ZEITLOS (German Edition)
Gruppe.
Dass Eli da war, passte ihm eigentlich gar nicht. Zwar waren sie nachbarschaftlich befreundet, verkehrten auch privat miteinander, dennoch gehörten sie und Hartmut, ihr Mann, nicht zu dem inneren Freundeskreis der morgen eingeladen war. Er wollte nicht, dass sie in die Dinge, um die es hinsichtlich Brayasils Besuch wahrscheinlich ging, eingeweiht wurde. Er wollte sich schließlich nicht zum Hauptgesprächsthema der Nachbarschaft machen, denn die Wilkens waren allgemein sehr beliebte und unkonventionelle Leute, die man gut um sich haben konnte, die für jeden Spaß gut waren, aber, wirklich Vertrauliches würde er mit ihnen nicht gern teilen. Eli war an allem interessiert und kaum etwas entging ihr. Leider ließ sie auch andere gerne an allem teilhaben, was nicht jedem recht war.
So kreisten ihre ersten Gesprächsthemen nur um belanglose Dinge, augenscheinlich schätzte Brayasil die Situation von Anfang an richtig ein und hielt sich bedeckt. Schließlich musste sich Eli wieder um ihre Familie kümmern, wünschte ihnen ein schönes Wochenende und ging. Innerlich atmete Markus auf. Er wusste selbst nicht, wieso er auf ihre Anwesenheit so angespannt reagierte. Er mochte Eli, aber hier ging es um größere Dinge, die mussten nicht gleich die Runde durch die Nachbarschaft machen.
Als sie gegangen war, kam Brayasil ohne Einleitung sofort zum wahren Anlass seines Besuches. »Markus, ich denke, ich kann jetzt offen sprechen?«
»Natürlich und wir sind schon sehr gespannt darauf, von Ihnen neues zu erfahren. Meine Frau weiß von unseren Gesprächen im Flugzeug, und ich glaube, sie ahnt, ebenso wie ich, was der Grund Ihres Besuches ist. Bitte sprechen Sie!«
»Nun ja, in der Tat, es gibt einen sehr dringenden Grund für meinen Besuch. Sie erinnern sich, dass wir unser Gespräch im Flugzeug damit begonnen hatten, dass ich auf Ihrem Notebook die Abbildung des Kristallschädels Corona de Luz sah? Ich habe ihn mitgebracht. Bitte warten Sie einen Moment. Noch bevor er Anstalten machte aufzustehen, sprang Mara von seinem Schoß und er ging in den Flur, um von dort einen Aluminiumkoffer zu holen. Er legte ihn neben sich auf das Sofa und öffnete sehr langsam den Deckel. In einem blauen Samtbett ruhte der kristallene Menschenschädel. Darf ich bekannt machen: Corona de Luz, die Krone des Lichtes!«
Birte sprang überrascht auf, hielt sich die Hand vor den Mund und sah mit großen Augen auf dieses unglaubliche Kunstwerk. Auch Markus hielt den Atem an. Er hatte Fotografien des Schädels gesehen und von daher war er nicht ganz so überrascht. Doch wieder einmal musste er feststellen, dass ein Foto eben nur ein Foto war, es konnte niemals die ganze Schönheit eines ungewöhnlichen Kunstwerks wiedergeben.
Es war nicht allein der Anblick, der ihn innerlich so tief berührte und verstörte; in dem Augenblick, als der Deckel geöffnet wurde, schien es, als wäre der ganze Raum von einer Art Äther angefüllt. Birte schien es noch mehr zu fühlen als er selber. Nein, Äther war nicht ganz richtig, der Schädel schien ein Feld um sich und die Betrachter herum aufzubauen, ganz so, als würde ein einigender, geheimnisvoller Schleier über sie geworfen, der sie alle irgendwie miteinander verwob. Stille folgte. Gebannt starrten sie auf die gläsernen Augenhöhlen, die den Eindruck vermittelten, als sähen sie einem direkt ins Herz. Ruckartig klappte Brayasil den Deckel wieder zu. Die Wirkung schwand.
Er blickte von Birte zu Markus. In seinen schwarzen Augen lag eine unendliche Tiefe, ein Kosmos der Magie. Markus schüttelte sich, strich sich irritiert über die Augen und fand als erster die Worte wieder.
»Sie sehen mich zutiefst erschüttert. Was für eine gewaltige Aura geht von dieser Reliquie aus. Ich war gefangen genommen!«
»Deshalb habe ich ihnen den Schädel auch nur ganz kurz gezeigt. Seine Wirkung verstärkt sich, je länger ihn sich eine Menschengruppe anschaut. Man muss sich an dieses Energiefeld, das er aufbaut, erst langsam gewöhnen. Ich will Ihnen und Ihrer Frau etwas von Corona de Luz erzählen, aber nur in ganz kurzen Worten, denn morgen, wenn ich das Vergnügen haben werde, Ihre Freunde kennen zu lernen, werde ich das Thema ausführlicher behandeln, und dann werden wir sehen.«
Sie gingen diese Nacht spät zu Bett. Als sie nebeneinander lagen, spürte er das leise Beben in Birtes Schultern, sie weinte. »Liebling, was ist denn? Was hast du?«
Sie beruhigte sich ein wenig. »Markus, ich kann nicht
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