächlich darum drehten, für gute Zwecke ihren Kleiderschrank auszumisten und für die armen Kinder im Eastend Cookies zu backen. Keine Frage, sie war die geborene Charity-Lady. Das Prinzip Tu Gutes und rede darüber war wie für sie gemacht. George saß belämmert neben ihr und nickte bloß zu allem, was sie vorschlug.
Eine Postkutsche wollte an uns vorbeifahren, doch wir blockierten die Straße. Der Postillion stieß ungeduldig in sein Horn. Sebastiano gab Jerry einen Wink, weiterzufahren. »Bye-bye!«, rief er Iphy und George zu. »Lasst es euch gut gehen!«
»Bis demnächst!«, rief Iphy zurück.
George winkte verhalten, und dann waren wir um die Ecke gebogen.
»Tschüss«, sagte ich leise, obwohl sie es nicht mehr hören konnten.
»Das hätten wir«, brummte Sebastiano. »Und jetzt nichts wie nach Hause.«
Ich konnte es kaum erwarten, ins Jahr 2013 zurückzukehren, doch den schlimmsten Teil hatte ich noch vor mir – Jerry Lebewohl zu sagen. Diesem Abschied konnte ich nicht ausweichen und wollte es auch gar nicht. Mir kamen schon beim Aussteigen die Tränen, aber ehe ich zu meiner vorbereiteten kleinen Abschiedsrede ansetzen konnte, war Jerry bereits wieder auf den Kutschbock geklettert und gab dem Pferd die Peitsche.
»Jerry!«, rief ich verdattert, doch er fuhr mit grimmiger Miene davon, so schnell, dass ihm die Kappe herabfiel und sein rotes Haar im Wind flatterte.
»Lass ihn«, sagte Sebastiano. »Für ihn ist es genauso schwer, weißt du.«
»Aber ich wollte ihm doch sagen …«
»Er
Weitere Kostenlose Bücher